Leistungsempfänger, die mehr als 800 Euro dazuverdienen, werden besser gestellt.

Berlin - Union und FDP haben sich auf neue Hinzuverdienstregeln für Hartz-IV-Bezieher verständigt. Für rund 300.000 sogenannte Aufstocker bleibt damit künftig mehr vom eigenen Arbeitseinkommen übrig - bis zu 20 Euro im Monat. Ein großer Wurf ist das nicht. Die Regierung selbst spricht von einem "Einstieg" in eine umfassendere Reform der Hinzuverdienstgrenzen. Dazu Fragen und Antworten. 

Wie sieht die aktuelle Regelung aus?

Wer Hartz-IV-Empfänger und damit langzeitarbeitslos ist, kann sich in bestimmtem Umfang etwas hinzuverdienen und so seine staatliche Unterstützung "aufstocken". Derzeit kann man 100 Euro ohne jeden Abzug hinzuverdienen. Darüber bleiben bis zu einem Einkommen von 800 Euro von jedem selbstverdienten Euro 20 Cent im Geldbeutel. Vom Verdienst über 800 Euro sind es nur noch zehn Cent.

Was heißt das?

Von einem Einkommen von 400 Euro darf der Hartz-IV-Empfänger derzeit 160 Euro (100 Euro und 20 Prozent von 300 Euro = 60 Euro) behalten. Von einem Verdienst von 900 Euro bleiben unterm Strich 250 Euro übrig (100 Euro frei plus 20 Prozent von 700 Euro = 140 Euro sowie 10 Prozent von 100 Euro = 10 Euro. Bei einem Verdienst 1000 Euro sind es 260 Euro.

Was ändert sich?

Bei Hinzuverdiensten bis 800 Euro bleibt alles beim Alten: Bessergestellt werden jene, die mehr als 800 Euro verdienen. Vom Lohn, der über der 800-Euro-Grenze liegt, dürfen sie künftig ebenfalls 20 Prozent behalten. Bei einem Verdienst von 900 Euro sind es 260 Euro, bei 1000 Euro sind es 280 Euro. Damit ist dann das Maximum aus der Neuregelung von 20 Euro mehr im Monat erreicht.

Was will die Koalition erreichen?

Die derzeitigen Hinzuverdienstregelungen führen dazu, dass vor allem niedrig entlohnte Gelegenheitsjobs begünstigt sind. Hartz-IV- Empfänger sollen aber einen deutlich stärkeren Anreiz erhalten, möglichst viel und damit "vollzeitnäher" zu arbeiten. Eine umfassendere Lösung mit großzügigeren Hinzuverdiensgrenzen vor allem im höheren Bereich hätte aber dazu geführt, dass mehr Menschen ins Hartz-IV-System rutschen. Das hätte die Sache deutlich teurer gemacht, nach Expertenberechnungen um bis zu 3,2 Milliarden Euro.

Was war geplant?

Vor allem die FDP hatte sich dafür stark gemacht, niedrige Zuverdienste sehr viel stärker auf die Grundsicherung anzurechnen. Von den ersten 200 Euro sollten nur noch 40 Euro übrig bleiben. Im Gespräch war, dass Hartz-Bezieher dafür 40 Prozent vom Zuverdienst zwischen 200 und 400 und sogar die Hälfte des Zuverdienstes zwischen 400 und 1000 Euro behalten sollten. Dies hätte bei den kleinen Nebenverdiensten zu einer erheblichen Schlechterstellung geführt.

Was fordert die Opposition?

Die Opposition lehnte die Pläne von Union und FDP ab und fordert stattdessen einen Mindestlohn. SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles kritisierte eine "weitere Ausweitung des Niedriglohnsektors". Jetzt müssten noch mehr Menschen als bisher ihre Löhne mit Steuergeldern aufstocken, fügte SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil hinzu. Linke-Chef Klaus Ernst sagte, Arbeitgeber würden weiter dazu ermuntert, reguläre Arbeitsplätze durch schlecht bezahlte Teilzeitjobs zu ersetzen. Die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Brigitte Pothmer, sprach von einer "Propagandaaktion, um die FDP vor dem Gesichtsverlust zu bewahren".