Der Israelsonntag erinnert seit dem 16. Jahrhundert an den Gedenktag der Zerstörungen des Jerusalemer Tempels. Foto: Fechter Foto: Schwarzwälder Bote

Kirche: Evangelischer Gottesdienst auf dem Gustav-Spier-Platz in Haigerloch

Haigerloch. Die evangelische Kirchengemeinde Haigerloch hat den Israelsonntag mit einem Gottesdienst auf dem Gustav-Spier-Platz vor der Ehemaligen Synagoge gefeiert. Ein spannungsreicher Ort, so Pfarrer Herbert Würth.

Der Israelsonntag erinnert seit dem 16. Jahrhundert an den Gedenktag der Zerstörungen des Jerusalemer Tempels. Er wird am zehnten Sonntag nach dem Trinitatisfest gefeiert.

Zum einen erinnere er, so Würth, an die Schuld, welche die Gesellschaft und Kirche gegenüber den jüdischen Mitmenschen im Nationalsozialismus auf sich geladen haben, und an die Angst, die Rassismus und Antisemitismus heute wieder bei der jüdischen Bevölkerung auslösen. Zugleich symbolisiere der Israelsonntag die Verbundenheit und die Gemeinsamkeiten zwischen dem jüdischen und dem christlichen Glauben, welche die Differenzen überlagern: "Wir lesen die jüdische Bibel als Christen", betonte der Pfarrer.

In der Predigt bezog sich Würth auf die Wandlung des Apostels Paulus vom überzeugten Pharisäer zum demütigen Christen. Paulus sei von Gott ergriffen worden und habe sein altes Leben als Christenverfolger hinter sich gelassen. Er habe aber erkannt, dass er Gott nie ganz begreifen werde. So gehe es auch den Christen. "Wir wollen am liebsten alles mit den Händen ergreifen und mit dem Verstand begreifen können", so Würth. Die Gnade Gottes könne man jedoch nicht ergreifen, sie sei ein Geschenk wie die Liebe und gebe den Menschen Kraft, mit anderen mitzuleiden und die eigene Stimme gegen Unrecht zu erheben. Die Christen seien aufgerufen, sich gegen Antisemitismus, Rassismus und ideologische Verblendung zu stellen. Nichts sei wichtiger, als die Gerechtigkeit, die von Gott komme. Sie dürfen nie vergessen, dass die Juden weiterhin Söhne und Töchter Gottes seien, betonte der Pfarrer. Und: Jesus war und blieb sein Leben lang Jude.

Karl Gölz und Hans-Paul Möller sangen gemeinsam das Friedenslied "shalom chaverim". Ersterer begleitete den Gemeindegesang am Piano.