Von der Mühlenkapelle aus setzt sich der Zug in Richtung Innenstadt in Bewegung. Grafik: Stadt Foto: Schwarzwälder Bote

Brauchtum: Storchentag findet am morgigen Freitag statt / Anwohner sind selbstverständlich engagiert

Eine jahrhundertelange Tradition hat der Haslacher Storchentag. Der alte Heischebrauch gehört aber nicht nur für die Kinder der Stadt dazu – auch die erwachsenen Einwohner tragen ihren Teil dazu bei.

Haslach. Denn ohne Menschen, die sich auch auf der anderen Seite des Spektakels einsetzen, gibt es niemanden, der den Kindern die beliebten Orangen, Brezeln oder Süßigkeiten zuwirft. Und so ist es für die Haslacher selbstverständlich, dass sie sich für den Brauch einsetzen, auch wenn sie oder ihre Kinder nicht mehr in dem geeigneten Alter sind, um mitzulaufen.

Für Michaela Vetter steht das Mitmachen beim Storchentag außer Frage. "Ich bin schon als Kind mit dabei gewesen", sagt sie. "Aber Spaß gemacht hat mir das nicht so richtig, es ging damals rau zu." Sie habe wenig Orangen mit nach Hause gebracht.

Ihrem Engagement für den Brauch tut das keinen Abbruch: Wenn der Storchentagszug bei ihr vorbeikommt, "werfe ich immer raus". Ihrer Ansicht nach gehöre das einfach zum Leben in Haslach dazu – "wie Dreikönig und Fastnacht".

Der Storchentag geht auf eine Legende zurück, nach der die Störche einst die Stadt Haslach vor einer Hungersnot gerettet haben: Die Bürger hatten gelobt, den Haslacher Kindern einmal im Jahr etwas Gutes zu tun, falls Gott sie vor einer Ungezieferplage rettete. Die Störche kamen, fraßen das Getier – und geboren war der Storchentag. Der älteste Nachweis für diesen Brauch stammt aus einem Rechnungsbuch der Stadt aus den Jahren 1643/44. In diesem wird Hans Jakob Arguin erwähnt, der einen Lohn dafür erhielt, dass er "den Storchen geklopfet" habe.

Der Storchentag findet am 22. Februar statt. Anlässlich des Kirchenfests Petri Stuhlfeier werden an diesem Tag auch andernorts Heischebräuche gefeiert. Dem Storch ist jedoch nur der Haslacher Brauch gewidmet. Storchenvater ist seit mehr als 30 Jahren Alois Krafczyk, der das Amt seinerzeit recht spontan übertragen bekommen hatte: Der damalige Bürgermeister Josef Rau hatte Krafczyk nach dem plötzlichen Tod seines Vorgängers einfach gesagt, er übernehme das jetzt.

Wer Krafczyk und sein Engagement in diesem Ehrenamt kennt, weiß allerdings, dass diese Aufgabe für ihn keine Bürde ist. "Von allen Ehrenämtern ist mir das als Storchenvater das Liebste", hatte er noch in der vergangenen Woche während der Vorstellung der Storchentagspostkarte gesagt. "Er ist die treibende Kraft hinter dem Brauch", findet auch Michaela Vetter. Und: "Es ist gut, dass die Tradition fortbesteht. Es gibt ja immer noch viele Kinder, die mitlaufen."

Wenn morgen, Freitag, wieder die lauten "Heraus! Heraus!"-Rufe der Kinder durch die Stadt schallen, wird Krafczyk ihnen in der traditionellen Kleidung des Storchenvaters vorauslaufen. Er angelt Brezeln, die die Einwohner ebenso verteilen, wie sie Orangen und Süßigkeiten werfen. Vetter wird drei bis vier Netze Orangen, einige Brezeln und einzeln verpackte Süßigkeiten kaufen. "Den kleineren Kindern gebe ich sie auch mal direkt in die Hand", verrät sie. So ist gewährleistet, dass alle etwas von dem Brauch haben.

Der Storchentag beginnt morgen, Freitag, um 12 Uhr in der Mühlenkapelle. Nach dem Sprechen eines Gebets laufen die Kinder mit Storchenvater Alois Krafczyk los und heischen Gaben ein. Damit die Schüler der Klassen 1 bis 7 des Bildungszentrums teilnehmen können, bekommen sie ab 11 Uhr schulfrei.