In der Balinger Arena hat der HBW in dieser Saison bisher jedem Gegner standgehalten – Bilanz: 20:20 Punkte. Foto: Kara

Handball-Zweitligist hat beste Voraussetzungen für Rückkehr ins Oberhaus geschaffen. Im Gespräch mit Wolfgang Strobel.

Die Handballer des HBW Balingen-Weilstetten haben das Jahr 2018 mit fünf Punkten Vorsprung auf einen Nicht-Aufstiegsplatz als Tabellenführer der 2. Liga abgeschlossen und damit beste Voraussetzungen für eine Rückkehr ins Oberhaus geschaffen. Am Donnerstag startet das Team von Trainer Jens Bürkle in die Vorbereitung auf die zweite Saisonhälfte. HBW-Geschäftsführer Wolfgang Strobel schätzt die aktuelle Situation ein und wirft auch einen Blick auf die Handball-Weltmeisterschaft.

Herr Strobel, der HBW steht in der WM-Pause mit 33:7 Punkten an der Spitze der 2. Liga. Hat die Mannschaften damit die Erwartungen übertroffen?

Unser Ziel war, in der Spitzengruppe dabeizusein. Deshalb ist es für mich nicht so entscheidend, ob wir nun Erster, Zweiter oder Dritter sind. Das Wichtigste ist für mich, dass die Mannschaft wieder eine Begeisterung bei den Zuschauern entfacht hat, wie sie gemeinsam gespielt hat und wie sie aufgetreten ist. Dafür gebührt ihr ein großes Lob. Mich macht auch stolz, dass wir wieder eine Heimstärke entwickelt und seit fast einem Jahr alle Spiele in der Sparkassen-Arena gewonnen haben.

Hängen "Begeisterung entfachen", gemeinsam spielen und auftreten nicht vorrangig mit den Erfolgen zusammen?

Das glaube ich nicht. Natürlich ist das einfacher, wenn man erfolgreich ist. Aber wir, die ganz nah an der Mannschaft sind, hatten diesen Eindruck von Beginn an, und der ist auch nach den ersten schlechteren Spielen nie verflogen. Diese Geschlossenheit war in der vergangenen Saison nicht da. Jetzt freut sich ein Spieler auch für einen anderen, der mit ihm auf einer Position in einer Konkurrenzsituation steht. In der Hinsicht, dass die Jungs im Laufe der Runde eine Selbstverständlichkeit und eine Stabilität entwickelt haben, spielen Erfolge aber sicher eine Rolle.

Sie haben den Kader vor der Saison umstrukturiert, haben mehr Wert auf Routine gelegt. Ist das ein Schlüssel?

Ich könnte jetzt sagen, dass wir wussten, dass die Neuzugänge einschlagen. Wie das tatsächlich funktioniert, sieht man aber erst in Stress-Situationen. Klar ist, dass alle ihre Aufgaben erfüllt haben, wobei wir das bei Benjamin Meschke gar nicht einschätzen können, weil er sich schon am dritten Spieltag schwer verletzt hat. Die Entscheidung, mehr Routine in die Mannschaft zu bekommen, war keine grundsätzliche. Unser Fokus lag darauf, das Zentrum mit zwei neuen Kreisläufern und einem Spieler für den Innenblock zu stärken. Dabei ging es uns in erster Linie um die Qualität und nicht um die Erfahrung. Aber dass so noch mehr Ruhe in die Mannschaft gekommen ist, ist ein positiver Nebeneffekt.

Genießen Sie den Blick auf die Tabelle?

Die Konstellation spielt für mich nicht eine solch entscheidende Rolle, wie etwa für die Medien, unsere Fans und unsere Sponsoren. Und sie darf auch keine Rolle für uns spielen. Wir sollten den Fokus auf das richten, was uns bisher ausgezeichnet hat: die konzentrierte, tägliche Arbeit. Die Ergebnisse am Wochenende sind dann die Folge dieser Arbeit.

Wo sehen Sie noch Steigerungspotenzial?

Bei der Geschwindigkeit müssen wir zulegen, egal, ob im Konter- oder im Positionsspiel. Wir haben in der Vorrunde gemerkt, dass die meisten Gegner ins Trudeln gerieten, wenn uns zwei, drei Kontertore in Folge gelungen sind. In der Defensive haben wir sehr, sehr gute Spiele abgeliefert. Es gab aber auch welche, in denen wir unseren Gegnern zu große Räume gelassen haben, weil sich die Jungs zu wenig bewegt haben.

Welche Mannschaft wird Ihr härtester Konkurrent um den Aufstieg sein?

