Ab heute wird am Landgericht Hechingen ein Fall über mutmaßlichen Kindesmissbrauch verhandelt. Foto: SB-Archiv

Missbrauchsvorwürfe: Prozessauftakt. 40-Jährigem werden fast 300 Fälle zur Last gelegt.

Haigerloch - Am Freitag beginnt am Landgericht Hechingen der Prozess gegen einen Mann, der unter Verdacht steht, über Jahre hinweg Minderjährige sexuell missbraucht zu haben.

Doch viel mehr als bisher wird nicht zu erfahren sein. Bei der Verhandlung ist die Öffentlichkeit ausgeschlossen.Als mitten in der trägen Urlaubszeit im vergangenen August die Polizei nach Haigerloch kam und einen Mann türkischer Herkunft festnahm, herrschte sowohl in den türkisch als auch deutsch sprechenden Gemeinschaften der Stadt Fassungslosigkeit.

Denn der Verhaftung lag ein schwerwiegender Verdacht zu Grunde: Der Mann, soll von 1989 über einen Zeitraum von elf Jahren fünf Kinder im damaligen Alter von fünf bis elf Jahren sexuell missbraucht haben. Ein Vergehen ereignete sich anscheinend auch im vergangenen Jahr. Fast 300 Fälle legte man dem Mann zur Last, der seit seiner Festnahme in Untersuchungshaft sitzt. Ins Rollen gekommen war alles nach einer Anzeige. Der Mann hat die gegen ihn erhobenen Anschuldigungen nach seiner Verhaftung bestritten.

Wie halt- und belastbar die Vorwürfe gegen ihn tatsächlich sind, wird den Augen und Ohren der Öffentlichkeit trotz elf angesetzter Verhandlungstage verborgen bleiben. Der Fall wird nämlich nichtöffentlich an der Jugendkammer des Landgerichtes Hechingen verhandelt, dies bestätigen sowohl Landgericht als auch Staatsanwaltschaft Hechingen auf Nachfrage unserer Zeitung. Die Jugendkammer besteht aus einem vorsitzenden Richter, einem Berichterstatter sowie zwei Jugendschöffen.

Der Hintergrund dafür: Der beschuldigte Mann, heute angeblich um die 40 Jahre alt, war zum Zeitpunkt, als er mit den mutmaßlichen Missbräuchen begonnen haben soll, selbst noch nicht volljährig. Dieses Kriterium gibt den Ausschlag dafür, den Fall an der Jugendkammer und somit unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu verhandeln.

Als Nebenfolge bietet diese Nichtöffentlichkeit gewissermaßen auch einen Schutz für die möglichen Opfer, wenn sie als Zeugen vor Gericht geladen werden. Allerdings wäre ein solcher Schutz auch in einem öffentlichen Prozess möglich. Und zwar, indem man während der Zeugenaussagen das Publikum aus dem Gerichtssaal weist.

Beim heutigen Prozessauftakt wird vermutlich das Verlesen der Anklageschrift viel Raum einnehmen. Die nächsten Verhandlungstage sind im März und April angesetzt.