Justiz: Ein Drogenprozess am Hechinger Langericht zeigt, wie solche Geschäfte ablaufen und welche Mittel eingesetzt werden

Es ist einer der Aufsehen erregendsten Drogenprozesse am Landgericht Hechingen. Es geht um Geschäfte mit Marihuana, Heroin, Kokain, Amphetamine und der Partydroge MDMA. Mit einem 24-Jährigen aus Haigerloch wurde jetzt ein erster Beteiligter zur Rechenschaft gezogen.

Haigerloch. Der Mann wurde am gestrigen Montag von der Ersten Strafkammer des Landgerichtes unter dem Vorsitz von Richter Hannes Breucker zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt.

Diese wird der junge Mann nur zum Teil in einer Haftanstalt im herkömmlichen Sinne absitzen. Das Gericht baute ihm nämlich eine goldene Brücke und eröffnete ihm die Chance zur Wiedereingliederung in die Gesellschaft. Der Mann – er sitzt schon seit August 2020 in Haft und betrat den Gerichtssaal mit Fußfesseln – wird nach etwa einem Jahr Haft in eine Entziehungsanstalt geschickt, um von der eigenen Drogenabhängigkeit wegzukommen und so die Chance zu erhalten, in Zukunft ein straffreies Leben zu führen. Ein vom Gericht beauftragter Gutachter hatte ihm Polytoxikomanie bescheinigt – die Abhängigkeit von mehreren Suchtstoffen und damit verbundene psychische Störungen.

Der 24-Jährige war in einige Drogengeschäfte verwickelt. Allein seit Mai 2020 hat er laut Anklage der Staatsanwaltschaft rund elf Kilogramm Marihuana aufgekauft. Bei vielen Transaktionen wanderten fünfstellige Geldbeträge von einer Tasche in die nächste.

Der Ablauf der Geschäfte, diesen Eindruck vermittelte die Verhandlung am Landgericht, erinnert in vielen Dingen an ausgefeilte Kriminalfilme. Übers Darknet wurde Stoff geordert, geliefert wurde er über den Postweg aber zum Teil wohl auch mit Hilfe präparierter Autos. Miteinander kommunizierten zumindest die Drahtzieher über krypto-verschlüsselte Handys, die Chats konnten erst zuletzt von der deutschen Polizei entschlüsselt werden.

Und dann gab es im August 2020 eine Party einer sieben- bis achtköpfigen Clique, bei der der Angeklagte auch dabei war. Dabei starb ein 23-jährigen Mann an den Folgen einer Intoxikation mit Heroin und Kokain. Das hat die Ermittlungen beschleunigt und zur vorläufigen Verhaftung von drei Personen im Alter von 22 bis 24 Jahren geführt.

Familienangehörige des Toten verfolgten die beiden Prozesstage am Landgericht im Zuschauerraum. Die Mutter des Jungen war nicht dabei. Sie sei psychisch nicht in der Lage, dies zu verkraften, erzählten die Verwandten unserer Zeitung. Nach der Beerdigung haben zwei der "Kumpels" an seinem Grab eine Blumenschale als letzten Gruß abgelegt, diese hat die Familie offenbar sofort wieder zurückgegeben.

Dieser Prozess ist allem Anschein nach nur der Auftakt zu weiteren Gerichtsverhandlungen, die vermutlich dieses Jahr noch folgen. Sie sollen Licht in das Geflecht von Drogenhändlern und -konsumenten bringen. Das Urteil am Montag wurde von allen Seiten akzeptiert, auf Rechtsmittel – Revision wäre möglich gewesen – wurde verzichtet.