Auch im Kreis Rottweil werden immer mehr Frauen Opfer von häuslicher Gewalt (Symbolbild) Foto: sb-Archiv

Plakatkampagne von "Frauen helfen Frauen + Auswege" gegen häusliche Gewalt trägt Früchte.

Kreis Rottweil - "Mach dich laut gegen häusliche Gewalt" heißt es auf den Plakaten der Aktion, die der Verein "Frauen helfen Frauen + Auswege" im Oktober gestartet hat - im gesamten Landkreis sind die Plakate zu finden. Die Aktion trägt bereits erste Früchte, freut sich Renate Weiler von der Beratungsstelle in Rottweil. Aber nicht nur der Rottweiler Verein thematisiert die häusliche Gewalt, auch die Bundesinitiative "Stärker als Gewalt" hat im November einen Aktionsmonat gegen häusliche Gewalt gestartet. "Die Thematik hat in Coronazeiten eine ganz andere Dimension angenommen", weiß Renate Weiler aus dem Alltag. "Unsere Nachbarschaft ist stärker als Gewalt" ist der Aktionsmonat der Initiative des Ministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend überschrieben. Für Renate Weiler ebenfalls ein gutes Signal. "Jeder kann etwas dazu beitragen", betont sie. Doch ist das wirklich so einfach?

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Frau Weiler, wie steht es hier bei uns mit den aktuellen Zahlen häuslicher Gewalt?

Die Fallzahlen schwanken immer - monatlich und auch jährlich. Aber auffällig dieses Jahr ist, dass im August und September, normalerweise Urlaubsmonate, die Fallzahlen deutlich höher lagen als im Vorjahr. Wir haben jetzt Mitte November mit 132 Erstberatungen mehr durchgeführt als im gesamten vergangenen Jahr.

Wo fängt häusliche Gewalt an?

Häusliche Gewalt umfasst für viele Menschen körperliche Gewalt, wie etwa würgen, schlagen oder treten. Aber häusliche Gewalt fängt wesentlich früher an, bereits schon dann, wenn der Kontakt zu Freundinnen oder Familie unterbunden wird. Insbesondere die psychische Gewalt in Form von ständigen verbalen Erniedrigungen, Zurechtweisungen und massiven Drohungen erschüttern das Selbstbewusstsein und die Handlungsfähigkeiten der Betroffenen.

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Was kann ich tun, wenn ich einen Verdacht habe? An wen wende ich mich?

An unsere Beratungsstelle, auch anonym und natürlich kostenfrei. Sehr eindrücklich ist mir in Erinnerung geblieben, wie eine Großmutter am Telefon zu mir sagte: Ich weiß meine Enkelin führt eine sehr schwierige Ehe, ich wusste nicht was tun. Jetzt habe ich ihr Plakat gesehen und den Mut gefunden, anzurufen. Die Beraterin hört zu, lässt sich die Situation beschreiben und mit der ratsuchenden Person wird überlegt, was die nächsten Schritte sein können.

Was können Betroffene selbst tun? In diesen Zeiten ist eine Kontaktaufnahme ja für viele eher schwierig?!

Für Frauen, die stark kontrolliert werden und beispielsweise der Partner im Homeoffice arbeitet, ist es schwieriger geworden, sich an Beratungsstellen zu wenden. Neben der telefonischen Kontaktaufnahme ist es jederzeit möglich, sich per Mail zu melden. Ich kann Betroffene nur ermutigen sich zu melden, auch wenn es dann vielleicht mehrerer kurzer Telefonate bedarf, um Lösungswege zu erarbeiten. Vielleicht gelingt es ihnen auch eine Kontaktperson zu bitten, Informationen bei uns anzufragen. Neben unserer Beratungsstelle können sich Betroffene auch an das Hilfetelefon "Gewalt gegen Frauen" wenden, es ist 365 Tage rund um die Uhr kostenfrei erreichbar und bietet die Möglichkeit einen Dolmetscher miteinzubeziehen.

Haben Sie das Gefühl, dass die Thematik durch die Plakataktion mehr ins Bewusstsein gerückt ist und die Leute aufmerksamer sind?

Wir freuen uns als Verein sehr über die vielen positiven Rückmeldungen und Gespräche, die die Plakataktion ausgelöst haben. Die Gespräche zeigen, dass die Plakate und ihre Botschaft wahrgenommen werden und dadurch das Thema aus der Tabuzone kommt.