Eine große Gemengelage kennzeichnet die Diskussion um Sicherheitskräfte in den Dienststellen der Landkreisverwaltung. Die Bürgermeister, vor allem sie, lehnen eine dauerhafte Security ab. (Archivfoto) Foto: (Montage: Kleinau) Otto/Africa Studio – stock.adobe.com

Um das Thema Security ist im Kreistag am Montag hart gerungen worden. Die Landkreisverwaltung hätte gerne in zwei Dienststellen dauerhaft Sicherheitspersonal eingesetzt. Doch sie kam mit ihrem Antrag nicht durch. Am Ende war es eine Machtprobe, die unentschieden ausging.

Kreis Rottweil - Man kann nicht sagen, sie hätten nicht alles versucht: Landrat Wolf-Rüdiger Michel, der Erste Landesbeamte Hermann Kopp und die beiden Dezernenten Harald Kramer und Bernd Hamann. Doch alles Zureden, alle Argumente halfen nichts. Der Kreistag lehnte mehrheitlich den Wunsch der Verwaltung ab, Sicherheitspersonal in den Dienststellen in der Olgastraße (Sozialdezernat) und in der Königstraße/Stadionstraße dauerhaft zu engagieren.

Die große Mehrheit plädierte nach langer Diskussion und nach mehreren Abstimmungsrunden für folgende Lösung: Im Gebäude in der Königstraße/Stadionstraße, dem Hauptsitz der Verwaltung, wird das Sicherheitspersonal mit Ablauf des bestehenden Vertrags abgezogen. Dort soll es auch keine baulichen Ergänzungen geben, um Publikumsströme besser zu leiten.

Es wäre in der Tat kaum sinnvoll angelegtes Geld. Schließlich wird dort demnächst ein neues Verwaltungsgebäude erstellt, der Umzug in ein Provisorium könnte bereits im kommenden Frühjahr beginnen.

Der SPD-Fraktionscheffährt dem Landratin die Parade und gerät in ein Zwiegespräch

Anders hingegen im Gebäude in der Olgastraße. Dort soll die Dienstleistung für Ordnung und Sicherheit so lange weiter in Anspruch genommen werden, bis der Eingangsbereich baulich verändert worden ist. Mit den Planungen soll rasch begonnen werden, so die Forderung des Gremiums.

Damit kam eine seit Monaten dauernde Diskussion, die auch schon mal von der öffentlichen Tagesordnung genommen wurde, um hinter verschlossenen Türen zu debattieren, zu einem Ende.

Dass die Landkreisverwaltung in der Zusammenkunft der Kreisräte am Montag ihr Ziel wird kaum erreichen können, zeichnete sich recht schnell ab. Gleich nachdem Landrat Michel die Position der Verwaltung dargelegt hatte, fuhr Berthold Kammerer, der Vorsitzende der SPD-Fraktion, ihm in die Parade und gab damit die Linie der Kritiker vor.

Michel wiederum nahm die Kritik zum Anlass, um ein Zwiegespräch mit Kammerer zu beginnen. Manch einem dürfte zu jenem Zeitpunkt auch der Vergleich mit einem Kreuzverhör in den Sinn gekommen sein.

Kurzer Einschub: Nachdem die ganze Diskussion fast zu Ende war, folgte auf den Fehdehandschuh die Friedenspfeife. Der Landrat gegenüber Kammerer: Er habe vorhin nicht unhöflich sein wollen, es sei nur ein engagiertes Gespräch gewesen. Wieder alles gut also?

Darum ging es der Verwaltungsspitze: Nach dem versuchten Tötungsdelikt im Jobcenter in Rottweil zu Beginn des vergangenen Jahres wollte man für eine erhöhte Sicherheit und ein erhöhtes Sicherheitsgefühl bei Mitarbeitern und Besuchern sorgen. Daher wurden Security-Leute eingesetzt.

Jetzt, während der Corona-Pandemie, kümmert sich der Dienst auch um die Einhaltung der Corona-Regeln, also die Mindestabstände und das Tragen des Mundschutzes. Und er greift ein, wenn sich Landratsamtbesucher renitent verhalten.

Keine Seltenheit offensichtlich, wenn es ums liebe Geld und den noch heißer geliebten Führerschein geht, der droht, wegen Verkehrsdelikten verloren zu gehen.

Kammerer sprach noch einmal die Ausgangssituation an – die furchtbare Tat im Jobcenter – und kam dann darauf zu sprechen, dass es zu solchen Vorfällen in den Dienstgebäuden des Landratsamtes nicht gekommen sei. Die Security sei daher nicht notwendig. Zudem sprach er sich für eine bürgerfreundliche Atmosphäre in den Dienstgebäuden aus, Uniformen passten nicht ins Bild.

Sorgten sich die Bürgermeister tatsächlich oder wollten sie ein Zeichen setzen?

Martialischer, und nicht ganz zutreffend, umschrieb es der FDP-Fraktionsvorsitzende Gerhard Aden, als er das Bild von mit Maschinenpistolen bestückten Sicherheitskräften bemühte – was er freilich ablehnte. Treffender war eine andere Aden’sche Schlussfolgerung. Wenn das Landratsamt Sicherheitspersonal engagierte, dann müssten das die Bürgermeister für die Rathäuser auch tun.

Das traf die Gemütslage im Kern. Die Bürgermeister – auch darüber berichteten wir bereits – lehnten dies vor allem aus finanziellen Gründen ab.

Da richtete auch die dezidierte Unterstützung des Verwaltungsvorschlags von den Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen und ÖDP wenig aus. Fast alle Kreisräte von SPD, CDU, Freien Wählern, FDP und AfD lehnten das Gesamtpaket ab und gaben nur in Teilen dem Ansinnen der Verwaltung nach.

Worin sich die strikt ablehnende Haltung der Mehrheit begründete? War es tatsächlich die Angst, nicht mehr bürgerfreundlich zu erscheinen, sollte Security eingesetzt werden? War es die Überzeugung, diesen Dienst gar nicht zu benötigen, weil keine Gefahr in Verzug sei? War es die Ansicht, den Wohlfahrtsstaat unnötigerweise aufzublähen – zu einem Nanny-Staat? War es die Sorge der Bürgermeister, in den eigenen Dienststellen nachziehen zu müssen, wofür das Geld fehlte?

Oder war es eine Machtprobe, die zum Ziel hatte, der Verwaltung zu zeigen, wer beim Personaletat das Sagen hat, nachdem die Kreisräte in den Jahren zuvor regelmäßig neue Stellen im Sozialbereich abzunicken hatten?