Vize-Kanzler Habeck sorgt für Unmut auch bei Unternehmern in und um Lahr. Foto: Jutrczenka

Wirtschaftsminister Robert Habeck hat behauptet, Betriebe, die für eine Weile schließen, gingen nicht zwangsläufig pleite. Das sorgt für mächtig Ärger bei Unternehmern – auch in Lahr.

Lahr - Während der Talkshow "Maischberger" wollte die Moderatorin am Dienstagabend von Vize-Kanzler Habeck wissen, ob er im Winter eine Insolvenzwelle befürchte. Der Grüne erklärte, dass er nicht damit rechne: Bäckereien, Bioläden oder Blumenhändler könnten erst einmal aufhören zu produzieren oder zu verkaufen, gingen dadurch aber "nicht automatisch insolvent". Eine Aussage, für die Habeck tags darauf bundesweit viel Unverständnis und Häme erntete. Die LZ hat im Raum Lahr nachgefragt.

Biomarkt "Naturalia": Irene Krieg, Geschäftsführerin des Friesenheimer Bioladens, zeigt sich schockiert: "Ich bin sprachlos – diese Aussagen sind völlig am Leben vorbei." Sie kenne bereits einige Erzeuger, die Insolvenz hätten anmelden müssen. Unter neuer Leitung oder mit neuen Waren hätten sie weiterarbeiten können. "Aber mit Stillstand geht gar nichts", sagt Krieg. Durch Habeck fühlt sich die Geschäftsführerin "sicherlich nicht gut vertreten". Die gesamte Bundesregierung befindet sich nach ihrem Empfinden seit Ewigkeiten im Krisenmodus: "Die kommen gar nicht zum Regieren."

Zigarrenmanufaktur "Herr Lehmann":  Harald Tulies, einer der drei Partner der Manufaktur, erfuhr von unserer Redaktion von Habecks Erklärungen – und wollte kaum glauben, dass der Wirtschaftsminister so etwas gesagt hat. "Wenn ich nur drei Wochen dichtmachen würde, dann könnten wir gleich zulassen. Denn die Kunden wären dadurch enttäuscht und verwirrt. Und wenn man sich entwöhnt hat, kommt man auch nicht so schnell zurück." Tulies fühlt sich insgesamt gut von Habeck vertreten: "Das, was er bisher gemacht hat in dieser Krise, war gut, das war keine Parteipolitik". Dennoch, die jetzige Aussage "entbehrt jeder Grundlage, ich weiß nicht, wer ihn da beraten hat".

Tee-Fachgeschäft "En-Tee-Siastisch": "Er weiß selber nicht ganz so genau, was er sagen will", meint Inhaberin Kerstin Hall, nachdem sie ein Video von Habecks Aussagen gesehen hat. Auch sie kritisiert die Aussage zum Niederlegen der Produktion: "Du hast Personal. Personal muss bezahlt werden, damit geht man immer mehr in die Schulden rein. Und die Geschäfte sind noch von Corona geschädigt." Ob sie sich vom Minister noch gut vertreten fühlt? "Wenn ich nur diese Aussage bewerten würde, würde ich sagen, er hat sie nicht alle. Aber ich habe den Eindruck, dass er sich generell echt bemüht." 

Reisebüro Steidlinger: "Quatsch" nennt die Inhaberin Claudia Steidlinger die Aussagen des Wirtschaftsministers. "Ich weiß gar nicht, wie das gehen soll. Geschäft zu – was mache ich mit meinen Mitarbeitern?" Während Corona sei ihr Geschäft zwei Monate dicht gewesen. "Es hätte keine Woche länger sein dürfen." Die Tourismusfachwirtin fühlt sich von der ganzen Politik nicht gut vertreten. Gerade die aktuellen Hilfszuschüsse seien strukturlos: " Es ist überall chaotisch. Die Ideen sind da, aber nicht zu Ende gedacht."

Lahrer Werbegemeinschaft: Vorsitzender Michael Schmiederer macht klar, dass auch geschlossene Betriebe hohe laufende Betriebskosten hätten. "Zinsen, Tilgung, Miete: Das Dichtmachen ist die Vorstufe zur Insolvenz." Er zeigt sich besorgt ob der Gesamtsituation: Es sei schlimm, dass "offensichtlich systemrelevante Betriebe wie Bäckereien gefährdet sind".