Petkovic verlängert in Göppingen – Neuhausens Gaugisch geht noch zur Schule – Kulturschock: Brack lässt die Balinger schuften.
Stuttgart - Frisch Auf Göppingen, TV Neuhausen/Erms, HBW Balingen-Weilstetten – gleich drei württembergische Vereine starten am Wochenende in die neue Saison der Handball-Bundesliga. Zuvor unterschrieb FAG-Trainer Velimir Petkovic noch schnell einen Vertrag bis 2015. Wir geben Ihnen einen Überblick über Team, Trainer und Saisonziel der drei Vereine.
Frisch Auf Göppingen
Frisch Auf Göppingen
Team: Weil dem EHF-Cup-Sieger in der Bundesliga öfter mal die Puste ausging, arbeiteten die Verantwortlichen gezielt an der Verjüngung der Mannschaft. Das ist gelungen. Die Neuzugänge Bojan Beljanski (HC Kriens) und Zarko Markovic (Metalurg Skopje), beide 26, sowie Daniel Fontaine (HG Saarlouis) und Tomas Mrkva (ASV Hamm), beide 23, gelten als Spieler mit Potenzial. Kreisläufer Beljanski soll Manuel Späth entlasten, Linkshänder Markovic den rechten Rückraum beleben. Fünfter „Neuzugang“ aus Sicht von Velimir Petkovic ist Michael Haaß. „Er ist endlich wieder fit“, sagt der Trainer über seinen Spielmacher, der sich im Januar bei der EM das Sprunggelenk brach. Auf Frisch Auf wartet ein schwerer Auftakt. Als einziger Club aus dem württembergischen Trio hat FAG am Sonntag (15.30 Uhr) gegen die Rhein-Neckar Löwen ein Heimspiel, danach geht es gegen Lemgo und nach Berlin. Ein Problem? Nicht für Petkovic: „Mir ist der Gegner egal.“
Trainer: Manager Gerd Hofele hatte angekündigt, den bis 2013 laufenden Vertrag mit Petkovic (56) noch vor dem Saisonstart verlängern zu wollen. Auch das ist gelungen. Am Dienstag unterschrieb der Trainer bis 2015, er wäre dann elf Jahre in Göppingen. Bisher war seine Arbeit erfolgreich, unter anderem gab’s zwei Europapokal-Siege. Ob es so weitergeht? Ehrgeizig genug ist Petkovic. „Mittelfristig“, sagt er, „will ich Frisch Auf in die Champions League führen.“
Saisonziel: Und kurzfristig? Geht es in Göppingen (Etat: 5,0 Millionen Euro) demokratisch zu. In einem Workshop legten Mannschaft, Trainer und Management die Ziele gemeinsam fest: In der Bundesliga soll Platz sechs her, in der Europa-Liga und im DHB-Pokal der Einzug ins Final-Four. „Wir wollen uns in der stärksten Liga der Welt nachhaltig im ersten Drittel etablieren“, sagt Manager Hofele, der sich an die vergangene Saison und den achten Platz nur ungern erinnert: „Wir haben noch Luft nach oben.“
Prognose: Frisch Auf hat hohe, aber keine völlig unrealistischen Ziele. Sind die Neuzugänge Treffer, ist eine gute Saison möglich.
TV Neuhausen/Erms
TV Neuhausen/ErmsTeam: Die Aufstiegshelden sind weitestgehend zusammengeblieben. Einzig der Abgang von Kreisläufer Julius Emrich zu Kadetten Schaffhausen (Schweiz) schmerzt. Für ihn kam Alexander Becker (TSG Friesenheim), zudem wechselten Rückraumspieler Philipp Seitle (SC DHfK Leipzig), Linksaußen Klaus Schuldt und Rechtsaußen Philipp Keinath (beide HBW Balingen-Weilstetten II) zum TVN. „Bei Becker und Seitle, die beide zentrale Rollen spielen, ist die sportliche Integration noch nicht abgeschlossen“, sagt Trainer Markus Gaugisch. Das war auch in der Vorbereitung immer wieder zu sehen: Gegen keinen Erstliga-Konkurrenten siegte Neuhausen. „Wir waren meistens nah dran, aber davon kann man sich in der Runde dann auch nichts kaufen“, sagt Gaugisch, „allerdings haben wir viel Potenzial, das wir noch nicht ausgeschöpft haben. Das lässt mich ruhig schlafen“
Trainer: Markus Gaugisch (38) ist im vierten Jahr Coach beim TVN. Er hat die Arbeit des früheren Landestrainers Kurt Reusch erfolgreich fortgeführt und das Team behutsam weiterentwickelt. Trotz des Aufstiegs arbeitet der Deutsch- und Sportlehrer weiter mit einem reduzierten Lehrauftrag (13 Unterrichtsstunden pro Woche) am Dußlinger Höhnisch-Gymnasium, für die Vormittagseinheiten wurde Axel Kromer (zuvor SG H2Ku Herrenberg) verpflichtet. „Mit ihm haben wir einen super Mann gewonnen, er wird die Spieler individuell weiterbringen“, sagt Gaugisch, der mit Kromer mehrere Jahre beim VfL Pfullingen zusammenspielte.
