Ein Blick hinter die Kulissen der Lebenshilfe-Werkstätten bei einem Besuch 2018: Die Einrichtung hat diese nun für externe Beschäftigte geschlossen, um die Corona-Pandemie einzudämmen. Foto: Störr

Lebenshilfe im Kinzig- und Elztal schließt Werkstätten für externe Beschäftigte.

Haslach - Die Lebenshilfe im Kinzig- und Elztal hat am vergangenen Donnerstag ihre Werkstätten für externe Beschäftigte geschlossen. Das Coronavirus soll so lange wie möglich ausgebremst werden.

Die umfangreichen Maßnahmen wurden während eines Pressegesprächs vorgestellt.

"Wir haben aktuell keinen bestätigten Fall in unseren Einrichtungen", schickte Geschäftsführer Lutz Heubach voraus. Die ersten Maßnahmen seien bereits am 28. Februar und damit gleich zu Beginn der Krise getroffen worden. Von den insgesamt 300 beschäftigten Menschen mit Behinderung lebt etwa ein Drittel zuhause in den Familien, die anderen in den Wohnhäusern und ambulanten Wohnformen der Lebenshilfe.

Unabhängig von einer öffentlich-rechtlich angeordneten Schließung der Werkstätten, hat der Krisenstab (siehe Info) weitreichende Regelungen für ihre besonders zu schützende Menschengruppe getroffen. So werden die Werkstätten ab sofort genutzt, um den stationär und ambulant wohnenden Menschen mit Behinderung weiterhin eine Tagesstruktur zu bieten. Dafür wurde der Arbeitsablauf umstrukturiert, die Gruppen neu zusammengestellt und die Arbeitsplätze neu besetzt. Denn jetzt bildet jedes Wohnhaus ein in sich geschlossenes System, mit gesondertem Fahrdienst für die Beschäftigten und eigener Abteilung in der Werkstatt.

"Wir haben die Beschäftigten etagenweise und gruppen-bezogen getrennt, auch das Personal agiert wohngruppenbezogen", erklärte der Geschäftsführer. Die neuen Arbeitsgruppen müssten in ihre Aufgabenfelder neu eingearbeitet werden, was auch für die Gruppenleiter und Werkstattleitung eine Herausforderung darstelle. Selbst die Mittagspause mit gemeinsamem Essen werde zeitversetzt durchgeführt, damit sich die Beschäftigten ausschließlich in ihrer Gruppe bewegen würden.

Vorerst gelten die Regelungen bis Ostern

"Wir können das Virus nicht aufhalten, aber die Verbreitung hinauszögern", betonte Jasmin Metzger als Fachbereichsleiterin fürs Wohnen. Man sei nach dem MRSA-Virus, der Influenza oder dem Noro-Virus erprobt im Umgang mit ansteckenden, meldepflichtigen Krankheiten, die Mitarbeiter bekämen stets aktuelle Handlungsempfehlungen. "Der einzige Unterschied beim Coronavirus ist die Inkubationszeit von 14 Tagen, anstatt der üblichen sieben Tage", erklärte Metzger. Weil man das Virus nicht kenne und zunehmend medial dauerberieselt werde, gebe es eine gewisse Unsicherheit. Der große Vorteil in der Lebenshilfe sei, dass man den Personenkreis im Wohnen und den Werkstätten über viele Jahre eng begleite und damit sehr gut kenne. Das mache individuelle Lösungen einfacher, auch der Club 82 habe seine Unterstützung angeboten.

Martin Schmid erklärte als pädagogischer Leiter der Werkstätten: "Eine komplette Schließung der Werkstätten würde die Menschen mit Behinderung in den Wohnhäusern einschließen. Das wäre für alle Beteiligten sehr schwierig." Vorerst würden die Regelungen bis Ostern gelten, danach werde man weiter sehen. Noch gebe es genügend Beschäftigung, aber die Nachfrage nach Werbeartikeln sei aufgrund der Messe-Absagen deutlich zurückgegangen.

Info: Das steckt dahinter

Der Krisenstab: In der Lebenshilfe im Kinzig- und Elztal ist ein Krisenstab aus Geschäftsführer Lutz Heubach, den einzelnen Fachbereichs-Leitern, Vorstand Karl Burger sowie einem Vertreter des Werkstattrats gebildet worden. "Wir treffen uns täglich und im Bedarfsfall auch kurzfristig, um die aktuelle Situation zu bewerten und gegebenenfalls weitere Maßnahmen zu treffen", erklärt der Geschäftsführer. Für alle stationären Wohnhäuser besteht nach der Verordnung der Landesregierung seit Mittwoch ein Besuchsverbot. "Die Regelungen und Entscheidung werden von den Angehörigen auf breiter Basis mitgetragen", betonte Martin Schmid.

Aktuell: Am vergangenen Mittwoch ist um 23.30 Uhr die "Rechtsverordnung des Sozialministeriums zum Umgang mit der Corona-Krise in den Einrichtungen der Behindertenhilfe" bei der Haslacher Lebenshilfe eingegangen. "Die darin enthaltenden Vorgaben entsprechen exakt den von uns bereits getroffenen Maßnahmen", schreibt Geschäftsführer Lutz Heubach. Ungeachtet dessen kommt der Krisenstab weiterhin täglich zu einem Jour fixe zusammen, so Heubach weiter.