Noch bis zum 1. Oktober ist Patrick Fertig Rathauschef in Schwanau. Foto: Köhler

Seit dem Abschied von Wolfgang Brucker Ende April leitet Patrick Fertig in seiner Freizeit die Geschicke der Gemeinde Schwanau. Im Gespräch mit der LZ erklärt er, wie er diese Aufgabe zusätzlich zu seinem Vollzeitjob bewältigt, was seine schönsten Momente waren, und ob er selbst über eine Kandidatur als Bürgermeister nachgedacht hat.

Schwanau - Bis zum 1. Oktober, wenn der neue Bürgermeister Marco Gutmann sein Amt antritt, steht Patrick Fertig an der Spitze der Gemeinde.

Herr Fertig, wie haben Sie sich vorbereitet, als klar wurde, dass Wolfgang Brucker die Gemeinde verlässt und Sie vorübergehend die Verantwortung haben werden?

Das war zunächst ein Schock, dann aber auch Motivation. Ich habe in der Firma bescheid gesagt und gefragt, ob ich mir Freiräume nehmen kann. Herr Brucker hat mich dann in Amtsleiterbesprechungen dazugenommen, sodass ich über die laufenden Themen informiert bin.

Mussten Sie dann Abstriche in Ihrem Job machen oder sind alle Aufgaben in Ihre Freizeit geflossen?

Ich habe einen 40-Stunden-Vertrag zu erfüllen. Wenn ich morgens einen Termin hatte, wurde ich freigestellt und musste die Zeit dann abends nachholen.

Wie viel Zeit haben Sie mehr in die Kommunalpolitik investiert als vorher?

Keine Unmengen. Vielleicht fünf bis zehn Stunden in der Woche. Es hat sich größtenteils auf das Repräsentative beschränkt. Bürger und Verwaltung haben auch auf die Situation Rücksicht genommen. Sie sind nur mit Themen zu mir gekommen, die zwingend sein mussten.

Wie haben Sie die Wahl mit all den Kandidaten wahrgenommen?

Wir haben die erste Wahl schnellstmöglich angesetzt. Wir wussten nicht, ob überhaupt Bewerber kommen. Es war dann schon turbulent, dass es so viele waren auch durch die Radiowerbung. Die Gemeinde hat auch über ihre Grenzen hinweg Aufsehen erregt. Ich bin sehr erleichtert, dass es so lief am Schluss. Ich denke, wir sind zu einem guten Ergebnis gekommen.

Was waren Ihre Aufgaben als vorübergehender Bürgermeister?

Ich habe die Sitzungsleitung übernommen – sowohl im Gemeinderat als auch im Bauausschuss. Wir haben auch jeden Mittwoch eine Amtsleiterbesprechung gemacht. An diesem Tag habe ich im Homeoffice gearbeitet. Außerdem gab es einige repräsentative Termine wie Verabschiedungen an den Schulen.

Was waren Ihre schönsten Momente?

Zum einen das Fest zu 50 Jahre Schwanau. Das war ein schönes, sehr gut vorbereitetes Fest, das auch sehr gemeinschaftlich war. Die Gäste waren alle gut gelaunt. Ich habe viel Zuspruch erhalten. Das andere war die deutsche Meisterschaft der Einspänner-Fahrer in Ottenheim. Beim Empfang durfte ich einige Begrüßungsworte halten und habe unsere Gemeinde vorgestellt. Die Teilnehmer aus dem ganzen Bundesgebiet haben mir bestätigt, dass meine Vorstellung genau ihrem ersten Eindruck der Gemeinde entsprach. Es war schön, auch die Sicht von Außenstehenden zu hören.

In welchen Momenten wurde es für Sie auch mal schwierig?

Die Vorbereitung auf die Sitzungsleitung war herausfordernd. Als Leiter sollte man schon mehr in die Punkte eintauchen. Wir hatten zum Beispiel die Entscheidung über den Standort der Grundschule. Das ist letztlich auch gut gelaufen, aber es war bewegend.

Haben Sie darüber nachgedacht, selbst als Bürgermeister zu kandidieren?

Sicherlich habe ich mir Gedanken gemacht – gerade so wie die Wahl verlief. Doch ich habe meine Berufsentscheidung vor 40 Jahren getroffen und bin glücklich in meinem Beruf. Ich bin froh, dass ich nicht kandidiert habe. Ich habe zwar viel Zuspruch erhalten, von Menschen, die meinten "du bist mein Kandidat", letztlich braucht es aber mehr. Da muss man realistisch bleiben.

Was haben Sie gelernt in der Zeit seit Mai?

Sicherlich lernt man mit jeder Herausforderung etwas. Man wird routinierter bei Auftritten wie bei Empfängen, bei denen man vorher noch nervös ist. Ich habe jetzt auch einen besseren Einblick in die Verwaltung.

Werden Sie sich dann erst einmal eine Auszeit von der Kommunalpolitik nehmen, sobald der neue Bürgermeister Marco Gutmann sein Amt angetreten hat?

Nein. Ich habe jetzt Urlaub, kommende Woche fahren wir weg. Danach geht es ganz normal weiter und ich reihe mich wieder ein in den Gemeinderat. Es war eine interessante Zeit und ich bin froh und dankbar, diese Erfahrung gemacht zu haben.

Zur Person

Patrick Fertig ist 54 Jahre alt. Er ist in Schwanau aufgewachsen und lebt mit seiner Frau und drei Kindern in Ottenheim. Beruflich tätig ist der Ingenieur als Produktionscontroller in Herbolzheim. Im Jahr 2004 wurde er für die Freien Wähler in den Schwanauer Gemeinderat gewählt, seit 2016 ist er Bürgermeisterstellvertreter. Während der Amtszeit von Wolfgang Brucker hat sich die Bürgermeister-Stellvertretung für Fertig auf etwa einen repräsentativen Termin im Monat beschränkt, den er übernommen hat.