Gehört Trinkgeld geben noch immer zum guten Ton? Foto: Christin Klose/dpa

Fünf bis zehn Prozent gelten in Deutschland als angemessenes Trinkgeld. Doch wie sieht es damit in der Praxis aus? Unsere Redaktion hat bei Betrieben in Oberndorf nachgefragt.

Bei vielen Deutschen gehört Trinkgeld zu geben, gerade in er Gastronomie und nach einer erfüllten Dienstleistung, zum guten Ton. Laut der stellvertretenden Vorsitzenden der Deutsche-Knigge-Gesellschaft Linda Kaiser gelten fünf bis zehn Prozent des Rechnungsbetrages in Deutschland als angemessenes Trinkgeld. Doch wie sieht es damit in der Praxis aus?

 

Serena Turchet, Mitbetreiberin des Eiscafé Venezia am Obertorplatz in Oberndorf könne sich laut eigener Aussage jedenfalls nicht beschweren. Laut ihr würden die Leute nach wie vor Trinkgeld geben – wenn auch vielleicht nicht mehr ganz so viel, wie noch vor einem Jahr. Wie viel genau variiere jedoch je nach Tag und Rechnungsbetrag.

Kostet ein Kaffee beispielsweise 2,80 Euro, so rundeten viele Leute einfach auf drei Euro auf – ein Trinkgeld von etwa sieben Prozent. Generell seien bei ihnen im Eiscafé zwischen zehn Cent und fünf Euro an Trinkgeld nicht ungewöhnlich. Insgesamt mache dies etwa zwei bis fünf Prozent ihres Gesamtumsatzes aus.

Trinkgeld sollte keine Pflicht sein

Sie merke jedoch auch, dass bei Kollegen, bei denen die Kunden – anders als im Valencia – auch mit Karte zahlen könnten, öfter mal kein Trinkgeld gegeben wird. Trinkgeld zu geben sollte laut Turchet jedoch keine Verpflichtung sein. Es sollte nur gezahlt werden, wenn der Service gut, das Eis lecker und die Mitarbeiter freundlich waren. Es sei eine Möglichkeit, dem Personal zu zeigen, dass sie gut gearbeitet und es sich verdient haben.

Auch bei Natalia Eichmann, Miteigentümerin des VM Permanent-Make-up-Studios in Oberndorf sei es noch üblich, Trinkgeld zu geben. So würden laut ihr von zehn Kunden noch etwa sieben gerne ein bisschen was drauf legen.

Es muss nicht immer gleich Geld sein

Bei einer Behandlung für 100 Euro würden die meisten zwischen zwei und zehn Euro Trinkgeld geben. Bei mehreren Behandlungen, könnten schon einmal 1000 Euro an Rechnungsbetrag und somit auch ein höheres Trinkgeld von etwa 20 bis 30 Euro zusammenkommen.

Ob in bar oder mit Karte, die Leute legten bei ihr im Laden gerne noch ein bisschen was oben drauf oder zeigten sich anderweitig erkenntlich, für die Dienstleistung – etwa in Form von Schokolade. Von der hätten sie dadurch mehr als genug, scherzt Eichmann. Sie ist, wie Turchet, der Meinung, dass Trinkgeld zu geben keine Pflicht sein sollte.

Kein Trinkgeld für schlechten Service

Auch Elga Stroppelli vom Eiscafé Cortina, das im ehemaligen Hotel Post beheimatet ist, sei zufrieden. Solange man freundlich ist, gebe es Trinkgeld – und zwar gar nicht mal so wenig. Der Betrag variiere, je nachdem, ob ein Kunde nur einen Kaffee bestellt, oder sie größere Gruppen bedient. In 99 Prozent der Fälle rundeten ihre Kunden jedoch zumindest ihren Rechnungsbetrag auf.

Auch sie hat keinen Abwärtstrend über die letzten Jahre feststellen können – im Gegenteil. Laut ihr hätten sie im Cortina jedes Jahr mehr Gäste und dadurch auch immer mehr Trinkgeldeinnahmen. Verpflichtend sollte es jedoch nicht sein. Bei schlechtem oder unfreundlichen Service, sei es für sie selbstverständlich, dass es kein Trinkgeld gibt.

Die drei Frauen scheinen zufrieden mit ihren Trinkgeldeinnahmen – auch wenn sie nicht zwingend die, als angemessen geltenden, zehn Prozent erhalten. Einig sind sie sich auch darüber, dass Trinkgeld zu geben, keine Pflicht sei und auch nicht zu einer werden sollte. Kunden sollten zum Ausdruck bringen können, wenn sie mit dem Service zufrieden oder auch unzufrieden waren.