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Philipp Henne aus Owingen besuchte eine Schule in Neuseeland und wurde zum Piloten

Faszinierende Berge, tolle Strände: Spätestens seit der Filmtriologie "Herr der Ringe" kennt man weltweit die einzigartige Schönheit von Neuseeland. Philipp Henne aus Owingen hat dort ein Jahr lang eine Schule besucht – und dabei auch das Fliegen gelernt.

Haigerloch-Owingen. Auf den Geschmack gekommen war der heute 17-Jährige, schon viel früher. Bevor er sich nach dem Realschulabschluss 2017 in Haigerloch ein Jahr ins Abenteuer Neuseeland stürzte, war er in der neunten Klasse Teil einer Gruppe von Haigerlocher Realschülern, die an einem dreiwöchigen Schulaustausch mit der Edison Highschool in der Kleinstadt Bow bei Seattle an der amerkanischen Nordwestküste teilnahmen.

Das hat ihm sehr gut gefallen und in Philipp wuchs der Wunsch nach einem längeren Auslandsaufenthalt. Seine Familie unterstützte ihn darin, schließlich hat Vater Robert selbst während seiner Studiums ein halbes Jahr in China verbracht. "Das hat mir fürs Leben gut getan", erzählt Robert Henne heute rückblickend.

Auf einer Bildungsmesse in Vaihingen im Jahr 2016 wurde dann für Philipp das Ziel Neuseeland konkret, denn auf der Messe entdeckte er eine kleine Organisation, die einen Aufenthalt am anderen Ende des Globus vermittelte.

Das Mittlere-Reife-Zeugnis kaum in der Hand , ging’s auch schon los. Einen Tag nach der Realschul-Abschlussparty im Sommer 2017 flog der junge Owinger vom Frankfurter Flughafen aus ans andere Ende der Welt. Ziel: die 4500-Einwohner-Kleinstadt Whitianga auf der Ostseite der neuseeländischen Nordinsel. Whitianga liegt an der Mercury Bay und ist Luftlinie knapp 80 Kilometer von der Millionen-Metropole Auckland entfernt. Auf der Straße sind es aber fast 200 Kilometer entlang der Bucht. Von Owingen ist die Entfernung noch beeindruckender: Whitianga liegt fast 18 500 Kilometer Luftlinie von Philipps Heimat weit weg. Das sind etwa 22 Flugstunden.

In Whitianga besuchte Philipp die Mercury Bay Area School. Sie ist vielleicht am ehesten vergleichbar mit einer Gesamtschule hierzulande, denn dort gehen Kinder von der ersten bis zur 13 Klasse in den Unterricht. Gelebt hat er in dieser Zeit bei einer Gastfamilie, die einen etwa gleichaltrigen Sohn hat und zudem während Philipps einjährigem Aufenthalt auch noch zwei junge Japaner beherbergte.

Der Schulalltag, das hat Philipp schnell gemerkt, unterschied sich dann doch von dem, was er von der Realschule kannte. Der Unterricht beginnt dort später, um 8.45 Uhr und eine Stunde dauert nicht wie hier 45, sondern 75 Minuten. So absolviert man am Tag vier Unterrichtsblöcke und die Schule ist immer um 15 Uhr zu Ende.

Im ersten halben Jahr belegte Philipp Kurse, die am an deutschen Schulen in dieser Form kaum zu finden sein dürften. Zum Beispiel Outdoor-Education, in der man im Unterricht Ski- oder Kanufahren, Wandern oder Klettern geht. Dazu kam Holzverarbeitung. Ein Computerkurs und zwei Kochkurse. Jeden Freitag besuchte der 17-Jährige zudem eine Tauchschule.

Ganz alleine am Steuer eines Propeller-Flugzeugs

I m zweiten Halbjahr veränderte Philipp indes sein Fächerprofil. Zum Outdoor und zu den Holzarbeiten nahm er jetzt Fächer wie Mathematik und Chemie hinzu. Total aufgeblüht ist er schließlich als er die Kurse in der Tauchschule (MBAS Marine Academy) im zweiten Halbjahr mit dem Besuch einer Flugschule tauschte, mit der die Mercury Bay Area School kooperiert. Philipp wurde mit gut einem anderen Dutzend Schülern in ein Projekt aufgenommen, in dem man sich einmal in der Woche traf und gemeinsam mit Lehrern und pensionierten Fluglehrern aus einem Bausatz ein Ultraleichtflugzeug baute.

Für Philipp ein bislang unbekanntes Hobby, das ihn aber komplett in den Bann schlug. Zumal er im Rahmen des Projektes zehn Flugstunden mit einer kleinen Propellermaschine absolvieren durfte. Philipp erwies sich beim Fliegen als derart begabt, dass sein Fluglehrer Alan Coubray ein ehrgeiziges Ziel entwickelte. Philipp sollte ohne Begleitung solo fliegt. Und so weit kam es dann auch: Nach ein paar Testrunden mit seinem Instruktor hüpfte dieser aus dem Cockpit der kleinen Van’s RV 12 und meinte. "So, jetzt bis du allein an der Reihe."

Philipp hatte gar keine Zeit ängstlich zu sein, so konzentriert war er. Er hob ab, drehte mit Bravour in gut 500 Meter Höhe mehrere Platzrunden über der Flugschule und brachte die Maschine sicher zur Landung. "Ein super Erlebnis", erzählt er noch heute freudestrahlend.

Und ein Außergewöhnliches noch dazu. In Deutschland darf Philipp Henne noch nicht mal Auto fahren und in Neuseeland gleich ein Flugzeug pilotieren. Außerdem war er der erste ausländische Schüler/Student in Whitianga überhaupt, der allein fliegen durfte. Deshalb hat über ihn auch das lokale Wochenblatt "The Mercury Bay Informer" berichtet.

Mit seiner Herbergsfamilie hat sich der junge Mann aus Owingen übrigens gut verstanden. Philipp: "Es hat hat alles gut geklappt und wir haben auch viel gemeinsam unternommen." Und auch den Kontakt mit dem Henne-Familenclan zuhause in Owingen riss nie ab. Wozu gibt es heute Skype und Video-WhatsApp? Zudem haben Vater Robert, Mutter Elke und Schwester Elena Henne Philipp über Weihnachten drei Wochen lang in Neuseeland besucht und dabei auch die Gasteltern kennengelernt.

Vor wenigen Tagen ist Philipp wieder nach Deutschland zurückgekehrt, er genießt jetzt die Ferien und freut sich auf den Einstieg ins Abitur am Technischen Gymnasium in Balingen, von dem er sich für sein Neuseeland-Abenteuer ein Jahr lang hat beurlauben lassen.

Und er ist hier auch schon wieder in die Luft gegangen: Und zwar mit einem Owinger, der auch fliegt. In Deutschland den Flugschein machen – das ist nach seinem einmaligen Erlebnis in Neuseeland etwas, was sich Philipp Henne gut vorstellen könnte.