Durch den Steinwurf auf die Synagoge in Hannover wurde niemand verletzt. Foto: dpa/Michael Matthey

Während eines Gottesdiensts fliegt ein Stein durch das Fenster einer Synagoge in Hannover. Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) spricht von einem „Anschlag“, die Polizei ermittelt.

Nach der Beschädigung eines Fensters einer Synagoge in Hannover am höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur dauern die Ermittlungen der Polizei an. Neue Erkenntnisse gebe es noch nicht, teilten die Beamten am Donnerstagmorgen mit. Demnach wurde das Fenster am Mittwochabend während eines gemeinsamen Gebets von rund 150 Menschen durch einen Steinwurf beschädigt.

Verletzte gab es nicht. Genaueres zum Tathergang und ob es sich um einen Anschlag handelte, war am Donnerstagmorgen laut Polizeiangaben weiter unklar. „Fest steht, dass ein Fenster beschädigt wurde“, sagte ein Polizeisprecher.

Ministerpräsident Weil spricht von „Anschlag“

Das Klirren des kaputten Glases sei für alle Besucher zu hören gewesen, hieß es in einem Bericht der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“. Demnach klafft in dem Fenster nun ein Loch in sechs Metern Höhe. Michael Fürst, der Vorsitzende der Gemeinde, sagte der Zeitung: „Der Täter muss auf das Gelände der Synagoge gelangt sein. Ich bin zutiefst schockiert.“

Das Geschehen löste zahlreiche Reaktionen aus. Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sprach am Donnerstag von einem schockierenden „Anschlag“. Das Land stehe „fest“ an der Seite seiner jüdischen Bürgerinnen und Bürger und dulde keinen Antisemitismus, erklärte er. Die Behörden würden „alles dafür tun, um diesen feigen und entsetzlichen Angriff aufzuklären“.

Politiker rufen zur Solidarität mit Juden auf

Auch der niedersächsische Vizeregierungschef und CDU-Spitzenkandidat bei der Landtagswahl, Bernd Althusmann, sprach von einem „feigen Angriff“ und bezeichnete ihn als „widerwärtig“. Jüdisches Leben müsse „mit allen Mitteln geschützt werden“.

Die niedersächsische Landtagspräsidentin Gabriele Andretta (SPD) zeigte sich „tief bestürzt“ und sprach ebenfalls von einem Angriff. „Wir stehen fest und solidarisch an der Seite der Jüdinnen und Juden in Niedersachsen“, fügte sie an. Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) nannte es „eine Schande für Deutschland, dass immer wieder Synagogen angegriffen werden“. Sie hoffe, dass die Täter schnell ermittelt werden könnten.

Jom Kippur ist ein wichtiger Feiertag

Jom Kippur, der höchste jüdische Feiertag, fällt von Jahr zu Jahr auf unterschiedliche Daten im September oder Oktober. „Der Anschlag auf die Synagoge in Hannover gestern Abend entsetzt und beschämt mich zutiefst“, sagte der Landesbischof der evangelischen Landeskirche Hannover, Ralf Meister. Dass Jüdinnen und Juden bei der Ausübung ihrer religiösen Praxis bedroht würden, sei unerträglich.

Vor drei Jahren hatte an diesem Feiertag in Halle (Sachsen-Anhalt) ein schwer bewaffneter rechtsextremer und antisemitischer Attentäter versucht, in der voll besetzten Synagoge der Jüdischen Gemeinde zu Halle ein Blutbad anzurichten. Er warf am 9. Oktober 2019 Brand- und Sprengsätze und schoss auf die Zugangstür, gelangte aber nicht auf das Gelände, weil die Tür dem Angriff standhielt. Vor der Synagoge erschoss er eine Passantin, in einem nahe gelegenen Döner-Imbiss einen 20-Jährigen. Das Oberlandesgericht Naumburg verurteilte den Täter zu lebenslanger Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung.