Nagold will den Gerichtsplatz weiterentwickeln. Unter anderem soll dort Wohnraum entstehen. Um das Ziel zu erreichen, greift die Stadt zum Mittel des Vorkaufsrechts.
Es gibt noch Luft nach oben bei der Gestaltung des Gerichtsplatzes in Nagold. Dabei ist schon vieles stimmig: die Gastronomen mit ihren qualitätvollen Außenplätzen zum Beispiel, der Brunnen, die neue Sonnenuhr, und natürlich der insgesamt modern gestaltete Platz am Fuße des Nagolder Amtsgerichts mit seinen breiten Sitzstufen.
Doch einiges passt halt auch noch nicht. Und das betrifft Gebäude und Grundstücke, die sich in Privateigentum befinden. Noch, muss man wohl sagen.
Nagolds Gemeinderat stimmte nämlich in einer Sondersitzung dem Anliegen der Stadtverwaltung zu, bei zwei Flurstücken im unteren Bereich des Gerichtsplatzes vom städtischen Vorkaufsrecht Gebrauch zu machen.
Im Sanierungsgebiet
Die rechtliche Grundlage dafür: Die Gebäude befinden sich in einem Sanierungsgebiet („Nordöstliche Innenstadt“) – und damit werde automatisch der Stadt ein Vorkaufsrecht eingeräumt.
Simone Hurtz vom Liegenschaftsamt erörterte in der Sitzung die Hintergründe. So verfolge die Stadt in dem Sanierungsgebiet zwei Hauptziele: Die energetische Sanierung sowie die Schaffung von Wohnraum in der Innenstadt. Besonders das Thema Wohnen nehme in Nagold einen immer größeren Stellenwert ein. „Seit einiger Zeit treiben wir das Thema Wohnen in der Innenstadt weiter voran mit dem Erwerb verschiedener Objekte“, informierte Hurtz.
Gravierende städtebauliche Missstände
Im konkreten Fall sprach sie von „gravierenden städtebaulichen Missständen“. Und so seien die Flächen in den Fokus der Stadt für das Vorkaufsrecht geraten.
Auch Stadtplaner Ralf Fuhrländer erörterte in der Sitzung: „Dort besteht Handlungsbedarf“. Ziel der Stadt müsse es sein, auch eine „Vorbildfunktion vorzuleben“. Wenn solche Objekte auf den Markt kämen, dann müsse man da als Stadt auch „rangehen und die Sache angehen“.
Laut Fuhrländer wüssten Eigentümer – zumindest in der Theorie – Bescheid, dass die Stadt in einem Sanierungsgebiet ein Vorkaufsrecht habe. „Das sollten eigentlich alle Eigentümer wissen.“ Sein Rat: „Im Grunde sollte man immer zunächst bei der Stadt anklopfen, wenn man einen Verkauf plant.“ Doch im Regelfall passiere das nicht. „Wir bekommen es oft erst mit, wenn der Vertrag beim Notar liegt“. Und dann habe die Stadt nur noch die Möglichkeit, das Vorkaufsrecht auszuüben.
Zweifel an der Rechtmäßigkeit
Offensichtlich gab es auch für eine Fläche am Gerichtsplatz bereits einen Käufer. Jedenfalls berichtete die Verwaltung von Kontakten mit dem „Erstkäufer“. Dessen Anwalt habe mitgeteilt, dass das Vorkaufsrecht rechtswidrig sei. In der Sitzungsunterlage teilte die Verwaltung mit, dass der Käufer sich auf „angebliche Aussagen“ der Liegenschaftsverwaltung bei einem Ortstermin berufe. Dazu heißt es in der Drucksache: „Solche Aussagen hat es nicht gegeben, schon gar keinen mündlichen Verzicht auf die Ausübung des Vorkaufsrechts.“
Zwei Ankergrundstücke
In der Drucksache werden die Objekte Gerichtsplatz 6 und 7 als „Ankergrundstücke“ für eine angestrebte Quartierentwicklung aufgeführt, die sich vom Gerichtsplatz bis zur Kirchstraße erstrecken soll.
Bürgermeister Hagen Breitling erörterte, dass man mit dem Eigenbetrieb „Wohnen in Nagold“ gut unterwegs sei, auch um preisverträglichen Wohnraum zu schaffen. Zudem versicherte er, dass man die Zeit, bis auch das zweite Grundstück verkauft werde, nutzen wolle, um ein Konzept für attraktives Wohnen in der Innenstadt zu erarbeiten. Dabei machte Simone Hurtz deutlich, dass schwer abzuschätzen sei, wann das zweite Objekt konkret auf den Markt komme. Das Sanierungsgebiet „Nordöstliche Innenstadt“ läuft noch bis zum Jahr 2027.
Stimmen zur Entscheidung
Klares Votum
Bei zwei Enthaltungen und zwei Gegenstimmen sprach sich der Gemeinderat für die Ausübung des Vorkaufsrechts aus.
Gegner
AfD-Stadtrat Joachim Mehles erörterte die Beweggründe für seine Ablehnung. Die Kosten seien erheblich, außerdem sei es ein schwerer Eingriff in einen privaten Kaufvertrag. „Eine Kooperation wäre mir lieber gewesen.“
Befürworter
Daniela Steinrode (SPD) befürwortete die Entscheidung, denn Wohnraum sei knapp. Hier sehe sie die Kommunen auch in der Verantwortung gegenüber ihren Bürgern.