Die Anwesenheit bei Sitzungen war bei der jüngsten Sondersitzung des Haigerlocher Gemeinderates zwar ein Nebenkriegsschauplatz, aber einer, der von vielen Emotionen befeuert wurde. Was zulässig ist und was nicht, regelt die Gemeindeordnung des Landes Baden-Württemberg. Foto: Kost

Wie sieht's mit der Teilnahmepflicht für Gemeinderäte an Sitzungen aus? Eine Erörterung.

Haigerloch - Der Gemeinderat tagt und der eine oder andere Platz am Ratstisch bleibt leer. Etwas was immer wieder vorkommt. Aber welche Regeln gelten für Mandatsträger wie Stadt- oder Ortschaftsräte grundsätzlich? Wann haben sie anwesend zu sein und wann dürfen sie bei Sitzungen auch mal fehlen?

Was geht und was nicht gibt in erster Linie die baden-württembergische Gemeindeordnung vor und zwar in den Paragraphen 15, 16, 17, 34 und 37. Auch Heinz Pflumm, Leiter des Kommunalamtes beim Landratsamt, kann über die geltenden Regeln Auskunft geben.

Abwesenheit sollte vorher mitgeteilt werden

Grundsätzlich ist es so, dass ein Bürger, der als Gemeinde- oder Ortschaftsrat gewählt worden ist, auch die Pflicht hat dieses Amt auszuüben. Dazu zählt die Teilnahme an Sitzungen.

Im Alltag geschieht es jedoch fast zwangsläufig, dass nicht jeder Stadt- oder Ortschaftsrat an jeder Sitzung im Jahr teilnehmen kann. Man wird krank oder ein wichtiger Geschäftstermin kollidiert mit der anberaumten Sitzung. Da darf man durchaus auch mal fehlen. Das geht in Ordnung. Am besten ist es jedoch – sofern die Abwesenheit absehbar ist – dass man dies vorher der Stadt- oder Ortschaftsverwaltung mitteilt.

Es kann natürlich auch passieren, dass ein Gemeinderat bei seiner Rückreise von einem Geschäftstermin einen Unfall erleidet oder als Feuerwehrmann plötzlich zu einem Einsatz muss. Das sind unvorhersehbare Ereignisse und auch in diesen Fällen ist ein Fernbleiben von einer Sitzung akzeptabel. Die Gründe für die Abwesenheit müssen aber immer "wichtig" sein. An einer Sitzung nicht teilnehmen, weil vielleicht just zu diesem Zeitpunkt die deutsche Nationalmannschaft ein Länderspiel hat, das geht nicht.

Zwar legt der Bürgermeister das Datum und die Uhrzeit einer Sitzung fest und ein Mandatsträger muss sich im Prinzip daran halten, ein Schultes wird bei der Terminwahl aber in aller Regel die äußeren Umstände im Blick haben und auf die berufliche Inanspruchnahme seiner Gemeinderäte Rücksicht nehmen. Außerdem, so erklärt Heinz Pflumm weiter, muss ja auch die Öffentlichkeit die Chance haben, an solchen Sitzungen teilnehmen zu können. Deshalb finden sie meistens am Abend statt.

Ärztliches Attest kann eingefordert werden

 Kritisch wird es allerdings wenn jemand untentschuldigt fehlt und das möglicherweise sogar fortwährend. Wie ist so ein Fall zu bewerten? Dann bestehen für eine Verwaltung und den Gemeinderat die Möglichkeit, den Gründen für das Fernbleiben des Gemeinderats X oder der Gemeinderätin Y nachzuforschen. Die betroffene Person muss dazu auf jeden Fall angehört werden. Wenn ein Gemeinderat angibt, beim Sitzungstermin krank gewesen zu sein, reicht das in der Regel völlig aus, weil man ihm ja vertraut. Hätte ein Gremium aber an solchen Aussagen je Zweifel, dann könnte es sogar ein ärztliches Attest einfordern.

Kann der oder die Betroffene für das Fernbleiben von Sitzungen überhaupt keine plausiblen Gründe liefern, dann darf der Gemeinderat die Person ermahnen oder sogar die Verhängung eines Ordnungsgeldes beschließen. Die Gemeindeordnung sieht dafür eine Höchstgrenze von 1000 Euro vor.

Zum Rücktritt wegen der etwaigen Vernachlässigung von Amtspflichten können aber weder Bürgermeister noch Gemeinderat oder gar einzelne Fraktionen einen Mandatsträger zwingen. Die Entscheidung zum Amtsverzicht kann nur der Betroffene selbst treffen, wie auch Heinz Pflumm betont. Hier helfen möglicherweise nur persönliche Gespräche und die Einsicht des Betroffenen, sollte der Fall bestehen, dass jemand sein Mandat nicht so ausübt, wie es sein sollte.

Und selbst für einen Rücktritt oder, präzise gesagt, die "Ablehnung ehrenamtlicher Tätigkeit" müssen Bedingungen erfüllt sein. Sie sind im Paragraphen 16 zu finden und dazu zählen zum Beispiel eine anhaltende Krankheit, eine lang andauernde berufliche Abwesenheit von der Gemeinde oder wenn die Ausübung der ehrenamtlichen Tätigkeit die Fürsorge für die Familie erheblich behindert.

u Und wie sieht es aus, wenn eine Gemeinderatssitzung bis 23 Uhr oder länger dauert und ein Gemeinderat oder Gemeinderätin die Sitzung vorzeitig verlässt? Das ist erlaubt – wenn es einen wichtigen Grund dafür gibt oder etwas Unerwartetes passiert (siehe Beispiel Feuerwehreinsatz). Am besten ist es aber auch in dieser Situation, er oder sie kündigt den früheren Aufbruch vorher an. Einfach so gehen, weil man keine Lust mehr auf weitere zwei Stunden politische Debatte hat, das geht nicht.

Denn in diesem Fall hat ein Mandatsträger andere Möglichkeiten, eine lange Sitzung abzukürzen. Er kann einen Antrag zur Geschäftsordnung stellen mit dem Wunsch, diese und jene Punkte nicht mehr zu beraten und von der Tagesordnung zu nehmen – sofern der Antrag eine Mehrheit im Gremium findet.

u Und wie sieht es letztlich aus, wenn bei einer Gemeinderatssitzung eine ganze Fraktion fehlt und damit ein Gremium beschlussunfähig wird? Ist nicht zu beanstanden, vorausgesetzt jeder einzelne Gemeinderat hat sich vorher mit einer zulässigen Begründung entschuldigt. Sollte aber ein ganzes Gremium fortwährend durch Abwesenheit einen Gemeinderat beschlussunfähig machen wollen, dann wäre das ein Fall, den auch das Kommunalamt genauer unter die Lupe nehmen würde. Etwas, was in der Praxis aber selbst Heinz Pflumm noch nicht untergekommen ist.