Storchenvater Hubert Falk führte um 1900 die Kinderschar durch Haslachs Gassen. Repro: Krafczyk Foto: Schwarzwälder Bote

Historie: Storchentag muss ausfallen / Ursprung lässt sich nicht mehr sicher nachvollziehen

Ruhig wird es am Montag, 22. Februar, in Haslach bleiben. Und das, obwohl dieser Tag als "Storchentag" normalerweise den Kindern gewidmet ist. Der Heischebrauch fällt dieses Jahr wegen der Corona-Pandemie aus.

Haslach. Grund genug, zumindest einen Blick in die Historie des weit zurückreichenden Tages zu werfen, der imm er am 22. Februar, dem katholischen Fest "Kathedra Petri", gefeiert wird.

Um 12 Uhr wäre es an diesem Montag wieder soweit: Der Storchentag würde wie seit altersher mit dem Gebet an der Mühlenkapelle beginnen und danach würde der Storchenvater mit der großen Kinderschar weite Teile Haslachs durchziehen.

"Der Storchengtag ist ein Frühlingsfest ältesten Ursprungs. Um zwölf Uhr mittags versammelte sich die gesamte Schuljugend, Männlein wie Weiblein, jedes mit einem kleinen Sack umgetan, in der Mühlenkapelle und betete einen Rosenkranz. War der beendigt, so zog der helle Haufen der Stadt zu; in seiner Mitte ging der ›Storchenkarle‹, Karl Kinast, ein armer Teufel, mit einem leibhaftigen, ausgestopften Storchen auf seinem großen Hut. Sein Amt war ein von der Gemeinde mit zwölf Kreuzern und einem Laib Brot besoldetes. Von weitem schon ertönte der Schlachtruf des anstürmenden Kinderkreuzzuges: ›Heraus, heraus! Äpfel und Bire zum Lade raus‹": So umschreibt Heinrich Hansjakob in seinem Werk "Aus meiner Jugendzeit" dieses Hochfest der Haslacher Schuljugend.

In der Tat zählt der Storchentag zu den bekanntesten Bräuchen am 22. Februar im Land Baden-Württemberg, wenngleich Heischebräuche in ähnlicher Form auch in weiteren Gemeinden des Kinzig-, Harmersbach- und Wolftals üblich sind, dort unter dem Namen "Peterlestag" bekannt.

Ob nun ein Frühlingsfest ältesten Ursprungs, wie Heinrich Hansjakob vermutet, oder aber die Erfüllung eines Gelübdes der Haslacher im 17. Jahrhundert – ganz genau wird sich der Ursprung des Storchentags nicht ergründen lassen.

Glaubt man der mündlichen Überlieferung, dann hat der Haslacher Storchentag seinen Ursprung in der Erfüllung eines Gelübdes. Um die Mitte des 17. Jahrhundert, so wird erzählt, hatte sich viel Ungeziefer über die Ernte hergemacht und drohte diese zu vernichten – damit wäre eine Hungersnot das traurige Ergebnis gewesen. In dieser großen Not – bereits die Pest hatte zuvor große Opfer in der Bevölkerung gefordert – flehten die Haslacher um Hilfe zum Himmel und hätten im Falle einer Errettung gelobt, künftig alljährlich zu "St. Peters Fest" die Kinder und alten Leute zu beschenken. Das Flehen sei erhört worden, so ist überliefert; in Scharen seien Störche gekommen und hätten das Ungeziefer aufgefressen, die drohende Hungersnot war damit abgewendet. Seit dieser Zeit feiern die Haslacher den Storchentag.

Zeitlich ließe sich dies auch gut mit jenem Nachweis im Haslacher Stadtarchiv vereinbaren, welcher besagt, dass 1643 ein Johann Jakob Arguin "zwölf Kreuzer erhalten weil er den Storchen geklopfet", wohl aufgeweckt hatte. Eine noch vorhandene städtische Rechnung aus jener Zeit weist diese Ausgaben auf. Der verstorbene Haslacher Stadtarchivar Manfred Hildenbrand sah in dieser Person den ersten nachweisbaren Haslacher Storchenvater. Übrigens ist das Amt des Storchenvaters damit gleichzeitig das älteste Ehrenamt der Stadt und noch heute sind in Verbindung damit zu nennen Hubert Falk, Anton und Josef Klauser, Arthur Siedler und Erwin Matt. Seit dem Jahre 1986 bekleidet Alois Krafczyk dieses Amt. Wie viele der Haslacher Kinder dürfte er heute mit einer Träne in den Augen an den Storchentag denken, wo er durch das Städtle gezogen wäre.

So hat Haslach bereits seit Jahrhunderten eine enge Beziehung zum Storch und seit 2014 nisten diese wieder im Städtle. "Auf Sankt Peters Fest sucht der Storch sein Nest" lautet eine alte Bauernweisheit zum heutigen Festtag und damit zum Storchentag und sie hat etwas auf sich: Gerade die derzeitige milde Luftströmung dürfte so manche Störche ins Kinzigtal führen.

Ein Heischebrauch ist laut Wikipedia "ein Brauch, bei dem es um das Fordern oder Erbitten von Gaben geht". Meist würden Kinder durch die Straßen oder von Haus zu Haus ziehen und um Gaben bitten. Dabei sagen sie Heischeverse auf oder singen Heischelieder. Anlässe seien oft Kirchenfeste oder jahreszeitliche Ereignisse.