Harald Schmidt kommentiert das Duell VfB gegen die Bayern Foto: dpa

Der Entertainer Harald Schmidt über die Fußball-Bundesliga und seinen Einsatz als Co-Kommentator beim Spiel der Roten gegen den FC Bayern.

Stuttgart - Er ist Moderator, Schauspieler und Talkmaster – doch an diesem Sonntag (17.30 Uhr) betritt Harald Schmidt Neuland. Zusammen mit Wolff-Christoph Fuss kommentiert er beim Pay-TV-Sender Sky das Heimspiel des VfB Stuttgart gegen den FC Bayern München.


Herr Schmidt, am Sonntag beginnt ein neuer Abschnitt Ihrer Karriere – sind Sie vorbereitet?
Ja. Ich habe mir alle VfB-Spieler im Internet angeschaut, das Spiel gegen Wolfsburg ebenfalls, die endgültige Einstimmung hole ich mir dann am Samstag durch Ihre Zeitung – vielleicht können Sie mir ja ein paar Formulierungen liefern. Unter dem Motto: Was der Nürtinger sagen könnte.

Sie sind sich Ihrer Sache nicht so sicher?
Nein, denn ich bin ja quasi Volontär. Kommentator ist Wolff-Christoph Fuss, ich sitze daneben und sage alle 20 Minuten mal Dinge wie: Jetzt müssen sie mal schneller von Angriff auf Abwehr umschalten.

Sie haben den Fachjargon also drauf?
Ja. Sechser, Forechecking, die stehen sehr gut. Oder, wenn es ein fader Kick wird: Das ist was für Taktiker, Mourinho würde mit der Zunge schnalzen.

Das Spiel ist für Sie ja besonders brisant: Sie sind Mitglied beim VfB und beim FC Bayern. Was ist da eigentlich schiefgelaufen?
Wieso denn? Bayern – das war Thomas Helmer, der als Gast in meiner Show den Mitgliedsantrag dabeihatte. Und in Stuttgart habe ich im Stadion zwei Sekunden nicht aufgepasst, schon hatte ich Hansi Müller an der Backe. Er sagte: „Hallo Schwob“ – und schon war ich VfB-Mitglied.

Also drücken Sie dem VfB die Daumen?
Hmm. Wenn ich zuletzt gegen die Bayern im Stadion war, lief es meist so: Zwei schnelle Tore der Münchner, dann plätscherte das Spiel so vor sich hin. Ich wünsche mir vom VfB mal wieder so ein Spiel wie beim 4:4 in Dortmund. Ich hoffe auf Vedad Ibisevic.

Der VfB bietet aber auch Nürtinger auf: Daniel Didavi und Christian Gentner.
Aber hallo. Von Didavi habe ich jetzt erst gehört, Gentner kannte ich schon. Dazu Serdar Tasci, der in Esslingen geboren ist. Die regionale Anbindung ist ja wichtig für einen Bundesliga-Club.

Der VfB bedient derzeit ohnehin schwäbische Klischees – durch seinen Sparkurs.
Das ist doch ganz vernünftig. Ich sitze oft im verlotterten Berlin und wünschte, es würden sich mal andere ein Beispiel nehmen. Wir Schwaben sollten da viel selbstbewusster auftreten.

Wie wird denn der VfB in der Ferne wahrgenommen?
Gar nicht.

„Ich mag Gerhard Mayer-Vorfelder sehr“


Gar nicht?
Ja, ich lebe in Köln, da sind die Leute hysterische FC-Fans, im Ruhrgebiet Schalke-, Dortmund- oder sogar Bochum-Anhänger – heulend zwar, aber sie sind es. Der VfB ist eigentlich keine klare Marke außerhalb Baden-Württembergs, dafür bietet er vielleicht zu wenig Drama. Außerdem frage ich mich: Warum spielt der VfB nicht kontinuierlicher oben mit? Die wirtschaftlichen Voraussetzungen müssten doch eigentlich da sein. Komischerweise ist Freiburg viel mehr im Bewusstsein der Leute.

Warum?
Die sind eben immer der sympathische arme Club. Erst 100 Jahre Finke, jetzt Streich, der eine Riesenmarke ist. Es läuft über die Emotion, da ist es beim VfB zu gleichförmig.

Bruno Labbadia hat immerhin eine Wutrede gehalten. Gesehen?
Natürlich. Aber in Sachen Wutrede hat Giovanni Trapattoni den Maßstab eben auf Shakespeare-Niveau gelegt. Da kam Labbadia nicht ran, aber der Satz: Die Trainer sind nicht die Mülleimer von allen Menschen – der war schon gut.

Kennen Sie denn Spieler vom VfB persönlich?
Nein. Aber Fredi Bobic war schon Gast in meiner Sendung. Hansi Müller, wie gesagt. Und ich kenne (spricht mit tiefer und rauchiger Stimme) Gerhard Mayer-Vorfelder. Wann immer ich ihn auf dem Stuttgarter Bahnhof oder dem Frankfurter Flughafen sehe, erzählt er mir: Ich hab’ doch in Nürtingen auf’m Landratsamt angfangen. Immer.

Treffen Sie ihn oft?
So zweimal im Jahr. Ich mag ihn ja sehr, weil er einer ist, der nicht gleich die Nerven verliert. Mein Lieblingsfoto von ihm ist das, als er 2004 bei der EM in Portugal am Pool sitzt – mit blauem Anzug und braunen Schuhen. Da war mindestens Weltuntergang, die Queen hätte in solch einem Fall zurücktreten müssen, aber er war ganz entspannt und wusste: Es geht vorbei.

Fehlen heutzutage solche Typen?
Mir schon. Für meinen Geschmack haben wir zu viele von diesen Fußballlehrern. Ich vermisse die Lorants und Neururers. Klar, der Fußball ist durch Tuchel oder Klopp besser geworden, ich mag es aber einfach, wenn ein Trainer am Spielfeldrand raucht. (Lacht) Oder wenn ein Spieler sich weigert reinzugehen. Der Wahnsinn fehlt ein wenig.

Dafür ist viel Geld im Spiel. Zu viel?
Nein, denn die Zahlen zeigen ja: Es wird wieder eingespielt. Und Clubs einer gewissen Größenordnung liegen mit großen Transfers doch ganz gut. Nehmen Sie Zlatan Ibrahimovic und Paris St. Germain. Ich habe gehört, er wohnt im Hotel für 3000 Euro die Nacht – würde ich auch gern, aber in Stuttgart gibt es kein so teures Hotel. (lacht)

Passt denn Pep Guardiola zum FC Bayern?
Auf jeden Fall. Bayern und Katalanen – das sind ja beides unabhängige Völker, und Guardiola ist nun der dritte Messias in fünf Jahren. Ich bin begeistert, schließlich stellen sich so viel Fragen: Kann Pep auch Bayern? Wie kann er mit Matthias Sammer? Was wird aus Hermann Gerland?

Das ist die entscheidende Frage.
Ja, denn Experten versichern mir immer: Etwa 104 Prozent aller großen Spieler wurden einst von Hermann Gerland gesichtet.

Über Ihre eigene Fußballerkarriere sagen Sie immer: Wenn Mannschaften gewählt wurden, waren Sie derjenige, der übrig geblieben ist.
Oder ich wurde schon vorher vergessen. Schade, dass es damals noch nicht die Rolle des Sportdirektors gab. Den Schal geschwungen wie Jogi Löw, hätte ich Philosophisches gesagt oder von Leistung abrufen geredet – ich denke, da hätte ich es ganz schnell in die Premier League geschafft.