Im Hochalter der Haigerlocher Schlosskirche (Dreifaltigkeitskirche) findet sich eine Darstellung der Geburt Christi, die voller religiös-mystischer Zahlen steckt. Foto: Sailer Foto: Schwarzwälder Bote

Religion: Claudia Sailer deutet die Zahlensymbolik hinter eine Geburt-Jesu-Darstellung in der Schlosskirche

Eine szenische Darstellung von Christi Geburt, die nicht nur besonders alt ist, sondern auch voller mystischer Zahlen steckt, befindet sich in der Haigerlocher Schlosskirche (St. Trinitatis). Und zwar inmitten des Hochalters.

Haigerloch. Der komplette um 1600 entstandene Hochaltar der Dreifaltigkeitskirche wird dem Überlinger Bildhauer und Schnitzer Virgilius (Virgil) Moll zugeschrieben. Er zählt zu den wenigen nahezu vollständig erhaltenen Renaissance-Altären Südwestdeutschlands.

Claudia Sailer hat schon öfters bei Kirchenführungen in Haigerloch auf die Bedeutung der Zahlen und Symbolik in prachtvollen barocken Darstellungen hingewiesen. Auch Molls "Krippenszene" hat sie sich gewidmet und deren Zahlensymbolik interpretiert.

Wichtig ist die Zahl Eins, die für die Geburt Jesu Christi steht. Gott wird in der Geburt seines Sohnes eins, mit Maria und Jesus liegt er als Neugeborener auf einem Altartisch, der ihn bereits zu diesem Zeitpunkt als zu opferndes Lamm Gottes auf Ostern kennzeichnet. Maria trägt ein goldenes Gewand – auch als Zeichen für die heilige Erde.

Auch die Zahl Zwei spielt eine Rolle. Jesus ist biblisch gesehen in Bethlehem geboren, Beth weist im Hebräischen hin auf das Haus und die Zahl Zwei, Lehem ist das Brot. Man könnte also sagen: Jesus ist im "Brot-Haus" der Welt geboren. Die biblischen Brottexte klingen hier bereits an.

Die Zahl Fünf wird in den Besonderheiten des Stalls sichtbar: den dieser weist im Hintergrund fünf bogenförmige Fenster auf. Die Zahl Fünf ist wie das Kreuz die Zahl für den Eingang in den biblischen Tempel – oder auch des Eingangs der Menschen ins Heilige. Das Haus der Krippe bildet ein Fünfeck. Die Fünf ist die Zahl der Hoffnung, der Auferstehung, der göttlichen Kraft, der Fruchtbarkeit und Heiligkeit. Das Fünfeck besteht aus einem Quadrat und einem Dreieck, also den Zahlen Vier und Drei. Das Quadrat steht biblisch und im Kirchenbau für die heilige Erde; ein Kirchturm oder älteres Wegkreuz hat immer einen quadratischen Grundriss. Die Drei im Dreieck steht für das Kommen Gottes in die Welt und die Trinität, gefeiert wird dies an Dreikönig, der so genannten Epiphanie.

Die Sieben ist eine der häufigsten biblischen Zahlen. (1+6 oder 3+4). Im Giebel des Fünfecks findet sich ein Kreis, Symbol für den Einen Gott, der Menschen einen und nicht spalten möchte. Genau hier stoßen Minor und Major des Goldenen oder Göttlichen Schnitts von der Gesamthöhe des Hochaltars gemessen, zusammen. Der Goldene Schnitt (1,6) drückt biblisch das richtige Verhältnis von Himmel (Zahl Eins) und himmlischer Schöpfung (Zahl Sechs) aus.

Im Hintergrund der Szene sind zwei Engel sichtbar, ein Engel weist mit seiner linken Hand auf Jesus, seine rechte Hand befindet sich über dem spirituellen Herzen des Engels, als Hinweis auf die "Geburt Gottes im Herzen der Menschen", das innerliche Weihnachtsgeschehen bis heute.

Der knieende Hirte rechts im Vordergrund der Darstellung trägt die Hirtenschaufel und einen Stab überkreuz, als Hinweis auf den kommenden Tod Jesu am Kreuz, aber auch auf sein persönliches Eins-Sein mit Christus in der Mitte des Kreuzes, er blickt das Christuskind hingebungsvoll an. Das Kreuz hat vier Richtungen, wie ein Kompass; in der Mitte findet sich am Kreuz die Eins oder Christus. Dieser Christus hält liebend die Welt zusammen, er umarmt sie.