Informationsrunde auf Abstand (von links): Haslachs Bürgermeister Philipp Saar, der CDU-Bundestagsabgeordnete Peter Weiß, die Wirte Inga und Ralf Müller und der Dehoga-Kreisvorsitzende Karl-Heinz Walter sprachen über die Situation der Wirte. Foto: Kleinberger

Politiker informiert sich vor Ort über Schutzkonzepte. Gaststätten öffnen am Montag. Mit Kommentar

Haslach - Eine lange Durststrecke liegt hinter der Gastronomie. Jetzt dürfen die Speisegaststätten wieder öffnen. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Peter Weiß informierte sich vorab über die Situation der Wirte und die Maßnahmen in den Betrieben.

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Mit großem Interesse ließ der Abgeordnete sich von Ralf Müller in dessen Haslacher Restaurant "In Vino Veritas" das Prozedere erklären, dass den Gast ab Montag erwartet, wenn er in einem Restaurant essen gehen will. Auch, wie die Wirte die vergangenen Wochen erlebt haben, war Thema (wir berichteten bereits).

Der Vorsitzende des Dehoga-Kreisverbands Wolfach Karl-Heinz Walter und der Geschäftsführer des Haslacher Handels- und Gewerbevereins Martin Schwendemann nutzten den Termin, um über aktuelle Nachrichten und Auslegungen zu berichten. So ist eine Vorab-Reservierung beim Restaurant nicht erforderlich, betonte Schwendemann.

Gäste müssen Daten abgeben

Müller wies auf Maßnahmen wie das Aufstellen von Handdesinfektionsmittel hin, das die Gäste nutzen müssen. Hygiene- und Abstandsregeln seien inzwischen hinlänglich bekannt und sie zu befolgen, habe mit "gesundem Menschenverstand" zu tun, betonte Haslachs Wirtesprecher. "Was passiert denn, wenn jemand diese Regeln nicht einhält?", wollte Bürgermeister Philipp Saar wissen. "Dann liegt es am Gastwirt, sein Hausrecht auszuüben", antwortete Weiß.

Um mögliche Infektionsketten nachvollziehen zu können, greifen die Wirte auf verschiedene Ideen zurück. Manche, wie Müller, legen separate Blätter aus, auf denen die Kunden ihre Daten eintragen müssen. Andere, hakte Schwendemann ein, haben auf ihrer Speisekarte ein entsprechendes Formular eingesetzt. Im "In Vino Veritas" wurde die Karte einlaminiert und wird nach jedem Gast desinfiziert. Die personenbezogenen Daten werden nach einer gewissen Zeit vernichtet.

Ein wichtiger Tag für die Region

Bezahlt wird bar oder per Karte möglichst kontaktlos. Wenn der Gast gegangen ist, wird alles vom Tisch abgeräumt und – ebenso wie der Tisch selbst – desinfiziert.

"Ihr seid optimal vorbereitet", lobte Weiß nach den Erklärungen des Gastwirts. "Dazu hatten wir ja auch acht Wochen Zeit", entgegnete dieser schlagfertig und sorgte für Gelächter.

Für Weiß ist der Montag wichtig. "In Gastwirtschaften zu gehen, ist in unserer Region enorm wichtig und gehört einfach dazu", betonte der Abgeordnete.

Es brauche aber auch Menschen, die die Möglichkeit jetzt wieder annähmen und die Wirtschaften besuchen, verdeutlichte Saar. Auch Walter meinte: "Wer glaubt, dass die Krise jetzt vorbei ist, ist auf dem Holzweg." Die Branche sei auf weitere Hilfen angewiesen und diese müssten zügig kommen. "Sonst machen viele dicht." Denn keinesfalls ist die Gastronomie die einzige, die von der Corona-Krise gebeutelt wurde. Viele Menschen sind in Kurzarbeit oder haben ihren Job verloren – "Gastronomie ist eine Kann-Branche. Beim Essengehen sparen die meisten Menschen zuerst", verdeutlichte Walter das Problem. Wie die Situation sich entwickle, werde sich wohl in den kommenden zwei bis drei Wochen zeigen, waren sich alle einig.

Hilfsprogramme nötig

Schwendemann berichtete aus der Praxis: Beim Handel sei der Umsatz in Woche 1 nach der Wiedereröffnung "hochgeschossen". Die Händler hätten 90 bis 100 Prozent ihres normalen Umsatzes erzielt. Dann folgte der Einbruch, aktuell verzeichnet der Handel ungefähr die Hälfte des Umsatzes. "Das überlebt auf Dauer keiner", so der HGH-Geschäftsführer. Er hofft, dass mit der Wiedereröffnung der "Haslacher Dreiklang" aus schöner Altstadt, Shopping-Atmosphäre und einladenden Wirtschaften wieder ist.

Ob die Begrenzung der Mehrwertsteuer-Absenkung für Gastbetriebe so wirklich umgesetzt werde, ließ Weiß offen. Er betonte aber, dass weitere Hilfsprogramme nötig seien. Den Vorstoß von Baden-Württembergs Tourismusminister Guido Wolf (CDU) fand Weiß richtig. "Aber der Chef bremst da leider noch", befand er.

Peter Weiß wollte auch wissen, inwieweit die Mitnehm-Angebote der Gastronomie vor Ort funktioniert haben. Ralf Müller und Martin Schwendemann betonten, dass die Haslacher dieser insgesamt gut frequentiert haben. Müller gab aber auch zu bedenken, dass die Angebote bei reduzierter Kundenzahl einen gleichbleibend hohen Aufwand verursachten. "Es war ein schöner Tropfen auf einen sehr heißen Stein", fasste Schwendemann zusammen.

Kommentar: Lob reicht nicht

Die Kinzigtäler Wirte sind vorbildlich auf die Wiedereröffnung der Gaststätten vorbereitet. Das große Lob vom CDU-Bundestagsabgeordneten Peter Weiß geht sicher runter wie Öl, reicht auf Dauer in der krisengebeutelten Branche aber nicht aus. Eine Rückkehr zum "Normalzustand vor Corona" wäre großartig. Sie ist aber, wie Karl-Heinz Walter analysierte, unwahrscheinlich: Wer in Kurzarbeit ist, denkt dreimal darüber nach, ob er sich das Essengehen gerade leisten kann oder will. Es bleibt zu hoffen, dass die Kundschaft sich jetzt so sehr auf "ihre" Wirte freut wie diese sich umgekehrt auf Gäste und die Umsätze wieder steigen. Ohne weitere Hilfen seitens Land und Bund wird es aber wohl nicht funktionieren, den Betrieben aus der Krise zu helfen. Da war das eine oder andere politische Signal von Weiß beruhigend. Hoffentlich bleibt’s nicht nur beim Signal.