Mick Schumacher (re.) beim Abgehen der Rennstrecke von Imola. Foto: IMAGO/ANP

Mick Schumacher spricht vor dem Formel-1-Rennen in Imola über sein Verhältnis zu Teamkollege Kevin Magnussen, was er von anderen Sportstars lernt – und was ihm sein Vater Michael bedeutet.

Im zweiten Jahr in der Formel 1 hofft Mick Schumacher auf seinen ersten WM-Punkt. Um immer besser zu werden, hat sich der 23 Jahre alte Haas-Pilot verschiedene Methoden angeeignet: Er holt sich Tipps, notiert seine Gedanken in ein Buch und tauscht sich mit Sportstars aus.

 

Herr Schumacher, sind Sie bereit, in Imola Ihre ersten WM-Punkte zu holen?

Bereit ja. Ich glaube, dass wir das Auto dafür haben. Dieses Wochenende ist speziell, wir haben das Sprintrennen, bei dem man zusätzlich Punkte gewinnen kann. Natürlich macht es das aber auch etwas schwieriger für kleinere Teams wie uns, weil wir auf das Auto in diesen Sprints mehr Acht geben müssen.

Immerhin sind Punkte nun möglich. 2021 war Haas nicht konkurrenzfähig – und Sie fuhren am Ende des Feldes.

Die Chance, Punkte sammeln zu können, macht die Rennen um einiges schöner. Das Auto fühlt sich gut an, es fährt sich schön – ich freue mich darauf, dass es hier losgeht.

Wie ist das jetzt, wenn Sie in Positionskämpfen stecken – welche Qualitäten muss man da zusätzlich mitbringen?

Ich würde sagen: Zusätzlich nicht unbedingt allzu viele, denn das sind ja Situationen, die ich in den Nachwuchsserien von der Formel 4 bis in die Formel 2 schon hatte. Von daher ist es vielmehr ein Zurück zum gewohnten Zweikampf.

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Ist die Formel 1 nicht doch eine zusätzliche Qualitätsstufe, so dass man das Geschehen auf der Strecke nicht eins zu eins mit der Formel 2 vergleichen kann.

Natürlich ist es nicht direkt vergleichbar, weil man in der Formel 1 im Cockpit ungleich mehr zu tun hat. Und alles passiert in der Formel 1 schneller, entsprechend muss man sich da schon anders einstellen als früher.

Helfen da Tipps von anderen Rennfahrern, Sie haben ja ein gutes Verhältnis zu Sebastian Vettel, oder müssen Sie Ihre Erfahrungen selbst machen?

Ich denke, Tipps kann man sich immer holen. Man kann immer dazulernen, man findet ja heraus, ob die Tipps hilfreich sind.

Ihr Teamkollege Kevin Magnussen hat gesagt, Sie seien wissbegierig und arbeiteten akribisch. Ist er einer, dessen Ratschläge hilfreich sind?

Auf jeden Fall. Ich glaube, dass Kevin einer der besten Überholer im Formel-1-Feld ist, das hat er in der Vergangenheit schon mehrfach gezeigt. Mir macht es großen Spaß, mit ihm zusammenzuarbeiten und von ihm zu lernen.

Manche bezeichneten Magnussen einst als eher schwierigen Charakter.

Ich erlebe ihn als eine sehr offene Person, die aus meiner Sicht nicht kompliziert ist.

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Magnussen hat etwas von einem kleinen, roten Buch erzählt, in das Sie sich stets Notizen machen.

Ja, das ist so. Ich schreibe dort meine Gedanken hinein, die ich zu einem Thema habe oder auch Punkte, die ich unbedingt noch ansprechen muss, die ich im Moment aber nicht äußern kann. Es geht darum, dass ich mich daran erinnere und nichts vergesse.

Das hätte ich von einem 23-Jährigen nicht erwartet. Ich hätte gedacht, Sie notieren alles im Handy oder machen Audionachrichten als Gedankenstütze.

Ich bin der Typ, der sich lieber was mit einem Stift notiert, als dass er das Handy dafür nutzt.

Nun ist Magnussen der erste Rivale, mit dem Sie sich messen müssen. Er hat bereits zwölf WM-Punkte. Ist dieses Jahr ein entscheidendes in Ihrer Karriere?

