Das Landgericht Hechingen sprach einen Haigerlocher vom Vorwurf des versuchten Mordes frei – und ordnete die Unterbringung des Mannes in einer psychiatrischen Fachklinik an. Foto: Archiv Foto: Schwarzwälder Bote

Justiz: Landgericht Hechingen spricht Haigerlocher vom Vorwurf des versuchten Mordes frei

Haigerloch. Freispruch, aber kein Freibrief: Obwohl ein 40-jähriger Haigerlocher letzten Sommer mit einem Outdoor-Messer auf die eigene Mutter losgegangen war und sie schwer verletzte, muss er für diese Tat keine Haftstrafe antreten. Wohl aber ordnete das Landgericht Hechingen am Montag die Unterbringung des Mannes in einer psychiatrischen Fachklinik an.

Wann der an paranoider Schizophrenie und Diabetes leidende Mann die Klinik wieder verlassen kann, hängt laut dem Vorsitzenden Richter Hannes Breucker davon ab, wie erfolgreich die Behandlung seiner schweren psychischen Krankheit verläuft.

Ende Juli 2020 hatte sich das Familiendram in Haigerloch ereignet. Die 59-jährige Mutter war von der Arbeit nach Hause gekommen und sah, dass ihr Sohn sein notwendiges Insulin nicht genommen hatte. Sie wollten ihn zunächst selbst und dann mit Hilfe des Bruders des Angeklagten davon überzeugen, die Medikamenteneinnahme fortzusetzen.

Aber alles Zureden blieb fruchtlos, so dass der Bruder schließlich die Polizei rief. Als diese vor dem Haus mit einem Streifenwagen auftauchte, geriet die Situation außer Kontrolle. Der Angeklagte schnappte sich die Mutter, hielt sie im Schwitzkasten, zog ein Messer aus der Hosentasche und stach damit auf die Frau ein.

Nur weil die Frau es schaffte, eine Schutzhaltung einzunehmen, traf der Sohn sie mit dem Messer zwar drei Mal tief im Arm, nicht aber im Oberkörper – sonst hätte sie die Messerattacken möglicherweise nicht überlebt.

Der Bruder setzte den Angreifer mit einem Faustschlag außer Gefecht, so dass er widerstandslos von der Polizei festgenommen werden konnte.

Die von der Hechinger Staatsanwaltschaft erhobene Anklage wegen versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung wurde seit Ende Januar von der ersten großen Strafkammer des Landgerichtes Hechingen verhandelt, wegen des Persönlichkeitsschutzes der Betroffenen allerdings unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Dabei wurden auch Sachverständige für Psychologie und Medizin gehört. Erst zur Urteilsverkündigung am Montag war die Öffentlichkeit wieder zugelassen.

Dabei sprach Richter Hannes Breucker im Namen seiner beider Richterkollegen und zweier Schöffen von den erwähnten Anklagepunkten frei. Der Angeklagte habe aufgrund seiner schweren psychischen Erkrankung im Zustand der Steuerungs- und Schuldunfähigkeit gehandelt. Zudem sei er in seinem bisherigen Leben noch nie straffällig geworden. Das entschuldige aber nicht die Schwere der Tat, betonte Breucker.