Verschiedene Händler bemerken bereits wieder einen Trend zu vereinzelten Hamsterkäufen und möchten daher Entwarnung geben. Der Warennachschub bleibe stets gewährleistet. Foto: dpa

Einzelhandel steht vor Herausforderungen. Für Hamsterkäufe gebe es keinen Grund.

Region - Es wirkt besorgniserregend. Kaum ist die Nachricht der geschlossenen Schulen und Kindergärten öffentlich, prägen wieder einmal komplett leere Regale das Bild in vielen Supermärkten.

Rewe scheint die Krise gelassen zu meistern. "Wir haben gut reagiert", freute sich Alexandra Frankenbach vom "Rewe" in Oberndorf vor gut einer Woche. Als sie von den ersten Verdachtsfällen in Oberndorf gehört habe, da habe sie sofort alles nachbestellt, was für gewöhnlich schnell vergriffen ist. Daher macht sich die hohe Nachfrage hier für den Kunden kaum bemerkbar. In Rottweil kämpft Rewe derweil gegen Schließungs-Gerüchte an.

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"Unsere Mitarbeiter in den Märkten, den Logistikzentren und den Zentralen machen bundesweit einen extrem guten Job", bestätigt Rewe-Sprecherin Kristina Schütz. "Es gab sowohl im stationären Handel als auch beim Rewe Lieferservice trotz der hohen Nachfrage nach lang haltbaren Lebensmitteln, Konserven und Drogerieartikeln keine Engpässe, die Frequenz der Belieferung der Rewe und Penny Märkte haben wir entsprechend erhöht", erklärt sie. Die Warenversorgung sei hier unverändert stabil.

Bei Edeka und Aldi bleibt geöffnet

Auch die Verantwortlichen von Edeka verfolgen die aktuellen Entwicklungen intensiv und stehen im Austausch mit den Gesundheitsbehörden, wie Sprecherin Isabell Schönhuth erklärt. "Seit dem letzten Wochenende im Februar gibt es eine erhöhte Nachfrage im Bereich Grundnahrungsmittel. Eine ausreichende Warenversorgung unserer Märkte ist aktuell auch weiterhin sichergestellt", sagt sie. Versorgungsengpässe gebe es im Moment lediglich im Bereich Desinfektionsmittel.

Bei Aldi Süd bleiben alle rund 1930 Filialen weiterhin geöffnet. "Wir setzen alles daran, in jeder Filiale die Verfügbarkeit der Waren zu gewährleisten", versichert Sprecherin Nastaran Amirhaji. "Bei einigen Standartartikeln kann es zu erhöhter Nachfrage kommen, sodass wir kurzfristig ausverkauft sind. Unsere Kunden rufen wir zur Solidarität untereinander auf." Für „Hamsterkäufe“ gebe es keinen Anlass. Die Bestände werden im Rahmen der üblichen Anlieferungen wieder aufgefüllt.

Um die Versorgungssicherheit weiterhin zu gewährleisten und kurzfristig auf eine mögliche Veränderung der Nachfrage eingehen zu können, stehe Aldi Süd im engen Austausch mit Lieferanten und Logistikpartnern. "Dabei prüfen wir auch die aktuelle Sachlage zu jedem einzelnen Artikel", gewährt Amirhaji Einblicke in den Planungsaufwand. "Sollte es dennoch zu vorübergehenden Engpässen kommen, bitten wir bei Kunden um Verständnis."

Lidl will Warenverkehr weiterhin sicherstellen

Lidl beobachte die aktuellen Entwicklungen hinsichtlich des Coronavirus sehr genau, sagt Sprecherin Melanie Pöter. "Unser wichtigstes Ziel ist es, Mitarbeiter und Kunden zu schützen und die Warenverfügbarkeit sicherzustellen. Wir arbeiten Tag und Nacht daran, unsere 3200 Filialen in Deutschland mit Ware zu versorgen." Wenn kurzfristig an der einen oder anderen Stelle nicht jedes Produkt verfügbar sei, dann sei die nächste Lieferung in der Regel schon auf dem Weg.

In einigen Regionen und Filialen verzeichne Lidl deutlich erhöhte Abverkäufe. Besonders Artikel aus dem Trockensortiment, wie beispielsweise Konserven und Nudeln, sowie aus dem Hygienebereich, darunter Toilettenpapier, werden immer noch nachgefragt.

Das Handeln jedes Einzelnen beeinflusst die Gesellschaft

Die Hamsterkäufe stellen den Einzelhandel sichtlich vor Herausforderungen. Dennoch entstehen die Engpässe nicht durch das Virus, sie werden durch die Bevölkerung geschaffen. Während die einen sich auf zwei Packungen Toilettenpapier mehr als sonst beschränken, was reichen sollte, um sich für einige Wochen zu versorgen, kaufen andere die Regale komplett leer.

Den Grund für die überzogenen Hamsterkäufe kennt der Rottweiler Arzt Uwe Glatz. Berufsbegleitend absolviert er ein Studium in Psychologie. "In der aktuellen Corona-Krise ist noch vieles unklar. Die Sorge um die eigene Gesundheit und das Wohlergehen der eigenen Familie stehen ganz plötzlich im Vordergrund", erklärt er in einem Interview auf seiner Homepage. "Da Covid-19 tödlich sein kann, kommt eine existentielle Angst hinzu. Ich selbst oder meine Angehörigen, die ich liebe, könnten an dieser Erkrankung sterben." Und genau das führe zu Hamsterkäufen und Panikreaktionen.

"Durch die bestehende Ungewissheit und die existentielle Sorge wird der Überlebensinstinkt aktiviert. Wir sind uns plötzlich selbst am Nächsten. Wir handeln irrational und egoistisch, wenn wir uns von der Angst leiten lassen. Rücksichtlosigkeit und Egoismus werden durch Angst getriggert. Wir denken nur noch an uns. Das Fatale daran ist, dass wir als Gemeinschaft viel stärker sind." Weiter erklärt er, dass sich das Handeln von Individuen auf deren Umfeld übertrage. Das rücksichtsvolle, bedachte Verhalten jedes Einzelnen könne also dazu beitragen, die Panik der Gesellschaft einzudämmen.