Eva Schaufelberger (links) und Elfriede Heeskens engagieren sich, Bad Liebenzell zur Fairtrade-Stadt zu machen. Foto: Krokauer

Bad Liebenzell möchte eine Fairtrade-Stadt werden – wie schon über 700 andere Kommunen in Deutschland. Diese Bestrebungen werden teilweise kritisch gesehen.

Bad Liebenzell - Bürgermeister Roberto Chiari sowie einige Bürger und Stadträte wollen, dass sich die Stadt an der "Fairtrade-Towns-Kampagne" beteiligt. Dabei sollen Unternehmen beim Kauf bestimmter Produkte, wie zum Beispiel Kaffee, auf deren sozial gerechte Herstellung achten. Die Teilnahme daran ist für Unternehmen, Vereine, Kirchen und Schulen freiwillig.

 

Gerechtere Welt

"Mir ist das eine Herzensangelegenheit", erklärte Chiari in der jüngsten Gemeinderatssitzung. Der Bürgermeister Ekkehard Fauth aus Aidlingen, wo das Konzept schon umgesetzt wird, informierte bei einem Vortrag kürzlich über die Umsetzung. Dadurch werde nicht alles teuerer, erklärte Chiari. Aber jeder, der daran Interesse habe, könne sich an dem Projekt beteiligen. Eine Steuerungsgruppe solle bald ins Leben gerufen werden, in der viele Akteure aus der Stadt beteiligt sind.

"Wir wollen damit unseren Beitrag zu einer gerechteren Welt leisten", meinte Mitinitiatorin Katrin Heeskens (UL). Alle Kirchengemeinden setzten das Konzept schon um. Sie freue sich, dass diese Tätigkeiten nun gebündelt werden können.

Aber nicht alle im Gemeinderat waren von der Idee so angetan wie Heeskens. "Ich sehe die Sache kritischer", meinte Maik Volz (CDU). Fairtrade sei eine gute Sache. Allerdings solle man die Entscheidung über Kauf und Verkauf solcher Produkte den Privatpersonen selbst überlassen. Dies sei nicht Aufgabe der Stadt. Manche Menschen könnten sich diese Produkte einfach nicht leisten. Von den Bürgern hätte ihn über E-Mails und persönliche Gespräche viel Kritik erreicht. Manche befürchteten, dass Unternehmer, die bei dem Projekt nicht mitmachten, dadurch stigmatisiert würden. Auch in seiner Fraktion gingen die Meinungen über die Teilnahme an der Kampagne auseinander.

Keine Pflichtaufgabe

Zudem verwies Volz auf die Haushaltslage der Stadt. In der Sitzungsvorlage stehe, dass die finanziellen Auswirkungen des Projekts nicht abschätzbar seien. Man müsse aber aufs Geld schauen. Bei der Aktion handele es sich nicht um eine Pflichtaufgabe der Kommune. Deshalb sei er dagegen. "Haben wir sonst keine Probleme?", fragte er in die Runde.

Dietmar Lehmann-Schaufelberger (Grüne) meinte, dass Volz keine wirklichen Sachargumente gegen das Projekt vorbringe. Es würde niemand durch die Kampagne geschadet.

Fritz Steininger (UL) wies drauf hin, dass es die Kommune selbst in der Hand habe, wie viel Geld investiert werde. Eine Teilnahme an der Kampagne sei kein Automatismus. Martin Hirschberger (CDU) meinte, dass es nicht an der Stadt liege zu entscheiden, welche Produkte ein Unternehmen verkaufe. Außerdem machte er auf mögliche Mehrkosten für die städtischen Betriebe wie das Kurhaus aufmerksam.

Es handele sich hier um kleine Beträge, erklärte Chiari. "Wir werden dadurch nicht in Armut stürzen", meinte er. Außerdem gebe es im Rathaus seit seinem Amtsantritt nur noch Fairtrade-Kaffee. Das Budget des Rathauses sei dadurch nicht gesprengt worden.

Kriterien für Siegel

"Ich schäme mich für diese Diskussion", meinte Erich Grießhaber (Grüne). Die Stadt müsse eigentlich gar nicht viel machen. Hirschberger meinte, dass sich bloß ein Siegel anzuheften zu wenig sei. Wenn, dann müsse man auch so handeln. "Das ist nicht nur PR", entgegnete Heeskens. Die Kriterien für das Siegel würden alle zwei Jahre unabhängig überprüft, so Chiari.

"Von der CDU war niemand bei der Infoveranstaltung oder beteiligt sich am runden Tisch", stellte Chiari fest. Dort hätten viele Fragen beantwortet werden könne. Ekkehard Häberle (CDU) erkundigte sich danach, was es mit Fairtrade eigentlich genau auf sich habe. "Es wird immer peinlicher", meinte Grießhaber dazu. Thomas Eisinger und Maik Volz (beide CDU) bekräftigten nochmals ihre Angst vor einer möglichen Stigmatisierung von Unternehmern. Sebastian Kopp (UL) erklärte noch, dass man im Kreistag die gleiche Diskussion geführt habe. Der Landkreis sei mittlerweile auch Teil der Kampagne.

Volz beantragte schließlich eine namentliche Abstimmung über die Teilnahme der Stadt an der "Fairtrade-Towns-Kampagne". Er selbst und Franziska Dürr (CDU) waren dagegen. Häberle (CDU) enthielt sich. Alle anderen Stadträte - auch Teile der CDU-Fraktion - stimmten dafür. Am 21. Juni soll nun eine Steuerungsgruppe ins Leben gerufen werden.