Der Historiker Iason Chandrinos (links) und der ehemalige Zwangsarbeiter Nikos Skaltsas haben im Juli die Gedenkstätte Hailfingen-Tailfingen besucht. Skaltsas war im Sommer 1945 aus Haigerloch über Balingen in die Freiheit gelangt. Foto: Johannes Kuhn

Geschichte: Volker Malls neuer Aufsatz befasst sich mit griechischen Zwangsarbeitern im Zollernalbkreis

Seit vielen Jahren befasst sich der Haslacher Volker Mall mit dem Schicksal von Zwangsarbeitern während des Dritten Reichs. In seinem neuesten Aufsatz geht es um Griechen, die nach Kriegsende über Balingen in ihre Heimat zurückkehrten.

Haigerloch/Balingen. Mall ist Schriftführer der Gedenkstätte Hailfingen-Tailfingen. In dem Lager mussten während des Zweiten Weltkriegs ausländische Zwangsarbeiter schuften – beispielsweise, um Start- und Landepisten für Nachtjäger der Luftwaffe zu bauen und instandzuhalten.

Unter diesen Gefangenen waren auch rund 350 aus Griechenland Verschleppte. Sie waren im August 1944 aus dem Konzentrationslager Chaidari bei Athen nach Deutschland gebracht worden.

Einige Griechen mussten im Salzbergwerk Stetten schuften

Einige von ihnen gelangten im März 1945 in das Gebiet des heutigen Zollernalbkreises: Sie wurden in Stetten bei Haigerloch im Salzbergwerk zur Arbeit gezwungen.

Nach dem Einmarsch amerikanischer und französischer Truppen in den Kreisen Hechingen und Balingen Ende April – am 23. April 1945 in Haigerloch – wurden auch die griechischen Zwangsarbeiter befreit. Als "displaced persons" (DPs) gelangten sie bald nach Balingen, wo am 2. Mai die französische Mission für die Repatriierung der DPs gegründet wurde.

Zeitweise hielten sich in der Eyachstadt mehr als 100 Griechen auf. So enthält eine Liste des Griechischen Roten Kreuzes vom 25. Juli 1945 insgesamt 107 Namen griechischer Männer.

"Über das Lager in Balingen ist wenig bekannt", berichtet Mall. Man wisse bislang noch nicht einmal, wo genau die Befreiten untergebracht waren. Vermutlich sei dies in von der französischen Militärverwaltung beschlagnahmten Privathäusern gewesen. Möglicherweise wurden auch Räume der Sichelschule genutzt.

Historiker entdeckt vollständige Liste aller 1040 Deportierter

Auf die "Balinger Griechen" ist der pensionierte Gymnasiallehrer nicht zuletzt durch den inzwischen 92-jährigen Nikos Skaltsas aufmerksam geworden: Jener wurde im Sommer 1944 nach Deutschland verschleppt, musste in Hailfingen Sklavendienste leisten und gelangte nach Kriegsende mit 15 weiteren griechischen Gefangenen nach Balingen.

Von dort aus wollten die jungen Männer nach Frankreich, wurden aber bei Offenburg einquartiert. Erst im August 1945 ging es für sie mit dem Zug nach München und von dort aus mit dem Flugzeug zurück nach Griechenland – in die Freiheit.

Mall hat auch Kontakt zu dem Historiker Iason Chandrinos, der über griechische Zwangsarbeiter im Dritten Reich promoviert hat – dieser entdeckte die vollständige Liste mit allen 1040 Griechen, die im August 1944 deportiert wurden.

Hierzulande werde über die Zwangsarbeit noch immer zu wenig geforscht, findet Mall. Zwar gibt es beim Gedenkstättenverbund Gäu/Neckar/Alb einen Arbeitskreis für das Thema Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene. Aber: "Es ist an der Zeit, dass man da etwas mehr macht."

Einen Beitrag dazu soll sein neuer Aufsatz leisten. Erschienen ist dieser vor kurzem in der neuesten Ausgabe der "Heimatkundlichen Blätter", die die Heimatkundliche Vereinigung Zollernalb in regelmäßigen Abständen herausgibt.