Anna Pajdakovic mit ihrem Tutor Gabriel Stängle sowie der Kultusministerin Theresa Schopper. Foto: Kuhnle

Anna Pajdakovic wird für ihren Geschichts-Podcast über den Basketball-Verein KKSV Komušina Haiterbach e.V. mit dem Körber-Preis auf Landesebene ausgezeichnet.

Haiterbach/Nagold - Er ist ein kleines Stück aktiver – und wirklich interessanter – Geschichtsschreibung: Der "History-Talk" der Gymnasiastin Anna Pajdakovic vom Wirtschaftsgymnasium Nagold. Für die herausragende Arbeit wurde ihr jetzt der Körper-Preis des Bundespräsidenten auf Landesebene überreicht.

Zur offiziellen Preisverleihung hatte Baden-Württembergs Kultusministerin Theresa Schopper eigens zum Festakt in den Weißen Saal des Neuen Schlosses nach Stuttgart eingeladen. Corona-bedingt nicht ganz die große Gala wie sonst, berichtet Annas Tutor Gabriel Stängle, der ihre Arbeit mit betreute – aber doch auch mit einem inhaltlichen Frageteil, den Preisträgerin Anna Pajdakovic sehr souverän bewältigt habe. Kein Wunder, denn Pajdakovic gehörte auch bereits 2018/19 zu den Preisträgern des Körber-Preises auf Landesebene, ist also was das angeht quasi schon ein Routinier.

Podcast über das schwäbisch-kroatische Vereinsleben

Insgesamt wurden diesmal 21 Einzelpreisträger auf Landesebene ausgezeichnet, für die es je ein Preisgeld von 500 Euro gab. Alle Preisträger aus den Bundesländern – damit auch Anna Pajdakovic – nehmen nun automatisch auch am Bundesentscheid teil, für den im kommenden Monat die Ergebnisse bekannt gegeben werden. Auf die Gewinner wartet dann unter anderem eine Einladung ins Schloss Bellevue nach Berlin mit einem Besuch beim Bundespräsidenten.

Und die Chancen der Haiterbach/Nagolder Preisträgerin dürften nicht schlecht stehen. Pajdakovic hatte für das diesjährige Wettbewerbs-Thema "Bewegte Zeiten. Sport macht Gesellschaft" eine Arbeit mit dem Titel "Komušina mischt in Haiterbach mit – die Rolle des Sports in der Zuwanderungsgesellschaft einer schwäbischen Kleinstadt" eingereicht. Was sich hinter dem zugegeben etwas sperrigen Titel verbirgt: Ein munterer, selbstproduzierter Podcast – eben ein echter "History-Talk" – der sich dem schwäbisch-kroatischen Vereinsleben in ihrer Heimatstadt Haiterbach widmet.

Ein nicht immer unbelastetes Vereinsleben – denn in dem mittlerweile 50-jährigen Neben- und Miteinander von kroatischen und schwäbischen Freizeit-, Hobby- und semi-professionellen Sportlern gab es auch immer wieder genug Konfliktstoff, wie sich selbst in den Interviews zeigen sollte, die Pajdakovic für ihre Arbeit mit Zeitzeugen führte.

Tutor Stängle wird dabei nicht müde, auch die außerordentliche Fleißarbeit der mittlerweile 17-jährigen Schülerin immer wieder in den höchsten Tönen zu loben, die wirklich jede Quelle zum Thema in akribischer Forschungsarbeit ausgegraben und zu einem großen Teil selbst aus dem Kroatischen ins Deutsche übersetzt hatte.

Was der jungen Forscherin dabei eindrucksvoll – und vor laufenden Mikrofonen - gelingt: Die "integrative Kraft" herauszuarbeiten, die in all den wechselvollen Jahrzehnten die Vereinsarbeit und der Sport in Haiterbach leisten konnte. Oder wie es einer ihrer (kroatischen) Interview-Partner am Ende ausdrückt: "Wir sind alle Haiterbach!"

"Wir sind alle Haiterbach!"

Wobei in dieses besondere Kapitel der Haiterbacher Ortsgeschichte zum Teil mit den Auswirkungen und den Folgen der Jugoslawien-Kriege in den 1990ern auch die größere, europäische Geschichte "mit hineinwirkte" - etwa, wenn erfolgreiche Nachwuchssportler und Hoffnungsträger, die sowohl bei den eigenen Vereinen der kroatischen Landsmannschaft als auch bei den schwäbisch-innerörtlichen Konkurrenz-Vereinen extrem begehrt waren, wegen ihrer Dienstpflicht in der Armee ihrer Heimatländer in den Krieg auf den Balkan ziehen mussten.

Am Ende aber – oder eben: bis heute – waren die örtlichen Vereine, und hier eben aus dem Blickwinkel der Forschungsarbeit von Anna Pajdakovic – besonders der KKSV Komušina Haiterbach e.V., echte Motoren der Integration, und zwar nicht nur der kroatischen Landsmannschaft in ihre neun schwäbische, zweite Heimat. Mittlerweile sei es längst so, dass vor allem die Basketball-Abteiling des "KKK" ("Kroatischer Kultur und Sportverein Komušina Haiterbach e.V."), die in Baden-Württemberg in der höchsten Liga spielt, für eine Integration "in die andere Richtung" steht, wenn etwa schwäbische Nachwuchssportler sich um einen Platz in den Haiterbacher Basketball-Kadern bemühten.

Dabei sei die Auseinandersetzung mit dieser jüngeren deutsch-kroatischen Geschichte im Haiterbacher Vereins-Mikrokosmos sicher auch der ganz eigenen Identitätsfindung der jungen Forscherin Anna Pajdakovic geschuldet, bestätigt Tutor Stängle – schließlich stammt die Familie der Gymnasiastin selbst aus Kroatien, von wo aus ihre Großeltern bereits Anfang der 1970er-Jahre nach Deutschland auswanderten. Wie für so viele lockten damals die guten Beschäftigungsmöglichkeiten "beim Daimler" die Emigranten an den Gäurand, wobei es der Zufall wollte, dass speziell für viele Familien aus dem Ort Komušina im heutigen Bosnien-Herzegowina das Nordschwarzwälder Städtchen Haiterbach der gemeinsame Anlaufpunkt für das Leben im neuen Land wurde.

Daher rechnet Tutor und Historiker Gabriel Stängle auch damit, dass sein Schützling Anna Pajdakovic in einer ihrer nächsten Forschungsarbeiten sich möglicherweise mit einem Schwerpunkt eben auf ihre ganz eigene Familiengeschichte konzentrieren könnte – als vielleicht erfolgreiches Beispiel für so viele Migranten-Biografien der jüngeren Geschichte. Denn als angehende Historikerin mit bereits zwei herausragenden, preisgekrönten Arbeiten ist Anna Pajdakovic ein Aushängeschild ihrer Schule und ihrer Heimatstadt.