Eine quietschvergnügte Gruppe – und das seit 60 Jahren – sind die Scherenschleifer in Bad Imnau (oben). Für einen guten Schliff braucht es nicht nur das entsprechende Werkzeug, sondern auch viel Gefühl (rechts unten), meistens werden am Fasnetssamstag Haushaltsmesser aller Art geschliffen (links unten)Archivfotos: Haid Foto: Schwarzwälder Bote

Fasnet: Bad Imnauer Scherenschleifer können runden Geburtstag nicht feiern – Brauch hat inzwischen viele Nachahmer gefunden

Der Fasnetssamstag am 13. Februar wird wohl bei den Scherenschleifern des Bad Imnauer Narrenvereins in die Historie eingehen: Ausgerechnet zur 60. Jubiläumstour bleibt der Scherenschleiferwagen coronabedingt in der Garage.

Haigerloch-Bad Imnau. Die übers Jahr stumpf gewordenen Messer, Scheren, Beile und andere Gegenstände müssen also ein weiteres Jahr ausharren, bis sie wieder richtig scharf gemacht werden können. Ein kleines Trostpflaster bleibt der Scherenschleifergruppe trotz des diesjährigen Verzichtes aber: weil der Bad Imnauer Narrenverein im Jahr 2022 ebenfalls auf 60 Jahre Fasnetsbrauchtum zurückblicken kann, soll dann die Jubiläumstour nachgeholt werden.

Seit über 60 Jahren wiederholt sich immer am Fasnetssamstag ein Brauch, der inzwischen viele Nachahmer gefunden hat, denn dann ziehen die Scherenschleifer – eine Gruppe begabter Handwerker – in Bad Imnau von Haus zu Haus und macht alles stumpf Gewordene wieder scharf.

Die Scherenschleifer sind bereits zwei Jahre vor dem 1962 gegründeten Narrenverein aus der Straßenfasnet heraus entstanden und auf Schleiftour gegangen. Namen wie Hans Söll, Hermann Pabst, Hans Edelmann, Pius Haid, Hermann Saupp, Hermann Kotz, Anton Straub, Heinrich Schweinbenz, Hermann Riester und Ehrenmitglied Andreas Haid (alle inzwischen verstorben) prägten die ersten Jahre der Gruppe. Die Scherenschleifer sind heute die älteste ehrenamtliche Gruppe im Verein und demzufolge auch die mit der längsten Tradition.

Gab es zu Beginn in den 60-er und 70-er Jahren für die getane Arbeit von den dankbaren Bürgern nur Naturalien als Entlohnung, so ist es heute meist bare Münze, die in die Vereinskasse zur Pflege des örtlichen Brauchtums fließt.

"Wir haben bereits unsere festen Stationen im Dorf, wo man auch mit Strom für die Schleifmaschinen versorgt wird" erklärt Dieter Kramer. Aktuell ist er der Verantwortliche der 14-köpfigen Gruppe.

Feste Preise für das Schleifen gibt es nicht. "Jeder Kunde kann geben was ihm die Arbeit wert ist", meint Kramer. Und es gibt fast nichts, was die Scherenschleifer nicht wieder scharf machen können. Von der feinen Nagelschere, über Haushalts- und Stoffscheren, kleine und große Messer (auch mit Wellenschliff) bis hin zur groben Axt und zum Rasenmähermesser nehmen sie alles an. Auch Sonderwerkzeuge sind oft dabei.

"Schleifen kommt aus dem Handgelenk. Wichtig ist Einfühlungsvermögen und Fingerspitzengefühl. Das Messer darf beim Schleifen keinesfalls warm werden. Sonst wird es stumpf und damit wertlos", erklärt Tobias Reinacher die Kunst des Scherenschleifens. Er ist derzeit neben Dieter Kramer, Bernd Binder und Martin Haid einer der begabten Schleifer.

Neben dem Gefühl ist aber auch eine gewisse technische Ausstattung nötig. Die Gruppe arbeitet mit Bandschleifern, macht aber auch Nassschliffe auf Sandstein oder Handabzug auf feinsten Ölsteinen.

Die Arbeit ist meist nach wenigen Minuten erledigt und die Scherenschliefer bringen die Gegenstände als besonderen Service wieder an die Haustür. Sind alle Kunden in einem Straßenzug besucht worden, geht’s mit dem Gefährt aus Traktor und Anhänger sowie flotter Fasnetsmusik aus der Konserve zum nächsten Halt. An einigen "Schleifstationen" gibt es auch Verpflegung und hie und da ein Schnäpschen oder ein Bier, um sich zwischendurch zu stärken.

So geht es den ganzen Fasnetssamtstag, von 8 bis oft 16 Uhr, in dieser Zeit werden einige hundert Gegenstände geschliffen.

Scherenschleifer ist im Schwäbischen bekanntlich eher ein Schimpfwort. Doch das trifft auf die Imnauer Scherenschleifer überhaupt nicht zu. "Die Leute sind sehr dankbar über unsere Arbeit und freuen sich über den Hausbesuch am Fasnetssamstag", so Kramer.

Die Kameradschaft und Stimmung in der Truppe ist prächtig. Nachwuchsprobleme kennt man nicht. Kramer "Es macht richtig Spaß hier für einen guten Zweck zu arbeiten und wir freuen uns jedes Jahr, wenn es wieder losgeht".

Nun müssen die Imnauer Scherenschleifer also noch ein weiteres Jahr ausharren. Dass das Scherenschleifen in Bad Imnau in diesem Jahr ausfällt ist übrigens kein Novum. Schon einmal musste darauf verzichtet werden. Und zwar 1991 als der Irak-Krieg losbrach und die Fasnet im Südwesten deshalb abgesagt wurde.