Handwerkskammerpräsident Werner Rottler fordert unter anderem eine Flexibilisierung des Arbeitszeitgesetzes. Foto: Petra Schlitt-Kuhnt

Die Vollversammlung der Handwerkskammer setzte Impulse in bewegten Zeiten.

Sowohl Kammerpräsident Werner Rottler als auch die Vertreterin des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus, Ina von Cube, machten in ihren Eingangsstatements deutlich: Das Land brauche neues Wachstum – und das Handwerk spiele dabei eine Schlüsselrolle.

 

„Bei den Plänen der neuen Bundesregierung liegen Licht und Schatten eng beieinander“, startete Kammerpräsident Werner Rottler in die Sitzung.

Das Handwerk begrüße den geplanten Wohnungsbau-Turbo, die Förderung der beruflichen Bildung und alle Maßnahmen zum Bürokratieabbau.

Doch bei Steuern und Sozialabgaben traue sich offensichtlich niemand, an den großen Stellschrauben zu drehen, bemängelte er.

Fachkräfte weiter ein bestimmen des Thema

Ina von Cube betonte, dass das Land gezielt in den Mittelstand investiere: Projekte zur Digitalisierung, Fachkräftesicherung und Nachhaltigkeit, unter anderem die Initiative „Horizont Handwerk“, würden mit 60 Millionen Euro im Doppelhaushalt 2025/26 unterstützt. Auch habe das Land eine großangelegte Mittelstandskampagne namens „Megastand“ gestartet.

Trotz konjunktureller Abkühlung bleibt das Handwerk ein verlässlicher Arbeitgeber. Das zeigte auch die jüngste Konjunkturumfrage der Kammer: Der Großteil der Betriebe hält an seinem Personal fest. Dennoch sei der Fachkräftebedarf hoch – über 600 unbesetzte Ausbildungsstellen in der Online-Börse der Handwerkskammer, vor allem in den Bereichen Sanitär, Heizung, Klima (SHK) und Elektrotechnik, sprechen eine deutliche Sprache. „Wir wissen, dass unsere Zukunft nur mit gut ausgebildeten Fachkräften zu gestalten ist“, so der Kammerpräsident. Er sprach sich für ein stärkeres Augenmerk auf die berufliche Orientierung und das im Koalitionsvertrag verankerte „Handwerkerjahr“ aus.

Auch eine Flexibilisierung des Arbeitszeitgesetzes forderte er: „Wir brauchen mehr Freiheit, wenn viel zu tun ist – und mehr Ausgleich, wenn es ruhiger wird.“

Neue Chancen für Berufserfahrene ohne Abschluss

Ein wichtiger Tagesordnungspunkt war das neue Berufsvalidierungsgesetz. Menschen mit langjähriger praktischer Erfahrung, aber ohne formalen Berufsabschluss, können ihre Kompetenzen danach offiziell bewerten und bescheinigen lassen. Für ausgewählte Gewerke – darunter SHK, Elektro, Kfz und Schreiner – ist die Handwerkskammer Konstanz künftig mit für das Verfahren zuständig.

Die Vollversammlung beschloss den alljährlichen Beitragsschlüssel 2025 zum Ausbildungsfinanzausgleich – kurz AFA. Mit ihm wird die Überbetriebliche Ausbildung (ÜBA) in den unterschiedlichen Handwerksberufen mitfinanziert – und zwar als Solidarbeitrag von allen Unternehmen eines Gewerks, unabhängig davon, ob sie selbst Nachwuchs ausbilden oder nicht.

Imagekampagne führt in die Gaming-Welt

Kammer-Hauptgeschäftsführer Georg Hiltner stellte darüber hinaus aktuelle Projekte vor. Besonders aufmerksam verfolgt wurde die Vorstellung der neuen Imagekampagne, die junge Zielgruppen dort abholt, wo sie sich aufhalten: in der Gaming-Welt. Im beliebten Videospiel Minecraft wirbt das Handwerk um Auszubildende – kreativ und zeitgemäß. Auch der Innovationspreis „Junges Handwerk“ soll neue Impulse setzen. Gesucht werden Ideen, die ressourcenschonend sind und zur Energiewende beitragen. Ebenfalls im Programm: Die erfolgreiche Weiterbildung zum Nachhaltigkeits- und Klimaschutzmanager in der Bildungsakademie wird fortgeführt.

Wahlen im Fokus: Prüfungsausschuss eingesetzt

Die Vollversammlungsmitglieder beschäftigten sich in der Sitzung mit den eingegangenen Einsprüchen gegen die Rechtsgültigkeit der Kammerwahl 2024. Um eine fundierte Entscheidung zu ermöglichen, beschloss das Gremium die Einsetzung eines Wahlprüfungsausschusses. Dem neu gebildeten Ausschuss gehören von Selbständigenseite Hans-Thomas Volzer (Vorsitz), Salvatore Calabrese sowie als Stellvertreter Daniel Link und Udo Störk an. Von Arbeitnehmerseite wurden Clemens Brütsch als stellvertretender Vorsitzender und Daniel Kahsay (Stellvertreter von Clemens Brütsch) in den Ausschuss gewählt. Damit stelle sich die Handwerkskammer einem transparenten Prüfverfahren, unterstrich Kammer-Justitiar Raimund Kegel.

Zum Abschluss dankte der Kammerpräsident allen Ehrenamtlichen für ihr Engagement und lud zum kommenden Gremientag am 14. Juli in Konstanz ein. Neben dem persönlichen Austausch steht ein besonderes Highlight auf dem Programm: Der Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH) Jörg Dittrich wird als Gastredner erwartet. „Der Tag soll nicht nur informieren – sondern auch inspirieren und verbinden“, so der Kammerpräsident.