Bilder vor, während und nach der Sanierung (im Uhrzeigersinn): Der Kirchturm der Vituskapelle, noch voll eingerüstet. Das aufgefrischte Fresko auf der Empor. Die Rangendinger Firma Holzbau Dieringer, die mit der Holzkonstruktion unter dem Turm mehr Arbeit als gedacht hatten. Die Tonnendecke im Kirchenschiff. Eines der fünf farbenprächtigen Glasfenster und schließlich unten links ein Komitee, dass die ersten in Hamburg neu gebrannten Ziegel begutachtete. Fotos: Bossenmaier/Schick/Kost Foto: Schwarzwälder Bote

Denkmalpflege: Restaurierung der Gruoler Vituskapelle ist praktisch abgeschlossen – das Ergebnis ist beeindruckend

Ein denkwürdiges Jahr ist vorgestern zu Ende gegangen. Ein Jahr, das viele Pläne über den Haufen schmiss. Aber nicht überall herrschte Stillstand. Oft im Stillen wurden Erfolgsgeschichten geschrieben. So auch in Gruol. Die Sanierung und Restaurierung der Vitus-Kapelle ist praktisch abgeschlossen.

Haigerloch-Gruol. Nachdem das Erzbischöfliche Ordinariat in Freiburg die Ampeln auf grün geschaltet hatte, konnte im April 2019 unter der Leitung von Architekt Timo Raible die Restaurierung der im 13. Jahrhundert entstandenen Votiv-Kapelle beginnen, an deren Stelle zuvor eine im romanischen Stil gebaute Kapelle gestanden hatte.

Als Kosten dafür waren rund 850 000 Euro veranschlagt, die aus einer Art "Patchwork-Finanzierung"geschultert werden. Den größten Teil dieser Kosten übernimmt die Erzdiözese Freiburg, weitere Teile kommen aus den Rücklagen der örtlichen Pfarrgemeinde sowie aus der Denkmalpflege. Geld fließt zudem aus dem Ausgleichsstock des Landes Baden-Württemberg.

Die stattliche Summe von gut 100 000 Euro hat der 2016 gegründete Förderverein "Vitus-Kapelle 1323 Gruol" nicht nur fix zugesagt, sondern dank mannigfaltiger Aktivitäten und vieler Spenden tatsächlich auch erwirtschaftet. Außerdem steuerte bereits im Mai 2017 die Denkmalstiftung Baden-Württemberg rund 75 000 Euro für die Restaurierung der Glasfenster bei, die auf das Jahr 1881 datieren.

Als das Projekt startete, war das schnell von Weitem zu erkennen: der von unten bis zur Spitze 32 Meter messende Kirchturm war von einem Baugerüst verhüllt. Auch am Kirchenschiff und im Inneren wurde fleißig gearbeitet.

So hat Restauratorin Luise Schreiber-Knaus aus Bodelshausen ein kaum noch sichtbares Fresko an der Seitenwand auf der Empore der Friedhofskapelle so behutsam bearbeitet, dass die dargestellte Szene (die Abnahme des Leichnams Christi vom Kreuz) wieder gut erkennbar ist. Die aus dem Jahr 1452 datierende hölzerne Tonnendecke wurde gleichfalls aufgefrischt, so dass ihre Farbenpracht wieder voll zur Geltung kommt, ebenso wurden die Altäre gereinigt.

Die fünf farbprächtigen Glasfenster mit verschiedenen Heiligen und einer Darstellung der Mutter Gottes mit dem Jesukind wanderten in die Werkstatt einer Spezialistin. Kathrin Rahfoth aus Erfurt, Restauration für Glasmalereien und Glasfenster, nahm sich ihrer an und verhalf den Fenstern zu neuer Strahlkraft.

Inzwischen sind sie wieder eingebaut. Und zwar so, dass sie nach außen durch eine Schutzverglasung vor Witterungseinflüssen sicher sind. Derweil wurden in Hamburg neue Dachziegel für den Kirchturm gebrannt und glasiert. Die in vier verschiedenen Farben entstandenen Ziegel wurden nicht etwa willkürlich auf den Turm gesetzt, sondern im ursprünglichen Verhältnis zueinander.

Die Firma von Riccardo Itta aus Überlingen machte die Steinkonservierungen und schloss Risse, während Steinmetz Paulus Roth aus Gruol zum Beispiel schadhafte Fensterbänke gegen neue austauschte oder Ausfugungen vornahm. Nicht zuletzt wurde rings um die Kapelle eine Drainage gelegt.

Den härtesten Job dürften aber die Männer um Zimmermannsmeister und Restaurator Daniel Dieringer gehabt haben. Das Einziehen eines Dachbodens im Kirchenschiff unter dem um 1460 entstandenen Kehlbalken-Dachstuhl war dabei vermutlich noch das kleinste Problem.

Dagegen erwiesen sich die Schäden an der Holzkonstruktion, welche den steilen Turmhelm trägt, als so gravierend, dass weit mehr morsche Balken ersetzt und aufgearbeitet werden mussten, als man zunächst gedacht hatte. "Es war fünf vor zwölf", beschrieb der Vereinsvorsitzende Otto Schneider schon Ende Februar in der Hauptversammlung des Fördervereins die Situation.

Der damit verbundene Mehraufwand zog die Holzarbeiten natürlich ungewollt in die Länge. Ursprünglich war man davon ausgegangen, dass die Sanierung der Vituskapelle rechtzeitig zum Tag des offenen Denkmals am Sonntag, 13. September, abgeschlossen werden kann. Auch die Auflösung des Fördervereins war im Herbst 2020 geplant. Durch solche Pläne machte jedoch das Corona-Jahr einen gehörigen Strich.

Aber ein neuer Termin für einen offiziellen Abschluss der Vitus-Kapellen-Restaurierung ist bereits gefunden: So Corona will, soll es am Sonntag, 16. Mai, so weit sein. Gedacht ist an eine Hockete bei der Kapelle, in welche der Gruoler Musikverein und der Chor "Vocalis pur" eingebunden werden.