Prozessauftakt in Offenburg: Die vier Angeklagten sollen 20 000 Handys im Wert von 3,7 Millionen Euro erbeutet haben. Zum Teil zeigten sie sich geständig. Sie erwartet nun wohl eine Bewährungsstrafe. Foto: Köhler

20 000 Handys im Wert von 3,7 Millionen Euro sollen vier Männer von einer Offenburger Firma in den Jahren 2017 und 2018 entwendet haben. Beim Prozessauftakt gestanden sie dies zum Teil. Auf sie wartet nun wohl eine Bewährungsstrafe.

Offenburg - "Der Prozess hätte schon früher stattfinden können", erklärte Matthias Eckelt, Richter am Landgericht Offenburg, zum Verhandlungsauftakt. Corona sorgte für eine Verschiebung des großen Prozesses mit sechs geplanten Verhandlungstagen, der am Freitag startete. Die Taten, die den vier Männern zwischen 36 und 42 Jahren vorgeworfen werden, liegen schon einige Jahre zurück. Zwischen dem 31. Dezember 2016 und Oktober 2018 sollen sie in 16 Fällen Handys aus einer Lagerhalle in Willstätt entwendet haben und gewinnbringend weiterverkauft haben.

Angeklagter hatte Zugang zu Systemen

Das geht aus der Anklageschrift hervor, die Oberstaatsanwalt Martin Seifert verlas. Zwei der Männer seien Mitarbeiter der Offenburger Kommunikationsfirma, die die Mobiltelefone in Willstätt zwischenlagert, bevor sie diese über Offenburg zu ihren Kunden liefert. Beteiligt ebenso: Ein Schwager eines der Mitarbeiter und ein Mitarbeiter eines Transportunternehmens.

Als Kopf der Bande gilt ein 41-jähriger Ichenheimer. Der Mann soll gemeinsam mit seinem Schwager seinen Kollegen, der für die Kommunikationsfirma als Lagerist in Willstätt arbeitete, informiert haben, wie viele Handys er gerade benötige. Der Lagerist stellte die Mobiltelefone bereit, der Mitarbeiter des Transportunternehmens holte sie ab und brachte sie nach Ichenheim. Jeweils mehrere Hundert Handys, in einem Fall sogar 3700, entwendete die Diebesbande auf diese Weise, so die Anklage. Von Ichenheim aus sollen sie die Mobiltelefone an einen unbekannten Ort gebracht und weiterverkauft haben.

Der Kopf der Bande habe, so die Anklage, Einblicke in das Computersystem seiner Firma gehabt. Er soll die Stückzahlen so manipuliert haben, dass die verschwundenen Handys nicht auffielen. Auch der Lagerist habe bei der Inventur immer wieder falsche Zahlen angegeben. Die Männer haben so den Logistik-Leiter der Firma, den der Oberstaatsanwalt in seiner Anklage als "gutgläubig" betitelte, in die Irre geführt.

Der Kopf der Bande und sein Schwager haben nach dem Verkauf den Gewinn unter sich aufgeteilt, erläuterte Seifert. Der Transporteur sei für seine Dienste mit einer Pauschale von 500 Euro entlohnt worden. Auch der Lagerist erhielt Bargeld in Höhe von 1000 Euro pro Tat, verlas der Oberstaatsanwalt.

Die vier Diebe waren zum Prozessauftakt jeweils mit einem eigenen Anwalt erschienen. Diese regten an, ein nichtöffentliches Verständigungsgespräch mit dem Richter zu suchen. Zuvor hatte Richter Eckelt der Öffentlichkeit bereits erklärt, dass die Männer sich zum Teil geständig zeigten, es jedoch Unstimmigkeiten in der Anzahl der entwendeten Handys gebe.

Beratungen dauern mehr als vier Stunden

Die Ergebnisse des Gesprächs teilte der Richter im Anschluss von Beratungen mit dem Oberstaatsanwalt, den vier Verteidigern und nach mehrmaliger Rücksprache der Verteidiger mit ihren Mandanten, die mehr als vier Stunden andauerten, der Öffentlichkeit mit.

So sehe der Verständigungsversuch vor, dass die vier Männer nicht hinter Gittern müssen, sondern eine Bewährungsstrafe von eineinhalb bis zwei Jahren erhalten. Tatsächlich könne den Männern, so die bisherige Auffassung des Richters, der Diebstahl zwar nachgewiesen werden, jedoch nicht in allen 16 Fällen und auch nicht in der Masse von 20 000 Handys. Das Geständnis der Männer beschränkte sich entsprechend auf vier Fälle und rund 2300 Handys. Das Verfahren in den anderen zwölf Fällen soll eingestellt werden, so der Verständigungsversuch.

Allerdings müssen die Männer Entschädigung leisten. Der Kopf der Bande sagte, dass er die Verantwortung für den entstandenen Schaden übernehme. Spätestens durch ein einschneidendes Erlebnis in der Untersuchungshaft, als er die blutige Leiche seines Zellennachbarn fand, der Selbstmord begangen hatte, habe für ihn Klarheit geschaffen. Er erklärte sich bereit, eine Entschädigung in Höhe von 300 000 Euro zu zahlen. Die anderen drei Männer, die wie der Kopf der Bande jeweils nicht vorbestraft waren, wollen 150 000 Euro zahlen, um den Schaden zum Teil wiedergutzumachen. Alle Angeklagten ließen über ihre Verteidiger erklären, dass sie die Taten bereuten.

Vorschlag ist noch kein Urteil

Ein endgültiges Urteil ist der Verständigungsvorschlag noch nicht. Jedoch verkürzt sich der Prozess um einige Verhandlungstage. Ursprünglich war für den kommenden Mittwoch, 12. Oktober, die nächste Verhandlung angesetzt. Diese fällt jedoch aus, da nach dem Verständigungsvorschlag nicht mehr so viele Zeugen befragt werden müssen.

Tatsächlich werden nur noch zwei Zeugen geladen: der Sachbearbeiter der Polizei sowie der Prokurist der Kommunikationsfirma, erläuterte Richter Eckelt. Diese werden beim nächsten Termin am Freitag, 28. Oktober, befragt. In einer der kommenden Verhandlungen am Freitag, 4. November oder Mittwoch, 9. November, ist mit einem Urteilsspruch zu rechnen. Sechs Verhandlungstage waren für den spektakulären Prozess eigentlich vorgesehen.