Foto: © Kadmy – stock.adobe.com Foto: Schwarzwälder Bote

Arbeit der TU Kaiserslautern vorgestellt

Wohin steuern produzierendes Gewerbe, Einzelhändler und Gastronomie und wie kann die IHK dies positiv beeinflussen? Die Kammer erarbeitete in Zusammenarbeit mit der TU Kaiserslautern ein Papier, das den Status Quo aufzeigt sowie Fazite zieht und Handlungsempfehlungen für die Zukunft aufzeigt.

Schwarzwald-Baar-Kreis. Die IHK-Präsidentin, Birgit Hakenjos-Boyd verdeutlichte: "Der Wirtschaftsstandort Schwarzwald-Baar-Heuberg befindet sich im Transformationsprozess", das sei schon vor der Pandemie so gewesen und sei an unterschiedlichen Stellen zu sehen gewesen. Bei der Automobilbranche seien es verschärfte Emissionswerte, in der Medizin erschwerte Zulassungen. Zölle belasten Lieferketten und Vertrieb zusätzlich.

Orientierung für viele

Von der erarbeiteten "Roadmap" verspricht sie sich unter anderem Folgendes: Die Abgeordneten für Bund und Land erhalten Leitlinien zur Entwicklung der Region und einen Orientierungsrahmen für Entscheidungen.

Die Konjunkturaussichten stellte der stellvertretende IHK-Präsident Hans-Rüdiger Schewe vor. Das Zwischenfazit nach einer Befragung lautet: "Die IHK-Region Schwarzwald-Baar-Heuberg kommt gesamtwirtschaftlich gesehen besser aus der Krise als 2020 gedacht." Diese Einschätzung gelte auch für Bund und Land. Die weitere Erholung sei jedoch auch vom Infektionsgeschehen und vom weiteren Umgang mit dem Virus abhängig.

Positiver Blick nach vorne

In Zahlen bedeute dies, dass vor einem Jahr noch 48 Prozent die Lage als schlecht bewerteten, mittlerweile sind es nur noch elf. Die Geschäftserwartungen haben sich ebenfalls erheblich verbessert. Sahen vor einem Jahr noch 46 Prozent diese als schlecht an, so sind es aktuell nur noch zwölf Prozent. Einige Betriebe könnten laut Schewe das Vor-Corona-Niveau bereits Ende des Jahres wieder erreichen – vorausgesetzt es gibt keine Schließungen. Er schränkt jedoch ein: Nicht zu beziffern seien die wirtschaftlichen Schäden der Pandemie. Viele Sofortprogramme und Finanzhilfen seien ausbezahlt worden. Die Kurzarbeit sei einmal mehr Garant für Stabilität in Krisenzeiten gewesen.

Philipp Hilsenbek, IHK Geschäftsbereichsleiter für Standortpolitik, führte zu dem Strategiepapier aus, dass fünf Säulen vorhanden seien, auf die man aufbaue: innovative Betriebe, guter Branchen mix, hohe Leistungsfähigkeit, hohe Arbeitsplatzdichte und hohes Sicherheitsgefühl mit wenig Straftaten. "Es geht um die Zukunft der Region, es ist ein Industriestandort, der auf dem Weltmarkt arbeitet."

Beauftragt, das Papier zu erarbeiten, war Gabi Troeger-Weiß, Leiterin des Lehrstuhls Regionalentwicklung und Raumordnung TU Kaiserslautern. Sie sieht die Handlungsschwerpunkte in der Digitalisierung, der Technologieführerschaft, der Umwelt und in den Arbeitsmärkten. In diesem Zusammenhang nennt sie fünf Erfolgsfaktoren: intensivere Forschung, Gestaltung des Strukturwandels, Widerstandsfähigkeit der Region nutzen, Akzeptanz des Wandels und konsequente Digitalisierung. "Wir brauchen 5G an jeder Milchkanne."

Akzeptanz für Wandel

Für die Region Schwarzwald-Baar-Heuberg gehe es um die Akzeptanz einer neuen großen Welle des ökonomischen und sozialen Strukturwandels. Dabei müssen zukunftsweisende Branchen wie Medizin und Gesundheit genutzt werden, die in der Region eine gute Mischung mit der hohen Innovationskraft hätten. Und es müssten die positiven weichen Standortfaktoren, wie die niedrige Kriminalität genutzt werden.

Es gelte auch, die klein- und mittelgroße Struktur der Betriebe zu nutzen, die zudem auch eigentümergeführt seien – dies sieht sie als Standortvorteil. Ein weiterer Punkt, der in dem Papier beleuchtet wird, ist das Homeoffice. 308 Unternehmen nahmen an der Befragung Teil. Bei 146 konnte dies nicht eingeführt werden oder man sah die Notwendigkeit nicht, beim Rest wurde Homeoffice eingeführt. Nach der Auffassung von Troeger-Weiß müsse die Digitalisierung vorangetrieben werden, und sie sei Treiber der Transformation, in den Anwendungen für Produktion, Vertrieb, Geschäftsprozesse, Kommunikation, Weiterbildung und Netzwerke. Hier müsse man sich von den hierarchischen Strukturen eher verabschieden. "Man muss Vertrauen haben in die Mitarbeiter, dass die Arbeit auch erledigt wird."

Veränderte Vorzeichen

In der Akzeptanz des demographischen Wandels nannte sie die Work-Life-Balance. Viele wollen gar kein großes Haus mehr, kein eigenes Auto, zudem gebe es ein geändertes Konsumverhalten. Sie plädierte für einen so genannten "Think-Tank", der sich mit der Region auseinandersetzt und gezielt für Schwarzwald-Baar-Heuberg zukunftsweisende Ideen entwickelt. Ein weiterer Punkt bei ihr war die Standortoffensive. Sie brachte eine Rückkehrerkampagne ins Spiel – sprich: dass junge Menschen, die woanders ihr Glück suchten, in ihre Heimat zurückkommen. Sie plädierte für eine gezielte Werbung um diesen Personenkreis.

Hilsenbek brachte auf Nachfrage auch den Handel ins Spiel. Er sah den stationären Einzelhandel und die Gastronomie ganz nah zusammenhängen. Es müssten gemeinsam Projekte entwickelt werden, beide seien Frequenzbringer. Und man müsse auch schauen, die Arbeitskräfte zurück in die Gastronomie zu bringen. Wobei die IHK hier erklärtermaßen auf Anwerben im Ausland setzt.