Künstler Wolfgang Muhl inmitten einer Krippenszene im Heimatmuseum Beihingen. Foto: Ließmann

Der Künstler aus Beihingen fertigt lebensgroße Figuren mit der Motorsäge.

Haiterbach-Beihingen - Er bringt Weihnachten groß raus: Wolfgang Muhl aus Beihingen fertigt Krippen mit lebensgroßen Figuren."Angefangen hat alles mit einem Eichhörnle", sagt Wolfgang Muhl schmunzelnd. Seine Augen strahlen dabei eine Liebe aus, die schnell erklärt ist, wenn man seinen weiteren Ausführungen folgt. Denn seine Tochter hat rötliche Haare und war seit jeher sein kleines "Eichhörnle". Als dann seine Frau vor sechs Jahren an einer Umschulungsmaßnahme in Schömberg teilnahm und seine Kinder ausgezogen waren, um zu studieren, versuchte sich der Beihinger aus Jux und Dollerei an einem Baumstumpf, den er mit seiner Kettensäge zu einem Eichhörnchen werden ließ.

Freilich hat er sich damals nicht einfach kurzerhand eine Kettensäge gekauft und dann mal eben losgelegt. Vielmehr ist er bereits seit 40 Jahren mit der Kettensäge zu Gange. Und das, obwohl er doch eigentlich von Beruf Postbote ist und gerade jetzt, in der Weihnachtszeit, unglaublich viel zu tun hat. Das vermutlich damals schon ein Virtuose der Kettensäge in ihm schlummerte, ist vielmehr seiner früheren Nebenbeschäftigung in einem Sägewerk zu verdanken.

Seine Nachbarin jedenfalls war sofort überzeugt von seinem Talent und verliebte sich augenblicklich in das neckische Eichhörnle. Wie sonst wären ihre damaligen Worte zu erklären? Denn sie feixte: "Wenn des morgen noch in deinem Garten isch, isches weg. Dann steht’s bei mir im Garten."

Muhl lacht, als er von den Anfängen seiner Künstlerlaufbahn berichtet. Seine Kinder, er hat einen Sohn und eine Tochter, fanden sein neues, Kunst schaffendes Hobby klasse und deshalb unterstützen sie ihren Vater gleich zu Beginn seines Wirkens mit einem Gutschein für Spezialwerkzeug und den Worten: "Also, wenn Du schon so etwas machst, dann gleich richtig!" Folglich zog der Endfünfziger voller Tatendrang los und besorgte sich so Allerlei. Denn zum Figurensägen braucht es verschiedene Aufsätze für die Kettensäge, aber auch Schleifscheiben sind von Nöten und ferner etwas Holzgrundierung zum Bemalen der Werke. Derart ausgerüstet, machte er sich hochmotiviert ans Werk und verfeinerte seine Fertigkeit im Figurenschnitzen mit der Kettensäge zusehends. Dies tut er übrigens stets im Freien, und manch Kunstwerk ziert mittlerweile seinen Garten, ja selbst der Gartenzaun an sich ist ein Kunstgegenstand.

Zudem sägt er für sein Leben gern kleinere, schelmische Figuren, wie einen frech dreinblickenden Frosch oder eine lustige Giraffe, mit denen er Kindern gerne eine Freude bereitet. "Kinder haben einen Sonderstatus bei mir", offenbart er. "Wenn die Kindergartenkinder bei einem Spaziergang an meinem Haus vorbeikommen und die Kleinen voller Neugierde und Freude meine Figuren betrachten, hat die Erzieherin echt zu tun, die Kleinen zum Weitergehen zu bewegen." Da lacht Muhl auf; vermutlich hat er jene beschriebene Szenerie vor Augen.

Gar manches Mal finden seine Kunstwerke jedoch eine neue Heimat und verbleiben nicht im heimischen Garten. Außerdem gestaltet der schöpferische Beihinger Figuren auf Bestellung. Selbstverständlich wirft Muhl dann erst einmal einen prüfenden Blick auf die Vorlage und entscheidet in einem Gespräch mit seinen Auftraggebern, was machbar ist und was nicht. Der eine oder andere bringt sogar sein eigenes Holz mit und so kam es, dass der Sägekünstler beispielsweise ein lebensgroßes, springendes Pferd geschaffen hat.

In diesem Jahr kamen seine ebenfalls lebensgroßen, weihnachtlichen Krippenfiguren hinzu, zu deren Entstehung ihn Heinz Urbschat, Vorsitzender des Beihinger Museumsvereins, schon seit einigen Jahren motivierte. Da es unglaublich spannend ist, mit anzusehen, wie solch eine Gestalt entsteht, wird Muhl immer wieder zum Schausägen auf verschiedene Veranstaltungen eingeladen. Auf diese Weise haben Interessierte die Möglichkeit, dem Holz-Akteur während seines fantasievollen Schaffens über die Schulter zu blicken. Natürlich freut es ihn, wenn seine Sägekunst Beachtung findet. "Doch", stellt der sägende Postbote, der obendrein einen riesigen Gemüsegarten bewirtschaftet, klar, "steht man durch feste Termine unter einem gewissen zeitlichen Druck." Seine Leidenschaft für das künstlerische Sägen soll aber entspannen – eben ein geliebtes Hobby sein und bleiben. Nicht umsonst hat sich Wolfgang Muhl für eine Freizeittätigkeit entschieden, die kein Zeitfenster aufweist. So kann er seinem Steckenpferd nachgehen, wann immer ihm danach ist. "Denn das erweckt die Muse in mir und macht meine Seele frei", verrät er schwärmend.