Ich glaube, jedes Jahr in einer Karriere ist ein entscheidendes, egal in welcher Serie man fährt, und wie der Teamkollege heißt. Ich konzentriere mich auf das Hier und Jetzt und werde mein Bestes geben – der Rest liegt außerhalb meiner Hände.

Ferrari wird genau hinsehen, um auszuloten, welche Perspektiven sich Ihnen in der Formel 1 bieten.

Das müssen Sie Ferrari fragen. Mein Team Haas hat auch eine Basis in Maranello am Ferrari-Sitz, das heißt, ich bin da immer wieder. Natürlich rede ich häufig mit Jock Clear (Anm. d. Red.: Chef-Ingenieur von Ferrari), da tauschen wir uns aus, wir reden über die Stärken und Schwächen des Autos.

Kennen Sie das Zitat: „Rennen ist Leben. Die Zeit dazwischen ist nur Warten“?

(Überlegt) Ich habe es mal gehört. Ich finde, es macht Sinn.

Es ist aus dem Film „Le Mans“ mit Steve McQueen.

Gut, die Zeit dazwischen ist nicht nur Warten, aber im Grunde wartet man wirklich immer darauf, dass es wieder losgeht. Man freut sich eben immer auf das nächste Rennen, das können auch verschiedene Aspekte sein, wie etwa die Reise dorthin. Ich freue mich generell darauf, im Auto zu sitzen. Da fühle ich mich am wohlsten.

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Wo fühlen Sie sich sonst noch wohl?

Nur im Auto. (lacht)

Wo oder wie entspannen Sie von der Formel 1? Immer im Auto geht nicht, man muss doch auch mal abschalten.

Ja, das mache ich auch, zum Beispiel, wenn ich schlafe. Oder wenn ich mit meinem Hund spazieren gehe oder wenn ich trainiere.

Haben Sie Kontakt zu anderen Sportstars außerhalb der Formel 1? Sie veranstalten ein Benefiz-Fußballspiel mit Basketball-Legende Dirk Nowitzki.

Ja, Dirk gehört ganz klar dazu, bei unserem Benefiz-Spiel „Champions 4 Charity“ waren auch andere Sportstars dabei. Ich war in Melbourne vor dem Grand Prix mit Profi-Surfern unterwegs, die mir beim Surfen ein wenig geholfen haben. Das war extrem spannend, als sie mir erzählt haben, was sie in ihrem Sport beachten müssen. Ich schätze es, andere Sportler kennenzulernen und sich auszutauschen. Denn man kann immer etwas dazulernen. Ich höre mir die Geschichten an und versuche mich hineinzufühlen. Dann überlege ich, ob ich was für mich nutzen kann. Wenn ich etwas ausprobiere, erkenne ich, ob es für mich sinnvoll ist oder nicht.

Sind Sie auch ein Sportstar?

Nein, ich fühle mich überhaupt nicht als Star. Wir sind doch alle nur Menschen, ich glaube, das vergessen viele. Es gibt natürlich Leute, die ein sehr hohes Ansehen genießen, davor habe ich großen Respekt – aber ich habe genauso großen Respekt vor meinen Freunden oder vor Leuten, denen man auf der Straße begegnet. Ich finde, man sollte sich Stars gegenüber nicht anders verhalten als sonst.

Sie haben in den sozialen Medien etwa 4,4 Millionen Follower. Für die sind Sie wahrscheinlich schon ein Star.

Ich versuche, die Leute über mich auf dem Laufenden zu halten und lasse sie an einem Teil meines Lebens teilhaben. Aber Star? Gut, wenn man sich diese Leute mal zusammenpacken und in einen Raum stellen würde, dann wäre das sicher eindrucksvoll.

Gibt es jemanden aus der Sportwelt, den Sie bewundern für das, was er darstellt?

Ja, meinen Papa.

Gibt es außerhalb des Sports jemanden, dem Sie größten Respekt zollen?

Meine Mutter und generell meine Familie.

Im Rennsport ist die Familie oft fern. Ist das Haas-Team eine Ersatzfamilie?

Ja, ich glaube, dass man schon sagen kann, dass man als eine Art Familie herumreist. Man verbringt viel gemeinsame Zeit übers Jahr und lernt die Leute sehr gut kennen. Und man hat Spaß miteinander.