Ist die Einführung der Ortschaftsverfassung in der Kernstadt ein geeignetes Mittel, um den "Haigerlocher" mehr politisches Mitspracherecht und Gewicht zu sichern? Bei der Debatte im Gemeinderat gingen die Meinungen darüber auseinander. Foto: Kost

Zweifel am tatsächlichen Bedarf. Eine Diskussion voller Pro und Contra.

Haigerloch - Braucht Haigerloch einen eigenen Ortschaftsrat und Ortsvorsteher? Darüber herrscht nicht einmal unter den Stadträten die den Haigerlocher Ausschuss bilden Einigkeit. Während Michael A.C. Ashcroft, Nadine Reiband und Maik Haslinger die Idee begrüßen, möchte Hans Fischer alles beim Alten belassen.

CDU-Stadtrat Michael Ashcroft hatte in der nichtöffentlichen Gemeinderatssitzung am 4. Juni im Hinblick auf die Kommunalwahlen 2019 einen Antrag auf die Einführung der Ortschaftsverfassung für die Kernstadt Haigerloch gestellt.

Er sieht im Haigerlocher Ausschuss, dem die fünf gewählten Stadträte Michael Ashcroft, Hans Fischer, Maik Haslinger, Kristine Koschani-Bongers und Nadine Reiband sowie der Vorsitzende Bürgermeister Heinrich Götz angehören, die Haigerlocher Kernstadtbevölkerung nicht ausreichend vertreten. In so einem kleinen Gremium, argumentiert er, würden sachkundige Bürger fehlen. Außerdem wünscht er eine Trennung von Verwaltung und Ortschaftsrat.

Zur Einrichtung eines Haigerlocher Ortschaftsrates müsste jedoch die Hauptsatzung der Stadt geändert werden. Aber nicht nur darauf wies Bürgermeister Heinrich Götz hin. Für die Einrichtung eines solchen Gremiums würden laut Götz Kosten von rund 30.000 Euro jährlich anfallen, die sich aus Sitzungsgeldern, Vergütung des Ortsvorstehers und Kosten für ein Ortsvorsteherbüro zusammensetzen. Außerdem, so Götz, sei es der Kernstadt mit dem Städtischen Ausschuss noch nie schlecht ergangen. Und wenn die Räte regelmäßiger zu dessen Sitzungen erscheinen würden, sei auch das Gremium groß und entscheidungskräftig genug. Als Alternative zu einem Ortschaftsrat schlug der Bürgermeister einen Bürgerausschuss vor, in den Mitglieder verschiedener Interessenvertretungen gewählt werden könnten.

Gemeinderat Thorsten Hellstern (CDU) konnte den Wunsch nach einem größeren Haigerlocher Ortsgremium nachvollziehen, einen eigenen Ortsvorsteher hielt er aber für überflüssig. Ebenso wie Manuel Schmoll (SÖL) war er jedoch der Auffassung, dass man in der Diskussion die Kostenfrage hinten anstellen müsse.

Der CDU-Fraktionssprecher Karl-Heinz Schneider argumentierte, ein Ortsvorsteher könne der Stadtverwaltung sogar Arbeit abnehmen, die Verteilung der Kompetenzen von Bürgermeister und Ortsvorsteher müssten aber klar geregelt sein.

Eine Ansicht, die jedoch Bad Imnaus Ortsvorsteher Robert Wenz (Freie Wähler) als kleinen Trugschluss einstufte. Auch wenn ein Ortschaftsrat zum Beispiel ein Baugesuche berate, so laufe dessen Bearbeitung letztlich doch über die Stadtverwaltung. Von Arbeitsersparnis könne also nicht die Rede sein.

Dionys Pfister (Freie Wähler) hatte den Eindruck, dass es in der Haigerlocher Bevölkerung gar keinen Bedarf für einen eigenen Ortschaftsrat gebe und bezeichnete die Idee gar als "Totgeburt". Weil vor allem in der Kernstadt immer wieder über fehlendes Interesse und Engagement der Bürger geklagt wird, vermutete er, dass man gar nicht genügend Kandidaten für einen Ortschaftsrat zusammenbekommen würde.

Walter Stocker (CDU) formulierte es zwar nicht ganz so deutlich, war aber ebenso der Ansicht, dass man die Haigerlocher nicht mit einem Ortschaftsrat "zwangsbeglücken" müsse, wenn das Interesse nicht da sei. Für ein größeres Gremium aber ohne eignen Ortsvorsteher sprachen sich der Trillfinger Ortsvorsteher Hermann Heim und Gemeinderat Matthias Deppert (beide Freie Wähler) aus.

Hans Fischer – langjährigster Haigerlocher Stadtrat im Beschließenden Haigerlocher Ausschuss – argumentierte, dass jeder Bürger zu Beginn der Ausschusssitzungen Gelegenheit habe, seine Wünsche zu äußern. Außerdem habe man mit Bürgermeister Heinrich Götz als Vorsitzendem des Gremiums auch gleich den richtigen Ansprechpartner in der Sitzung dabei.

Da Walter Stocker in der Debatte kein wirklich "klares Signal" vom Haigerlocher Ausschuss erkannte, schlug er vor, dass die Haigerlocher Stadträte das Thema erst noch einmal unter sich beraten.