Gerhard Gutekunst verlässt nach 18 Jahren den Gemeinderat. Foto: Schwarzwälder-Bote

Mit Kommentar. Gerhard Gutekunst tritt zum Jahresende aus. "Für mich ist eine Grenze überschritten."

Haiterbach - Paukenschlag in der Haiterbacher Lokalpolitik: Der UBL-Fraktionsvorsitzende Gerhard Gutekunst hat am Donnerstag seinen Rückzug aus dem Gemeinderat öffentlich gemacht. Wenngleich berufliche und private Aspekte eine Rolle spielen, begründet er dies auch mit der anhaltend feindlichen Stimmung im Gremium.

Die Entscheidung von Gerhard Gutekunst fiel nicht über Nacht. Im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten bezeichnet der UBL-Fraktionsvorsitzende seinen Rückzug aus dem Haiterbacher Gemeinderat als "extrem gereifte Entscheidung".

Es habe schon länger in ihm gegärt. Damit bezieht er sich auf die vor Monaten erneut aufgeflammten Anfeindungen innerhalb des Gremiums. Die haben für Gutekunsts Entscheidung gewissermaßen die Weichen gestellt.

Die "Bombe geplatzt" sei schließlich Mitte Oktober durch eine Veränderung im beruflichen Bereich. Durch das Aktiensplitting seines Arbeitgebers und die damit verbundene Auslagerung seines Geschäftsbereiches habe er beruflich eine ganz neue Situation, die ihn sehr herausfordere. "Momentan nehme ich diese Herausforderung an und sehe darin durchaus auch eine Chance. Selten hat man im Leben die Möglichkeit, bei der Neugestaltung eines Unternehmen mitwirken zu dürfen." Diese neue Herausforderung sei sicherlich auch mit längeren Abwesenheiten aus Haiterbach verbunden.

Nicht zuletzt deshalb war Gutekunst in den jüngsten Sitzungen entschuldigt – und wird auch in seiner offiziell letzten Sitzung Mitte Dezember nicht anwesend sein. Zum Jahresende scheidet er offiziell aus, was – so hat er schon abgeklärt – formal problemlos möglich sei.

Mehr Raum in der gestern von Gutekunst an Bürgermeister Andreas Hölzlberger versandten E-Mail nimmt die Erklärung zu den kommunalpolitischen Aspekten ein. Darin heißt es: "Die aktuellen Umgangsformen im Gemeinderat entsprechen nicht meinen Vorstellungen. Die Veröffentlichungen und Verlautbarungen der Gemeinderatsfraktion CDU/Freie Wähler sind für mich absolut unakzeptabel. Ich habe lange versucht, durch stetige Kooperationsbereitschaft die Wogen zu glätten. Ich muss feststellen, sämtliche Bemühungen sind gescheitert."

Ausdrücklich lobt Gutekunst die Bemühungen eines Gesprächs der Kernstadtgemeinderäte. Karl Braun (DBH) habe dies gut geleitet.

Jedoch: Der Umgangston sei schlimmer denn je. Während der Metnitzreise habe ihm eine Kärntner Bürgerin folgenden Rat gegeben: Schon König Salamon habe vor 3000 Jahren festgestellt: "Habe keinen Umgang mit einem Hitzkopf. Sie meinte, wenn der Ton nicht passt, dann wird das ganze Werk nichts."

Auch wenn er nicht direkt Ziel der Anfeindungen sei, treffe ihn das, sagt Gutekunst, der seit 1999 für die UBL im Gemeinderat ist und bei der zurückliegenden Kommunalwahl den Fraktionsvorsitz von dem ausgeschiedenen Friedrich Schuler übernahm. "Für mich ist eine Grenze überschritten", sagt Gutekunst.

Darüber hinaus sei ihm durch mehrere Besuche bei einem krebsfranken Freund im Krankenhaus klar geworden, dass es andere und wichtigere Aufgaben in der Gesellschaft gebe. So müsse er zum Schutz seiner Familie und seiner Gesundheit etwas an seiner aktuellen Situation ändern. Der 55-jährige Gutekunst ist verheirateter Vater von vier Söhnen.

Innerhalb der UBL-Fraktion hatte Gutekunst seine Überlegungen schon vor einiger Zeit bekannt gegeben. Er habe sich aber nicht überreden lassen, sich das anderes zu überlegen. So werde Matthias Stöhr als sein Stellvertreter den Fraktionssitz übernehmen.

Es wurde auch viel Positives erreicht

Die Gründe, für die die UBL angegriffen werde, teilt Gutekunst freilich nicht. Es bestehe kein Fraktionszwang. In manchen Fällen betreibe man nur im Vorfeld schon mehr Aufwand bei der Meinungsfindung.

Wenn die jüngsten Auswüchse als negative Erinnerungen der Gemeinderatsarbeit blieben, so gebe es auch viele positive. Dazu zählt der scheidende UBL-Chef die Entwicklung von Baugebieten, die Rathaussanierung und viele nette Begegnungen und Gespräche. Etwas wehmütig denkt er an Zeiten, in denen man fraktionsübegreifend im Technischen Ausschuss gemeinsam an Inhalten gearbeitet habe.

Ein etwas schlechtes Gewissen habe er jetzt nur gegenüber den Bürgern, die ihn als Stimmenkönig ins Gremium gewählt hätten. Er fühle sich aber weiterhin Haiterbach gegenüber verpflichtet. Er schlage gewissermaßen die Tür nicht endgültig zu, sagt Gutekunst.

Mit Bedauern wurde die Entscheidung gestern von Bürgermeister Andreas Hölzlberger aufgenommen. Gutekunst werde dem Gremium fehlen, insbesondere auch in dieser schwierigen Phase. Er sei ein angesehenes Mitglied mit einer hohen Toleranz und ausgleichenden Art. Es sei aber auch aufgrund der beruflichen Veränderung verständlich, dass nicht alles einfach unter einen Hut zu bringen sei.

Wie Gutekunst selbst hofft Hölzlberger, dass nicht zuletzt dadurch ein Ruck durch den Gemeinderat geht.

Kommentar: Ein Weckruf?

Von Markus Katzmaier

Ja, Gerhard Gutekunst hatte auch berufliche Gründe für seinen Rückzug aus dem Gemeinderat. Doch die Zustände und Umgangsformen im Haiterbacher Gremium bewegten den UBL-Fraktionsvorsitzenden schon seit Monaten und waren mit ausschlaggebend für seine Entscheidung. Nun ziehen also schon jene Konsequenzen, die von den anfänglichen Querelen und den inzwischen unhaltbaren Zuständen nicht mal direkt betroffen sind. Entscheidend wird sein, welche Schlussfolgerungen das Gremium daraus zieht. Wird man es als Weckruf verstehen, die Lippenbekenntnisse, miteinander zu reden, ernsthaft anzugehen? Oder werden es einige eher als politischen Sieg verbuchen, wenn der erklärte Gegner UBL durch den Rückzug von Gutekunst Schaden erleidet? Das größte Problem ist, dass es hier keine einmaligen Entgleisungen sind, sondern immer wieder jahrzehntelange Anfeindungen wirken.