"Heraus, heraus" rufend heischen die Haslacher Kinder nach Gaben, die aus Fenstern geworfen werden. Foto: Archiv/Kleinberger

Brauch jährt sich zum 375. Mal. Bevölkerung hält für die Kleinen Brezeln und Süßes bereit.

Haslach - Auf eine bemerkenswert lange Tradition kann der Haslacher Storchentag zurückblicken. Am heutigen Donnerstag jährt sich der Brauch zum 375. Mal.

375 Jahre – so lange lässt sich der Brauch in Haslach zumindest nachweisen. Denn im Stadtarchiv befindet sich eine Rechnung, nach der Johann Jakob Arguin im Jahr 1643 dafür bezahlt wurde, dass er "den Storch geklopfet" habe. Was genau dahinter steckt, lässt sich heutzutage nicht mehr ermitteln. Stadtarchivar und Ehrenbürger Manfred Hildenbrand, der vergangenes Jahr verstarb, nahm jedoch an, dass dies der älteste Nachweis für den Storchentag sei.

"Einer Sage zufolge haben die Störche außerdem einst die Stadt Haslach vor einer Hungersnot gerettet", fasst Alois Krafczyk die im Städtle geläufige Legende zusammen. Demnach hatten die Bürger gelobt, den Kindern einmal im Jahr etwas Gutes zu tun, falls Gott sie vor einer Ungezieferplage rettete. Die Störche kamen, fraßen das Getier – und geboren war der Storchentag.

Die Kinder stehen auch Jahrhunderte später noch im Mittelpunkt des Brauchs, berichtet Krafczyk im Gepräch mit dem Schwabo. Er ist als Storchenvater Dreh- und Angelpunkt dieses Heischebrauchs, der jedes Jahr am Tag von Petri Stuhlfeier, dem 22. Februar, gefeiert wird.

Das Amt des Storchenvaters führt er seit 33 Jahren aus. Die Ernennung passierte recht spontan: Der damalige Bürgermeister Josef Rau hatte Krafczyk nach dem plötzlichen Tod seines Vorgängers einfach gesagt, er übernehme das jetzt. Als Bürde hat Krafczyk das aber nie empfunden, im Gegenteil. "Ich war als Kind immer voller Ehrfurcht und Respekt dem Storchenvater gegenüber. Es war damals und ist immer noch eine große Ehre für mich, dieses Amt zu erfüllen."

Ehrfurcht und Respekt dem Storchenvater gegenüber: Dieses Gefühl ist auch heute noch spürbar, wenn die Kinder Krafczyk mit seinem Zylinder, der langen Angel und den zwei Broten auf dem Rücken durch die Stadt folgen. Und der Storchenvater seinerseits füllt das Amt aus Überzeugung aus: Den Kindern zuliebe. So erzählt er mit leuchtenden Augen davon, wie ehrfürchtig er auch heute noch von den Kindern angesprochen und anerkannt wird. "Wenn eines mich auch während des Jahres noch sieht und mit 'Hallo, Storchenvater' grüßt, geht mir das Herz auf", sagt Krafczyk.

Er achtet stets darauf, dass alle Kinder vom Gabenregen gleich bedacht werden. So mahnt er die Älteren, wenn sie zu viel an sich reißen und lässt den Jüngeren etwas zukommen. Auch die Brezeln, die er aus den oberen Stockwerken angelt, verteilt er gerecht. "Was ich nicht leiden kann, ist, wenn Eltern zu sehr dazwischen gehen. Es geht beim Storchentag eben nicht um sie", sagt Krafczyk.

Aber die Freude auf den Tag überwiegt. Auch in den Tagen zuvor: Zylinder, Mantel, Angel und Brote seien schnell gerichtet, berichtet der Storchenvater. Insgesammt bestimmen Freude und die bange Frage, wie das Wetter wird, die unmittelbare Zeit davor.

Am eigentlichen Tag sind dann hoffentlich wieder zahlreiche Kinder dabei, wenn der Storchenvater durchs Städtle zieht. Für die Haslacher hat er nur Lob übrig: "Es ist bemerkenswert, wie viel Süßigkeiten und Orangen diese Jahr um Jahr für die Kinder herauswerfen. Es ist gut, dass der Brauch hier so gepflegt wird." Nach sinkenden Teilnehmerzahlen waren im vergangenen Jahr wieder deutlich mehr Kinder dabei.

Mit 33 Jahren an der Spitze des Zugs ist Krafczyk der wohl dienstälteste Storchenvater. "Ich mache das weiter, so lange es geht", sagt er überzeugt. Das Schönste sei für ihn immer gewesen, der Kinderschar voranzugehen.

 Treffpunkt ist heute, Donnerstag, um 12 Uhr an der Haslacher Mühlenkapelle.

  Eine Kürzung der Route betrifft laut Stadt Haslach das Gebiet im Eichenbach. Laut Alois Krafczyk war im betreffenden Gebiet das Interesse relativ gering und so sind Storchenvater sowie Kinder nicht mehr ganz so lange auf den Beinen. Die Änderung betrifft folgende Straßen:   Ganz weg fallen Seilerstraße, Allmendgasse, Alte Eisenbahnstraße, Königsberger Straße   Teilstücke der Ringstraße und Hofstetter Straße sind ebenfalls betroffen.