Weil er davon überzeugt war, dass ein Jäger in seiner Richtung geschossen hat, machte ein Haigerlocher Landwirt vor fast zwei Jahren eine Anzeige. Am Ende stand er selbst wegen „ fahrlässiger Verdächtigung“ vor dem Amtsgericht Balingen.
Dass der Landwirt im Januar 2023 Angst hatte, hielt die Richterin am Balinger Amtsgericht für nachvollziehbar. Der Mann war auf einem seiner Felder gerade dabei, einen Zaun an einem Bach zu reparieren, als er Schüsse hörte.
Beim Aufblicken entdeckte er in etwa 80 Meter Entfernung durch ein Gebüsch hindurch sieben Männer, die er wegen ihrer Warnwesten für Jäger hielt. Er ging davon aus, dass sie auf die Enten im Bach schossen und damit nicht nur ihn in Gefahr brachten, sondern auch seine drei Kinder, die in der Nähe spielten.
Anzeige beim Polizeiposten Haigerloch
Die brachte er nach Hause und fuhr dann zu einem Parkplatz bei dem betreffenden Gelände, wo er in einer Gruppe von sieben Männern einen Jäger sah, mit dem er unter anderem wegen strittiger Ernteschaden-Entschädigungen sowieso im Streit lag. Für ihn war klar: Dieser Jäger hatte mit seinen Jagdgenossen geschossen.
Er erstattet Anzeige beim Haigerlocher Polizeiposten an. Die Dinge gingen juristisch ihren Gang, am Ende entschied die Staatsanwaltschaft, dass auf Grundlage der Fakten keine Anklage erhoben wird. Das akzeptierte der Landwirt nicht und schaltete einen Anwalt ein. Gegen eine Strafe wegen „fahrlässiger Verdächtigung“ wurde Einspruch erhoben. So landete die Sache vor dem Balinger Amtsgericht.
Betroffener glaubt an Schuss in seine Richtung
Und in dieser Verhandlung wurde das zentrale Problem deutlich: Der Landwirt hatte die Jäger nicht schießen sehen, und schon gar nicht hatte er gesehen, in welche Richtung. In seinen Angaben zu dem Vorfall hatte er aber diesen Anschein erweckt. Aus seiner Sicht mit bestem Gewissen. Er fühlte sich im Recht. Da er selbst Jäger ist, war für ihn die Sache klar: „Ich bin davon ausgegangen, dass die in meine Richtung geschossen haben, wenn sie in meine Richtung gehen“. Und da mit Schrot offensichtlich auf Enten gejagt worden sei, mache das auch Sinn, da er am Bach gestanden habe. Für einen Jäger sei es absolut fahrlässig, irgendwo hin zu schießen, wenn nicht absolut sicher sei, ob da nicht auch eine Person getroffen werden könnte.
Richterin: Verdacht nicht objektiv beweisbar
Eindringlich erklärte die Richterin dem Landwirt, dass sein Eindruck vielleicht nachvollziehbar sei, er aber nicht objektiv wissen könne, was wirklich passiert ist. Trotzdem den Jäger so direkt zu beschuldigen, sei ein Fehler gewesen, der als „fahrlässige Verdächtigung“ strafbar sei. Am Ende zog der Landwirt seine Beschwerde gegen die Strafe zurück.
In ihrem Urteil signalisierte die Richterin aber auch, dass sie hier eine relativ geringe Strafbarkeit sieht. Die ursprüngliche verhängte Geldstrafe gegen den Landwirt wurde von ihr deshalb deutlich herabgesetzt.