Justitia zeigte Entgegenkommen – wofür sich der 57-jährige Angeklagte ausdrücklich bedankte. Foto: dpa/Steinberg Foto: Schwarzwälder Bote

Verhandlung: Amtsgericht verurteilt 57-jährigen Haiterbacher wegen Betrugs zu Bewährungsstrafe

Haiterbach. Wer Arbeitslosengeld II bezieht und es unterlässt, dem Jobcenter eine bezahlte Nebentätigkeit zu melden, läuft Gefahr angezeigt zu werden. Diese Erfahrung musste ein gelernter Kraftfahrer aus Haiterbach machen. Das Amtsgericht Nagold verurteilte den 57-Jährigen wegen Betrugs zu einer Freiheitsstrafe von zwei Monaten auf Bewährung.

Als ihn die Ehefrau verließ, war der Beschuldigte alleinerziehender Vater von drei Kindern, die unbedingt bei ihm bleiben wollten. Der Angeklagte arbeitete zwei Jahre als Ein-Euro-Jobber und bezog Hartz-IV-Leistungen. Zwei Monate war er als Fahrer eines Nagolder Ladengeschäfts beschäftigt – und "vergaß", das der Arbeitsagentur zu melden. Ein Jahr später erhielt der Familienvater ein Schreiben, in dem er beschuldigt wurde, sich einen "rechtswidrigen Vermögensvorteil" verschafft zu haben.

Das sei nicht seine Absicht gewesen, verteidigte sich der Angeklagte. Durch die Scheidung, Bandscheibenvorfälle, nervliche Anspannungen ("ich bin in therapeutischer Behandlung") habe er nicht gewusst "wo mir der Kopf steht". Eigentlich müsste er den 57-Jährigen zu einer Geldstrafe verurteilen, wandte sich der Richter an Staatsanwältin Emine Gul-Gedik. Wegen der finanziellen Belastungen – allein 650 Euro Miete und monatlich 350 Euro Ratenzahlungen wegen Neuanschaffungen von Möbeln – würde er den Beschuldigten nicht zu einem Bußgeld, sondern lieber zu einer Bewährungsstrafe verurteilen. Für den Angeklagten spreche, dass er ein Geständnis abgelegt und das zu viel erhaltene Geld sofort zurückgezahlt habe, körperlich und nervlich angeschlagen sei, inzwischen aber eine feste Arbeitsstelle gefunden habe. Die Staatsanwältin war mit dem Vorschlag einverstanden, gab allerdings zu bedenken, dass beim Angeklagten 23 Delikte im Strafregister stünden, die aber lange zurücklägen. In ihrem Plädoyer beantragte Emine Gul-Gedik eine Freiheitsstrafe von zwei Monaten, die auf drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt werden könne. So lautete auch das Urteil des Richters. Der Familienvater war damit einverstanden, bedankte sich ausdrücklich für die "faire Behandlung" und dafür, dass man ihm entgegengekommen sei.