Handball: Spiel auf dem Großfeld schon vor dem zweiten Weltkrieg / Erste Meisterschaft wird bereits 1948 gefeiert

Handball hat Tradition in Calw. Wenn die Männer ihre Heimspiele (meist in der Walter-Lindner-Sporthalle) austragen, können sie auf ihre Fans zählen. Dasselbe gilt auch für die Frauen und die Jugend.

Die Geschichte des Handballsports in Calw – damals noch Feldhandball – geht zurück auf die Zeit vor dem zweiten Weltkrieg, allerdings ist von dort nicht mehr viel bekannt. Aus den Überlieferungen jedoch geht hervor, dass es wohl 1927 war, als die damaligen Turner Georg Kolb und Willy "Biber" Sauer das damals noch ziemlich unbekannte Spiel für sich entdeckten und es sportliche Treffs mit Mannschaften unter anderem aus Wildberg, Nagold und Calmbach gab. Absolute Höhepunkte seien aber immer wieder die sportlichen Vergleiche mit den Handballern aus Hirsau gewesen.

Nach den Kriegswirren hatte sich recht schnell eine ganze Reihe an Sportler eingefunden, die gemeinsam Handball gespielt haben. So feierten die Mannschaft des damaligen TV Calw in der Spielrunde 1947/48 den Gewinn der Bezirksmeisterschaft.

Es war keine einfache Zeit. Ein Vereinsleben hatte es über Jahre nicht gegeben, doch es herrschte Aufbruchstimmung. Allerdings hatten, auch was den Sport betrifft, die Besatzungsmächte in Deutschland das Sagen – im Kreis Calw waren es die Franzosen. Das Gouvernement unter Hubert Frenot sowie verschiedene Fachausschüsse haben ihren Teil dazu beigetragen, dass es in Calw nach und nach zu "normalen Verhältnissen" gekommen ist.

Grundstein gelegt

Angefangen hat es mit dem Handball in Calw nach dem Krieg im Jahr 1945, als sich einige junge Männer an der Stammheimer Steige nicht nur mit einem regelmäßigen Treff am Jungscharhüttle treffen wollten, sondern auch am Ballspiel interessiert waren.

Im Jahr darauf wurde dann der Grundstein der Handball-Neuzeit gelegt. Spartenleiter war Karl W. Nuding, den es 1950 aus beruflichen Gründen in Richtung Stuttgart verschlagen hat. In der Handballchronik von Hans Hahn heißt es: Im Mai 1946 war ein Teil ehemaliger Soldaten aus der Kriegsgefangenschaft nach Calw zurückgekehrt. Auf dem Wimberg wurde schon Fußball gespielt, doch waren einige Rückkehrer mit den maßgeblichen Männern dieses Fußballbetriebs nicht einverstanden. So beschlossen Turnvereinsmitglieder auf eigene Faust eine Handballmannschaft zu gründen.

Fußball oder Handball war damals erlaubt, Turnen war von der französischen Besatzungsmacht verboten. So schlossen sich rund 30 Männer der geduldeten Leitung von Otto Bringmann an. Bereits im Juni, also nur einen Monat später, sollte auf dem Fußballplatz auf dem Wimberg das erste Handballspiel der Nachkriegszeit über die Bühne gehen. Gegner war eine Mannschaft aus Ostelsheim. Wenig später trafen sich die beiden sportlichen Kontrahenten zum Rückspiel.

Erste Nachkriegsniederlage

Inzwischen hatte der rührige Fahrtenorganisator Heiner Dippon ein weiteres Spiel organisiert. Das einzige, aber größere Problem: Rottenburg liegt außerhalb des Kreisgebietes und eine Fahrt dorthin musste durch die französische Kommandantur genehmigt werden. Trotz Sonn- und Feiertagsfahrverbot fuhren die Calwer in die Bischofsstadt und bezogen dort ihre erste Nachkriegsniederlage. "Auf die versprochenen Lebensmittelmarken warten die Rottenburger noch heute", heißt es in der Überlieferung von Hans Hahn.

Pech für die Calwer: Der französischen Kommandantur war "die wilde Fahrt" nicht verborgen geblieben, und als obendrein bekannt wurde, dass von den elf Spielern der Calwer gleich sieben zuvor bei der deutschen Wehrmacht als Offiziere gedient hatten, war Schluss mit Lustig. Die Militärregierung in Tübingen untersagte den Calwern das Handballspiel.

Das Verbot hielt jedoch nicht lange. Günther Höhnle wurde von Lehrer Bräuding im Auftrag der Militärregierung verpflichtet, den Handballsport zu aktivieren. Vom Gouvernement wurden die Spiele der Calwer genehmigt. "Auch der Lastwagen zum Transport wurde zugeteilt", heißt es in einer Überlieferung.

Das Endspiel um die Bezirksmeisterschaft im Großfeld am 18. Juni 1948 zwischen den Mannschaften aus Calw und Altensteig war ein Sportereignis, das Fans und Spieler noch lange in Erinnerung behalten sollten. Rund 2000 Zuschauer waren bei dem Spiel vor Ort. Die Altensteiger waren mit sieben Fahrzeugen (Bus und LKW) angereist. Das Spiel endete 11:8 für das Gastgeberteam aus Calw.

Auch wenn vieles anders war, eine Art VIP-Lounge kannte man damals schon. Allerdings waren es damals keine Sportfunktionäre, die sich die Ehre gaben, es war Militärgouverneur Boulanger, für den ein Sessel bereitgestellt wurde, auf dem er es sich bequem machen und das Spiel verfolgen konnte.

Gastspiel in Baden

Bei dem bereits erwähnten Günther Höhnle waren die Fäden der Organisation zusammengelaufen. Er hatte unter anderem dafür zu sorgen, dass Schiedsrichter vor Ort waren. Diese mussten nicht nur, was die Regeln angeht, fit sein, sie mussten vor allem entnazifiziert sein, so die Vorgaben der französischen Besatzungsmacht. Einem einjährigen Gastspiel in der Saison 1951/52 im Badischen Handballverband mit Spielen gegen Pforzheimer Vereine kehrte der TV Calw nach Württemberg zurück und holte sich 1954 die Kreismeisterschaft im Großfeld. Ein weiterer Höhepunkt sollte 1959, also fünf Jahre später folgen.

Ungekrönte Könige

Im Schlagerspiel der Saison landete der TV Calw im Kampf um den Aufstiegs in die Bezirksklasse einen 15:9-Sieg gegen den TSV Hirsau. Die Begegnung der beiden Lokalrivalen hatte rund 700 Zuschauer in den Bann gezogen. Dem Abstieg in die Kreisklasse folgte 1962 der Gewinn der Meisterschaft. Weitere Titelgewinne konnten 1969, 1972 und 1975 gefeiert werden. Die letzten großen Erfolge auf dem Großfeld feierte der TSV Calw (neue Vereinsbezeichnung nach Zusammenschluss mit den Leichtathleten des TSV Alzenberg im Jahr 1968) 1992 mit Platz zwei bei der württembergischen Meisterschaft und ein Jahr später 1993 mit dem Titelgewinn. Die Calwer Handballer waren die ungekrönten Könige auf dem Großfeld in Württemberg. Zu dieser Zeit hatte sich der TSV Calw längst auch in der Halle etabliert.