Die württembergischen Bundesligisten Frisch auf Göppingen und TVB Stuttgart haben auf der Schlüsselposition Handlungsbedarf gesehen, sich entsprechend verstärkt – und die Neuzugänge beim Esslinger Marktplatzturnier erstmals ernsthaft getestet.

Esslingen - Esslingen - Pascal Morgant (41) kam schon früh in Esslingen an. Der Trainer war mit seinen Bundesliga-Handballerinnen vom TV Nellingen erst nach dem Männer-Turnier an der Reihe. Also schaute sich der ehemalige Kreisläufer beim Marktplatzturnier entspannt das Derby Frisch Auf Göppingen gegen TVB Stuttgart (25:22) an. Morgant beobachtete wie sich am Kreis Göppingens Neuzugang Kresimir Kozina mit Stuttgarts Neuzugang Manuel Späth erbitterte Duelle lieferte. Irgendwann entfuhr es Morgant: „Also Kreisläufer wie ich es einer war, sind ausgestorben.“

Moderner Gladiatorensport

Nun ist es keine neue Erkenntnis, dass knapp über 1,80 m große Spieler wie Morgant oder der Kapitän der deutschen Weltmeister-Mannschaft von 1978, Horst Spengler, heutzutage am Wurfkreis kaum mehr vorstellbar sind. Handball ist ein moderner Gladiatorensport, die Körper der Profis fungieren als Waffen im Kampf um entscheidende Zentimeter am Kreis. Doch die Wertigkeit der Spieler auf dieser Position wird immer höher. „Für mich ist der Kreisläufer der wichtigste Angreifer, weil bei Würfen aus der zentralen Nahdistanz die Erfolgswahrscheinlichkeit für ein Tor am höchsten ist“, sagt der ehemalige Bundesligatrainer Rolf Brack.

Frisch Auf hat für die neue Saison deshalb gleich beide Kreisläufer ausgewechselt. Für Manuel Späth und Niklas Barud kamen Kozina (Füchse Berlin) und Jacob Bagersted (SC Magdeburg). „Wir versprechen uns deutliche Impulse von beiden“, sagt Trainer Magnus Andersson. Zur Ehrenrettung des Duos Späth/Barud muss erwähnt werden, dass die Spielweise von Frisch Auf bisher nicht besonders auf den Kreis ausgerichtet war. Die Rückraumspieler sind wurforientiert oder bevorzugen Eins-gegen-Eins-Situationen. Vom neuen Spielmacher Allan Damgaard verspricht sich Andersson deshalb vor allem, dass er die Kreisläufer besser in Szene setzt. Die körperlichen Voraussetzungen bringen Kozina und Bagersted jedenfalls mit. Beide sind etwa 1,95 m groß und bringen 110 Kilo auf die Waage. Sie schaffen nicht nur Räume und stellen Sperrren im Angriff, sie werfen sich auch im Abwehr-Innenblock mit großer Wucht auf die Gegner. Sie sind Kraftwerke, die auf Volldampf touren, ähnlich gebaut wie die deutschen Top-Kreisläufer Patrick Wiencek und Jannik Kohlbacher.

Für Kozina holten die Füchse Schmidt

Warum die Berliner , die das Marktplatzturnier gewannen, Kozina nach Göppingen ziehen ließen? Die Antwort hängt mit der Philosophie von Füchse-Chef Bob Hanning zusammen, verstärkt auf deutsche Spieler zu setzen: für Kozina kam Nationalspieler Erik Schmidt aus Hannover.

TVB setzt auf Späth für Coric

Als der TVB Stuttgart erfuhr, dass Frisch Auf keinen gesteigerten Wert mehr auf die Dienste von Manuel Späth legt, schlug der Vorjahres-14. zu und verpflichtete den 31-Jährigen für für den Kroaten Teo Coric. „Wir mussten nicht lange überlegen. Das Gesamtpaket bei Manu stimmt einfach“, sagt Trainer Markus Baur. Im Gegensatz zu Frisch Auf hat der TVB in 2,02-m-Mann Späth und dem zehn Zentimeter kleineren Simon Baumgarten zwei unterschiedliche Kreisläufer-Typen. Und einen genialen Anspieler hat das Team in Mittelmann Michael Schweikardt auch in seinen Reihen. Das zeigte sich in mehreren Szenen beim Marktplatzturnier, bei dem Michael Kraus nach seinem Handbruch noch geschont wurde. „Sein Auge ist für jeden Kreisläufer ein Traum“, sagte Morgant. Und machte sich auf zum Frauen-Spiel seiner Schwaben Hornets.

Splitter vom Marktplatzturnier

Premiere:
Während seiner Zeit als Trainer beim Handball-Bundesligisten Frisch Auf Göppingen hat sich Velimir Petkovic stets hartnäckig gegen eine Teilnahme am Esslinger Marktplatzturnier ausgesprochen. Er befürchtete unter freiem Himmel eine erhöhte Verletzungsgefahr. Mit den Füchsen Berlin musste er nun dabei sein, die Teilnahme stand längst vor seiner Unterschrift in der Hauptstadt fest. Bei seiner Premiere holte Petkovic am Samstag prompt den Reichstadtpokal – und musste ein wenig Abbitte leisten: „Das ist ein top organisiertes Turnier, ein Spektakel für die Zuschauer. Wenn es trocken bleibt, sind die Bedingungen wirklich gut.“ Platz zwei belegte der TBV Lemgo vor Zweitligist SG BBM Bietigheim, Frisch Auf Göppingen, dem TVB Stuttgart und dem Fivers WAT Margareten HC aus Wien.

Verletzung:
Djibril M’Bengue (TVB Stuttgart) bleibt das Pech treu. Der Linkshänder hat sich in der Reha die Kniescheibe gebrochen und fällt nun bis Februar aus.

Verlängerung: Unter den 1500 Zuschauern beim Marktplatzturnier tummelte sich Rolf Brack. Der 63-Jährige entschied sich inzwischen, sein Engagement als Berater des Zweitligisten DJK Rimpar Wölfe auch in der kommenden Saison fortzuführen.

Wechselspiel:
Gesprächsthema in Esslingen war auch ein Spieler, der gar nicht da war: Nationaltorwart Andreas Wolff (THW Kiel) sei auf dem Sprung zu KC Veszprem/Ungarn, wird in der Handballszene gemunkelt. Als Nachfolger werden Mirko Alilovic (KC Veszprem) und Benjamin Buric (HSG Wetzlar) gehandelt.