Die kleine Orgel in der Trillfinger Wendelinskapelle gilt unter Experten als echte Rarität. Organist und Chorleiter Karl Müller spielt gerne auf ihr, auch wenn der Zustand des Instruments nicht mehr der allerbeste ist. Fotos: Lenski Foto: Schwarzwälder Bote

Musikgeschichte: In der Trillfinger Wendelinskapelle steht eine der ältesten noch spielbaren Orgeln des Landes

Ostern, die Zeit der festlichen Messen und natürlichen auch der Orgelmusik. In der Trillfinger Wendelinskapelle steht ein ganz besondere Orgel. Sie dürfe etwa 300 Jahre alt sein und ist eine echte Rarität.

Haigerloch-Trillfingen. Die Leidenschaft steht dem Organisten und Kirchenchordirigenten Karl Müller ins Gesicht geschrieben, als er in die Tasten der kleinen Orgel greift und sämtliche Register zieht. Der Orgelwind trägt Melodien von Bach und Händel durch ihre alten Pfeifen und verwandelt Organisten-Begeisterung in Töne.

Die 1764 erbaute Wendelinskapelle am höchsten Punkt von Trillfingen beherbergt den kleinen Schatz. Die Orgel in der Kapelle gilt als eine der ältesten noch spielbaren Orgeln des Landes. Ob die kleine einmanualige Orgel mit angehängtem Pedal und sechs Registern für unterschiedliche Klangfarben der Töne eigens für die Wendelinskapelle gebaut wurde oder – was eher zu vermuten ist – ob sie aus der älteren Vorgängerkapelle an dieser Stelle stammt, ist nicht eindeutig zu klären. Tatsache ist, dass sich das kleine Orgelwerk bis in die heutige Zeit erhalten hat, wenn auch in einem relativ desolatem Zustand.

Orgel im Jahr 1979 letztmals restauriert

Seit der Eingemeindung Trillfingens am 1. Januar 1973 ist die Stadt Haigerloch Eigentümerin der kleinen Kapelle und damit auch der Orgel. Auf Betreiben von Karl Müller und des Orgelsachverständigen Gerhard Rehm (2004 verstorben) beschloss die Stadt im Jahre 1978, das damals nahezu unbespielbare Werk zu restaurieren. Orgelmeister Hans Stehle aus Bittelbronn führte die Restaurierung schließlich im Folgejahr mit größter Sorgfalt durch. Glücklicherweise mussten dabei nur wenige Holzpfeifen wegen Wurmbefalls durch genaue Kopien ersetzt werden.

Etliche tausend Mark steuerte seinerzeit auch der Trillfinger Kirchenchor unter Leitung von Karl Müller zur Restaurierung der Orgel bei. Der Chor veranstaltete einige Benefizkonzerte mit Solisten, Instrumentalisten und Chören aus nah und fern. Sehr stark für die Restauration der Orgel eingesetzt habe sich auch Organist und Uhrmacher Matthias Naeschke aus Haigerloch, so Müller.

"Bei der Renovierung hat die Orgel zwar einen Motor bekommen, gleichzeitig wurde sie aber auch mit Handriemen in den Urzustand zurückversetzt. Spielt man sie ohne Motorgebläse, erfolgt die Windversorgung mit zwei Zügen über den originalen Keilbalg" erklärt Müller.

Karl Müller, war es auch, der im Jahre 1963 seinem Lehrmeister Rehm den Hinweis auf die Orgel gegeben hatte. Der Orgellehrer und Kirchenmusikdirektor aus Balingen, bestätigte damals der Orgel einen völlig unveränderten Originalzustand. Rehms Schätzung nach stammt das Instrument aus den Jahren 1690 bis 1700. Akten, die dies bestätigen, fand man bisher aber nicht.

Das besondere an der Orgel ist das angehängte Pedal. Es enthält nur die Töne C, F und statt Fis, Gis, die wichtigsten Töne D und E und noch G und A. Er kenne keine andere historische Orgel in weitem Umkreis, in der das originale Kopfpedal noch vorhanden wäre, erklärt Rehm in seiner Beschreibung der Wendelinsorgel. Um den Spielfähigkeit Willen wären in fast allen alten Orgeln später die Pedale über zwei Oktaven oder gar voll ausgebaut worden.

Außerdem seinen im Ersten Weltkrieg restlos alle Orgeln – selbst in dem abgelegensten Kirchlein – ihrer echten Prospekt-Zinnpfeifen beraubt worden. Diese wurden in der nachfolgenden armen Inflationszeit durch Zinkblechpfeifen ersetzt. Bei der Restaurierung konnten einige dieser alten Zinkblechpfeifen erhalten werden, viele mussten aber durch neue Zinnpfeifen ersetzt werden.