Maria Haberstroh feiert heute ihren 90. Geburtstag. Foto: Anton Foto: Schwarzwälder Bote

Jubilarin: Maria Haberstroh feiert ihren 90. Geburtstag / Einst eine "Bühnenkarriere" hingelegt / Im Gemeinderat aktiv

Von Antonie Anton

Der Plan war, dass heute am 90. Geburtstag von Maria Haberstroh die Großfamilie mit 40 Personen zusammenkommt.

Hardt. Nun hat Corona einen Strich durch diese Rechnung gemacht und dafür gesorgt, dass ihr Geburtstag nur im engsten Familienkreis gefeiert werden kann. Doch es besteht Hoffnung, dass das große Fest im Laufe des Jahres nachgeholt wird.

"S’ Mariele", wie die jung gebliebene Jubilarin genannt wird, kann auf ein erfülltes Leben zurückblicken. Geboren als Zweitälteste von vier Kindern von Elisabeth und August Fehrenbacher, musste sie von klein auf in der Landwirtschaft mithelfen. Schon vor der Schule galt es, zwei Kühe zu melken. Die Lebensmittel kamen alle vom eigenen Hof. Auch während des Krieges konnte der Bedarf an Milch, Butter, Eier, Kraut, Äpfel und Birnen gedeckt werden. Da murrte keiner, wenn es zu Mittag einmal Grießbrei oder Milchsuppe gab.

Mitten im Krieg, im Alter von 52 Jahren, verstarb der Vater infolge einer Schilddrüsenerkrankung, die heute heilbar wäre. Der Krieg steht Maria Haberstroh noch oft vor Augen. 1930 geboren, erlebte sie die Kriegsjahre im Alter von neun bis 15. So ist ihr noch der Absturz eines von deutschen Jagdfliegern abgeschossenen französischen Flugzeugs an der Steinreute in lebhafter Erinnerung. Bei der Bombardierung von Schramberg geriet eine Brandbombe in den Weiher beim Grünen Baum. Mutter und Kinder beobachteten voller Angst, wie die Brandwolke in Schramberg hochstieg.

Als älteste Tochter wurde sie nach der Schule zu Hause dringend gebraucht, doch durfte sie zwei Winter lang in die Näherei im Grünen Baum gehen, um bei einem Stundenlohn von 43 Pfennig, den sie zuhause abgeben musste, ein wenig Geld zu verdienen. Damit und mit ihrer Handarbeit erwarb sie sich eine Aussteuer. Mit 26 Jahren heiratete sie Anton Haberstroh, der, schon mit 17 Jahren eingezogen, erst mit 24 Jahren aus der französischen Gefangenschaft zurückkehrte. Trotz eines Lungendurchschusses konnte er im elterlichen Maurerbetrieb und als Nebenerwerbslandwirt arbeiten.

Maria stand vor der Ehe oft auf der Theaterbühne in der Krone, zuerst bei kleinen Stücken zum Namenstag von Pfarrer Raiber, später bei Dreiaktern wie "Der Vogt auf Mühlstein". So gab sie nach der Heirat ihre "Bühnenkarriere" auf. Sie hatte noch den Kirchenchor, bei dem sie neben ihrem Mann ab 16 bis zum Alter von 87 Jahren 71 Jahre lang Mitglied war. Dirigent war ihr Onkel, der Rosenwirt Franz Fehrenbacher. Bei vielen Gelegenheiten brachte das Duo Maria und Anna ein Ständchen.

Auch als Gemeinderätin bewährte sich die agile Bürgerin. Während zweier Amtsperioden saß sie im Gremium, das zweite Mal sogar als einzige Frau. Heute würde sie mehr reden, so die Jubilarin, doch früher wurden Mädchen angehalten, sittsam den Mund zu halten. Man spürte auch in Hardt etwas vom Wirtschaftswunder. Die Zeiten wurden besser, die Löhne stiegen. Auch die technische Entwicklung in der Landwirtschaft machte sie mit – erst reine Handarbeit, dann jedes Jahr neue Anschaffungen. Die Erzeugerpreise hielten allerdings mit den Ausgaben nicht Schritt, sodass durch die Neuanschaffungen am Ende kein Gewinn blieb.

Selten, dass eine Person mit 90 Jahren noch diese gedankliche Klarheit, dieses brillante Gedächtnis und diese körperliche Fitness besitzt. Neben ihrer Mutter, die 100 Jahre erreicht hat, haben auch die Geschwister der Mutter die 90 meist überschritten. Neben ihren sechs Kindern kann die Jubilarin heute mit Stolz auf acht Enkel und einen Urenkel blicken. Immer noch strickt sie. Daneben kümmert sie sich um Haushalt und Garten. Gern steigt sie aufs Fahrrad, um im Dorf einzukaufen. Aktuell hat sie mehrere Modelle von Mundschutz gefertigt, die sie verschenkt. Ihre Fitness schreibt sie dem Umstand zu, dass sie früher immer aufs Laufen und Radfahren angewiesen war.

Ein Höhepunkt ihres Lebens war die Reise nach Florida, wo ihre Tochter Luitgard drei Jahre mit ihrem Mann gelebt hat. Schöne Erinnerungen hat sie an die Ausflüge des Kirchenchors, so etwa die Romfahrt. Auch die Goldene Hochzeit 2006 war ein unauslöschliches Erlebnis. Gern hat sie in ihrem Leben auf Persönliches verzichtet zugunsten des Gesamtwohls, denn sie hat immer das Beste für alle gewollt. Nach dieser Devise hat sie schon immer gelebt.