Während der Fasent kann’s schon mal eng werden, auch für die Akteure: Massenszenen sind beim Haslacher Rathaussturm Pflicht (großes Bild). Ein Höhepunkt der Wolfacher Fasnet ist das Festspiel am Schellemendig – 2020 standen die Zuschauer dicht gedrängt im Schlosshof (oberes Bild). Auch in den Hornberger Saalveranstaltungen geht man auf Tuchfühlung. Foto: Kleinberger, Beule, Weimer

Kinzigtäler Zünfte bleiben nach der Warnung von Gesundheitsminister Spahn noch entspannt.

Mittleres Kinzigtal - Ein Jahr ohne Fastnacht? Im Kinzigtal ist das kaum vorstellbar. Doch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn spricht jetzt erstmals davon, die Veranstaltungen zu verbieten. Der Grund: Die Corona-Pandemie.

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Jedes Jahr stellen die Narrenzünfte im Tal unter enormem Einsatz aufwendige Kampagnen zusammen, und jedes Jahr feiern sie ausgelassen in Scharen mit ihren Gästen. Wie einer der ersten großen Ausbrüche des Coronavirus Anfang des Jahres in Deutschland zeigte, kann die Fasent unter Umständen zum Zentrum eines Ansteckungsereignisses werden. Würde Spahn seinen Plan durchziehen, wäre dies die erste Fastnachts-Absage seit 1991. Damals war der Golfkrieg der Grund.

Vorsichtig wollen die Zünfte im Tal auf jeden Fall sein. Was sie vom Vorstoß des Gesundheitsministers halten, haben uns exemplarisch die Narrenväter aus Wolfach, Hornberg und Haslach erzählt. Wolfach: Wolfachs Narrenvater Hubert Kessler sieht Spahns Vorstoß noch entspannt. "Darauf reagieren wir jetzt noch gar nicht", sagt er im Gespräch mit unserer Zeitung. Die Freie Narrenzunft Wolfach lasse die Vorbereitungen erst einmal normal weiterlaufen. Bei der Herbstarbeitstagung der VSAN in Bad Säckingen Ende September werde das sicherlich auch Thema sein. "Da werden wir gemeinsam entscheiden, wie es weitergeht", erklärt Kessler.

Keine definitive Zusage

Den Vorstoß aus der Politik verstehe er durchaus – vor allem im Hinblick auf die großen Treffen mit unzähligen Besuchern. "Aber wir sagen jetzt noch nichts ab", macht er klar. Aber eine definitive Zusage, dass alles wie gewohnt stattfindet, könne er zu diesem Zeitpunkt freilich nicht geben. "Das müssen wir gegebenenfalls spontan entscheiden", so der Narrenvater. In Wolfach sei der Vorteil, dass der Narrenfahrplan in großen Teilen immer gleich bleibe. "So können wir zur Not noch 14 Tage zuvor reagieren", erklärt er.

Gleiches gelte übrigens auch für das Schnurren, bei dem die Schnurrlokale immer gut gefüllt sind. Hornberg: Grundsätzlich habe er "volles Verständnis" für Spahns Idee, so Hornbergs Narrenvater Uwe Faller. Es sei nicht zu verantworten, die Gesundheit der Menschen "über das maximale Grundrisiko hinaus zu gefährden" oder das Gesundheitswesen zu belasten.

Das Problem in Fallers Augen: Ähnlich wie zum Beispiel bei Weihnachtsmärkten oder der Vorweihnachtszeit allgemein "ist es die Begegnung mit Menschen, welche großen Anteil am Charakter der Fasnet hat". Unter Einhaltung von Corona-Auflagen sei das nur sehr schwer vorstellbar. Zumal die vergangenen Wochen gezeigt hätten, dass das Risikobewusstsein beim Feiern sinke.

Zunft müsse es "wohl oder übel akzeptieren"

Sollte es zum Verzicht auf Fastnachtsveranstaltungen kommen, wünscht Faller sich aber eine einheitliche behördliche Verordnung wie 1991. Das wäre bedauerlich, aber die Zunft müsse das dann "wohl oder übel akzeptieren", so Faller.

"Wir stellen uns – Stand heute – darauf ein, dass wir Fasnet, wenn auch angepasst, feiern können", berichtet Faller über den aktuellen Planungsstand. Haslach: Die Narrenzunft Haslach ist ob der Spahn-Pläne nicht nervös, sagt Zunftmeister Manuel Seitz. Ob Fasent oder Karneval: In seinen Augen könne man beides gar nicht verbieten oder absagen, meint er. Denn Fasent bestehe nicht nur aus der Feierei, sondern vor allem darin, anderen kreativ den Spiegel vorzuhalten. Dieses "Fasent-Machen" werde irgendwie stattfinden.

"Man könnte mit viel Aufwand ein totales Ausgehverbot verhängen, ein Versammlungsverbot oder keine Gestattungen für Umzüge vergeben", befindet Seitz. "Aber keiner kann dem Kölner verbieten, ›Kölle Allaaf‹ zu singen und uns kann keiner verbieten zu kleppern – und wenn es daheim in der Küche sein muss", sagt der Zunftmeister.

Die aktuellen Diskussionen hält er zudem überwiegend für Wahlkampfgeplänkel und stellt klar: "Wir Haslacher warten ab, was kommt und orientieren uns am Dachverband."

Info: Das steckt dahinter

Eine Karnevalsveranstaltung in Gangelt (Kreis Heinsberg, Nordrhein-Westfalen) gilt als erstes großes Epizentrum eines unkontrollierbaren Ausbruchs des Coronavirus in Deutschland. Nach der Sitzung, bei der sich ein Infizierter im Saal aufhielt, erkrankten Hunderte Menschen. Das Infektionsgeschehen war damals nicht mehr einzudämmen. Die Sorge der Politik: Das könnte sich 2021 wiederholen.