Wirtschaft: Einschneidende Änderungen bei der Raiffeisenbank Aichhalden-Hardt-Sulgen / Keine Schließungen
Filialenschließungen, verkürzte Öffnungszeiten oder ein dritter Weg: Vor diesen Alternativen stand die Raiffeisenbank Aichhalden-Hardt-Sulgen angesichts des veränderten Kundenverhaltens.
Hardt/Schramberg-Sulgen/Aichhalden. Die Vorstände Ralf Bantle und Markus Hezel haben sich für den neuen Weg entschieden: Künftig können Bankgeschäfte über SISy abgewickelt werden. Hinter diesem Begriff verbirgt sich ein Konzept, mit dem die Bank Herausforderungen der Zukunft anpacken möchte. Bei einer Veranstaltung in der Arthur-Bantle-Halle wurden die rund 300 Besucher über die Neuerungen informiert.
Die wichtigste Änderung: Die Kunden können künftig die Bank wie bisher betreten, allerdings treten sie dann nicht mehr am Schalter in Kontakt mit den Mitarbeitern. Vielmehr werden diese über einen Bildschirm zugeschaltet und dort kann der Kunde dann sein Anliegen vorbringen. Überweisungen können beispielsweise per Kamera und Scanner getätigt werden. Auch Einzahlungsautomaten für Bargeld werden aufgestellt. Beratungstermine sind weiter möglich und können über SISy vereinbart werden.
Bantle und Hezel sehen darin eine große Chance für die Bank – und natürlich auch für ihre Kunden. Die Mitarbeiter seien so von Montag bis Freitag von 9 bis 18 Uhr und mittwochs von 9 bis 13 Uhr erreichbar – und damit über einen deutlich längeren Zeitraum als bisher.
Die Filialen in Sulgen (20. Dezember) und Aichhalden (12. Februar) werden komplett auf SISy umgestellt. Nach einer vierwöchigen Übergangsfrist wird alles über SISy abgewickelt – mit Ausnahme von Beratungsgesprächen.
Bei der Hauptstelle in Hardt gibt es künftig noch von 9.30 bis 11.30 Uhr einen Serviceplatz. Hier wird das zusätzliche neue System am 9. April eingeführt. Die vollständige Umsetzung ist bis zum 30. Juni 2019 geplant.
Die Mitarbeiter der Bank werden dann zentral in Hardt sitzen. "Sie sind künftig mehr in der Beratung statt wie bisher im Service am Schalter tätig", sagt Ralf Bantle. Es werde kein Personal abgebaut, ergänzt Markus Hezel. Es gehe nicht um die Einsparung von Kosten. Vielmehr versprechen sich die Vorstände mehr Effizienz und bessere Abläufe. "Die Kunden haben die gleichen Ansprechpartner wie bisher", sagt Bantle. Zudem laufe alles viel diskreter ab, da Boxen errichtet werden, bei denen andere Personen nicht die Ohren spitzen und zuhören können.
Das Kundenverhalten habe sich massiv gewandelt, erzählen die Vorstände. Mittlerweile kommen in alle drei Geschäftsstellen nur noch 80 Kunden pro Tag, über die digitalen Kanäle sind es 600. Überweisungen werden in den Geschäftsstellen täglich rund 150 getätigt, online hingegen 950.
Die Verantwortlichen ziehen daraus folgende Schlüsse: Das Bankgeschäft verschiebe sich in die digitale Welt, zudem erwarteten die Kunden eine qualifizierte Anlaufstelle mit hoher Erreichbarkeit. Mit dem neuen System möchte die Bank diesen Veränderungen gerecht werden.
"Wir brennen darauf und glauben an eine qualitative Verbesserung für die Kunden", sagen die Vorstände. Bei anderen Banken, die dieses System eingeführt haben, sahen 80 Prozent der Kunden dieses bei einer Befragung positiv. 14 Prozent standen dem Ganzen neutral gegenüber und sechs Prozent negativ.
Mehrere Banken im Umkreis gehen hingegen den Weg der Filialschließungen oder reduzieren die Öffnungszeiten als Reaktion auf das veränderte Kundenverhalten.
"Digitalstar" Philipp Riederle hatte bei der Infoveranstaltung einen spannenden Vortrag über die Digitalisierung und deren Auswirkungen gehalten. Die neue Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) kritisierte er massiv. Diese gängele beispielsweise Vereine, Datenkraken wie Google könnten hingegen ihr Geschäft unverändert weiterführen.