Soll dieses Gebäude eine Schule bleiben oder ein Kindergarten werden? Eine Frage, auf die es noch keine Antwort gibt.Foto: Kost Foto: Schwarzwälder Bote

Gemeinderat: Debatte um die Weiterentwicklung der Kindergartenangebote endet ohne klares Ergebnis

Zwei Stunden lang wurde leidenschaftlich debattiert, eine Entscheidung dann aber doch nicht getroffen. Den Königsweg, wo und wie man im Stadtgebiet die Betreuungsangebote für Eltern mit Kindern im Kindergartenalter ausbaut, fand der Haigerlocher Gemeinderat noch nicht.

Haigerloch. Nur eines ist unstrittig und das belegten die von der stellvertretenden Hauptamtsleiterin Verena Kruse zusammengestellten und von der Kindergartenfachberaterin Gitta Miller am Dienstag präsentierten Zahlen: Allmählich wird‘s eng in den städtischen Kindergärten, Betreuungsplätze für Kinder unter und über drei Jahren werden knapp.

In der Alterskategorie der unter Dreijährigen stehen derzeit 70 Plätze zur Verfügung, rechnerisch notwendig wären aber 81 um eine Betreuungsquote von, 35 Prozent zu erreichen, welche die Landesverbände empfehlen. Die Stadt schafft aktuell eine Quote von 30,8 Prozent. Und, so stellte Gitta Miller weiter fest: "Die Nachfrage nach Betreuungsplätzen für Kinder unter drei Jahren wächst stetig."

Eltern haben Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz

Nicht nur im U3-Bereich gibt es Bedarf, neue Plätze zu schaffen, auch für Kinder über drei Jahren ist aus Millers Sicht ein Ausbau der Angebote aufgrund der aktuellen Geburtenzahlen unaufschiebbar. Die aktuelle Statistik zeige, dass es in naher Zukunft nicht ausreichend Betreuungsplätze geben werde.

Schon im Kindergartenjahr 2021/22 kann die Stadt nur noch für eine Betreuungsquote von 98,7 Prozent sorgen. Noch im Kindergartenjahr 2019/20 lag dieser Faktor bei 102,3 Prozent. Es besteht also Handlungsbedarf, zumal Eltern einen einklagbaren Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz haben.

Nicht leichter macht es der Stadt, dass sich die katholische Kirche als Träger mehrerer Kindergärten im Stadtgebiet zurückhält. Die räumlichen Möglichkeiten in ihren Einrichtungen sei erschöpft, berichtet die Stadtverwaltung. Aufgrund der Folgekosten werde es absehbar aber dennoch keine Erweiterung der Gruppenanzahl geben. Damit folge die Verrechnungsstelle in Hechingen einer Vorgabe aus dem erzbischöflichen Ordinariat in Freiburg.

Man ist also in Sachen Ausbau der Angebote auf sich gestellt. Doch dieses Ziel, das zeigte die Präsentation der Kindergartenbedarfsplanung ebenso auf, ist mit immensen Investitionen verbunden.

Relativ zeitnah wäre die Situation möglicherweise in Hart zu lösen. Bei einer Sanierung des Kindergartens in der ehemaligen Verwaltungsschule – dieser erlitt einen erheblichen Wasserschaden – könnte dort eine Gruppe mit verlängerten Öffnungszeiten für bis zu 25 Kinder über drei Jahren eingerichtet werden. Die Komplettsanierung würde schätzungsweise etwa 339 000 Euro kosten (die Versicherung beteiligt sich an der Schadensbehebung) und es wären zusätzlich 2,5 Personalstellen erforderlich.

Wiedereröffnung in Hart erfordert Ausbau des Waldkindergartens

Wenn das so käme, müssten allerdings die derzeit rund 20 Kinder des Waldkindergartens bei Hart dauerhaft im Wald bleiben. Momentan nutzen sie in den Wintermonaten sowie ganzjährig an den Nachmittagen den konventionellen Kindergarten. Um die Räumlichkeiten im Wald zu erweitern, wäre eine Anschaffung eines zweiten Wagens erforderlich, was vermutlich einen Betrag in der Größenordnung von rund 80 000 Euro erfordert.

Weil die Ausbaupläne für die Kinderbetreuung in Stetten noch viel umfangreicher sind, wurde über sie auch am meisten debattiert (siehe Artikel unten). Denn die Stadtverwaltung hat in Stetten Großes vor. Sie präferiert die Aufgabe des bisherigen Kindergartengebäudes und dessen Umsiedlung in die ehemalige Werkrealschule im Andreasweg. Das würde aber richtig ins Geld gehen: Je nachdem wie man es rechnet und welche Optionen man miteinbezieht, stehen hier Summen zwischen 2,85 bis 4,8 Millionen Euro im Raum. Mit dieser Lösung könnten laut Stadtverwaltung aber weitere zehn Ganztagsplätze im U3-Bereich und 20 Ganztagsplätze im Ü3-Bereich geschaffen werden. Allerdings wären auch zusätzliche 6,37 Fachkräfte einzustellen.

Stocker: "Umsiedlung des Kindergartens für Stetten ein Minderwert"

Die Umwandlung des Schulgebäudes in einen Kindergarten, der Umzug der Ortschaftsverwaltung aus dem Rathaus und der Umbau der alten Schulturnhalle in eine Mensa und einen Multifunktionsraum ist aber schon vor wenigen Tagen im Stettener Ortschaftsrat auf Ablehnung gestoßen, dort setzt man auf einen Anbau an den bestehenden Kindergarten für rund 1,5 Millionen Euro. An dieser Position hielt Ortsvorsteher Walter Stocker auch in der Gemeinderatssitzung fest.

Über Weildorf und Bittelbronn wird erst gar nicht gesprochen

Nach vielen Wortmeldungen wurde am Ende gar keine Entscheidung getroffen – weder in der Harter noch in der Stettener Frage. Dabei hätte die Stadtverwaltung eigentlich gerne Architekten mit der Planung und Prüfung der Möglichkeiten beauftragt.

Man müsse das noch einmal separat diskutierten, meinte Bürgermeister-Stellvertreter Klaus Hellstern und der Bürgermeister war dem Gedanken einer nichtöffentlichen Sondersitzung zu diesem Thema nicht mal abgeneigt.

Im öffentlichen Teil der Sitzung gar nicht erst angesprochen wurde die Situation in Weildorf und Bittelbronn. Dort sind die Räume beengt und es herrscht Sanierungsbedarf. Als mögliche Lösung bringt die Stadtverwaltung deshalb den Bau eines gemeinsamen Kindergartens für beide Orte ins Spiel. Doch dieser Gedanke befindet sich erst im Status einer Vision.