Saisonziel: Mit 800 000 Euro ist der Neuling mit Abstand Letzter in der Etat-Tabelle der Bundesliga. Genau deshalb sagt Gaugisch: „Wenn wir in der Liga bleiben könnten, wäre das eine noch größere Sensation als der Aufstieg.“ Sein Team hat nichts zu verlieren, ist in jedem Spiel krasser Außenseiter. Das weiß auch der Trainer: „Aber damit gehe ich ganz entspannt um, wir wollen uns in diesem Jahr einfach handballerisch und strukturell weiterentwickeln.“ Ein erster Schritt ist der Umzug in die Tübinger Paul-Horn-Arena. „In der Hofbühlhalle waren wir strukturell am Ende der Fahnenstange angelangt“, sagt Gaugisch, „und in Tübingen können uns unsere Fans genauso nach vorne peitschen.“
Prognose: Beim TVN muss alles passen, um eine Chance auf den Ligaverbleib zu haben.
HBW Balingen-Weilstetten
HBW Balingen-WeilstettenTeam: Es gab einen großen Umbruch. Sieben Spieler gingen, in Kreisläufer Christoph Theuerkauf, Manuel Liniger (beide TBV Lemgo), Rechtsaußen Florian Billek, Torwart Milos Putera (beide TV Hüttenberg), Rückraumspieler Dragan Tubic und dem erst am Montag verpflichteten Krsto Milosevic (beide Mors Thy Handbold/Dänemark) kamen sechs neue Akteure dazu. „Dieser Wechsel war schon extrem“, sagt Trainer Rolf Brack, „und dann gab es in der Vorbereitung noch weitere Tiefschläge.“ Kapitän Wolfgang Strobel (Knie) und Mario Vuglac (Schulter) verletzten sich schwer, fallen mindestens ein halbes Jahr aus. Aber auch Blessuren anderer Spieler – zum Beispiel die Sprunggelenksprobleme von Nationalspieler Theuerkauf – störten: „Das war nicht optimal.“ Immerhin haben sich Putera, Billek und Tubic als Verstärkungen erwiesen. „Sie haben meine Erwartungen erfüllt“, lobt Brack, der noch umfangreicher trainieren ließ als sonst: „Es war eine der härtesten Vorbereitungen, für Theuerkauf oder Liniger muss es ein Kulturschock gewesen sein.“ Trainer: Rolf Brack (58) geht beim HBW in seine neunte Saison. Die erstmals fehlende Kontinuität im Kader stellt den Sportwissenschaftler aus Scharnhausen vor eine neue Herausforderung: „Bis auf Frank Ettwein sind alle zentralen Leute unserer 3-2-1-Abwehr weg, und die Deckung war bisher unser Erfolgsfaktor Nummer eins.“ In der Vorbereitung lag der Fokus daher auf der Verteidigungsarbeit, doch ausgereift ist derzeit weder die 3-2-1- noch die 5-1-Formation. „Ich plane mit zwei verschiedenen Systemen und könnte mir dabei einen ganzen Blockwechsel wie im Eishockey vorstellen, um den Gegner immer wieder vor eine neue Aufgabe zu stellen“, erklärt Brack, der es mit innovativen Ideen immer wieder schafft, das Maximum aus seinen Teams herauszukitzeln. Saisonziel: Der HBW (geschätzter Etat: 2,5 Millionen Euro) gehört für viele Experten trotz der gestandenen Neuzugänge erneut zum Kreis der Abstiegskandidaten. Auch Brack sagt: „Wenn ich sehe, wie spektakulär sich die Mannschaften um uns herum verstärkt haben, gibt es für uns nur ein Ziel – so schnell wie möglich die Klasse sichern.“ Prognose: Der HBW muss lange zittern, schafft aber den Klassenverbleib – auch weil er große Erfahrung im Abstiegskampf hat.