Wir konzentrieren uns auf die nächste Aufgabe. Wir beschäftigen uns als Mannschaft nicht mit dem Thema Aufstieg. Die Spitzengruppe mit dem HSC 2000 Coburg, der HSG Nordhorn-Lingen, dem TuS N-Lübbecke und uns ist sehr ausgeglichen. Für mich ist nur entscheidend, was wir selbst tun. Die Ausstrahlung, die wir bisher an den Tag gelegt haben, bringt uns nach der Winterpause nichts mehr, wenn wir am 10. Februar in Hamburg spielen. Das ist wieder wie ein Rundenstart. Das gute Gefühl muss sich die Mannschaft in der Vorbereitung selbst wieder holen und erarbeiten. Die Basis muss sein, weiter so gut zu arbeiten wie bisher. Dass ich vor jedem Spieltag warne, ist keine Floskel. In dieser Liga gibt es an beinahe jedem Spieltag Überraschungen. Ich hätte etwa nicht erwartet, dass Coburg am letzten Spieltag vor der Pause beim HC Elbflorenz mit 27:35 unterliegt oder der TV Großwallstadt mit 35:26 beim TuS Ferndorf gewinnt.

Welche Rolle spielt die Ungewissheit, ob der HBW kommende Saison weiter in der 2. oder aber in der 1. Liga spielt, für Sie als Geschäftsführer?

Natürlich denken ich momentan zweigleisig. Das gilt sowohl für die Gespräche mit den Sponsoren als auch für die Kaderplanung. Wir wollen die Mannschaft in der aktuellen Form zusammenhalten, und da sehe ich uns auch auf einem guten Weg. Eine Mannschaft, die seit längerer Zeit zusammenspielt, wird noch einmal leistungsfähiger. Die Rückrunde wird zeigen, wo wir eventuell noch etwas tun müssen. Und sollte es für uns nach oben gehen, wird es auch noch punktuelle Veränderungen geben. Aber das ist noch ganz weit weg.

Seit dieser Saison sind sämtliche Zweitliga-Spiele auf der Internet-Plattform sportdeutschland.tv zu sehen. Wie schätzen Sie diese Neuerung ein?

Das ist für die Zweitligisten eine super Gelegenheit, sich zu präsentieren. Ich bin auch super zufrieden mit der Qualität, die wir bei unseren Übertragungen der Heimspiele liefern. Außerdem haben all unsere Fans die Chance, unsere Auswärtsspiele zu verfolgen. Wir sollten es nur noch besser publik machen, dass das eine super Sache ist.

Gehen die Übertragungen nicht auf Kosten einiger Zuschauer vor Ort?

Ich glaube, dass das Gegenteil der Fall ist. Sie steigern die Aufmerksamkeit und sorgen eher dafür, dass die Leute, die einmal ein Spiel im Internet gesehen haben, das Erlebnis auch live in der Halle haben wollen.

Was trauen Sie der deutschen Nationalmannschaft – das erklärte Ziel ist das Halbfinale – bei der Weltmeisterschaft zu?

Zunächst einmal ist es für die Jungs ein Riesenerlebnis die Heim-WM mitzunehmen. Ich hoffe sehr, dass sie in eine Euphorie hineinkommen. Das muss man hoffen, weil sie, was die mannschaftliche Stärke angeht, in meinen Augen nicht zu den Top-Vier zählen. Das primäre Ziel sollte sein, die Menschen schon in der Vorrunde zu begeistern. Und was dann bei einer WM im eigenen Land passieren kann, hat man schon häufig gesehen.

Welchen Part wird Ihr Bruder Martin im Nationalteam spielen?

In den Testspielen war ja zu sehen, welche Rolle er hat. Er soll zu Beginn eines Spiels Struktur in den "Laden" bringen, seine Nebenleute in Szene setzen. In den Tests hatte er mehr Spielanteile, als ich das erwartet hatte. Das zeigt, wie wichtig er für Bundestrainer Christian Prokop ist.

Inwiefern kann ein Klub wie der HBW von der Handball-WM profitieren?

Es geht dabei nicht nur um einzelne Klubs, sondern um den Handball in Deutschland allgemein. Ein starker Auftritt der Nationalmannschaft füllt die Hallen. Wir können das vielleicht ebenfalls positiv nutzen, weil wir mit Martin und Romas Kirveliavicius für Österreich zwei WM-Teilnehmer haben. Nach der Weltmeisterschaft müssen wir dafür Sorge tragen, dass Leute deren Interesse am Handball geweckt wurde, gleich wieder Kontakt zu unserer Sportart aufnehmen können.