Ein Gynäkologe erklärt, warum die Wechseljahre oft das Problem mit den Myomen lösen.
Heidelberg - Bei Myomen denken viele Frauen an Operationen und eine Komplettentfernung ihrer Gebärmutter. Professor Christof Sohn, ärztlicher Direktor der Frauenheilkunde und Geburtshilfe am Universitätsklinikum in Heidelberg, spricht über die Risiken, Symptome und Therapien.
Herr Professor Sohn, 80 bis 90 Prozent aller Frauen sollen ein Myom haben. Ist also fast jede Frau myomkrank?
Nein, sicherlich nicht. Man geht davon aus, dass 25 bis 30 Prozent der Frauen in ihrem Leben – hauptsächlich in ihrem gebärfähigen Leben – ein Myom bekommen. Und von denen hat wiederum nur ein Viertel Beschwerden.
Ist das Myom gefährlich?
Nein. Es handelt sich dabei in der Regel um eine gutartige Geschwulst, die aus dem Muskelgewebe der Gebärmutter entsteht. Sie kann aber, sofern sie sehr groß ist, zu einem Risiko für eine Schwangerschaft werden und zu Spätaborten sowie Früh- und Fehlgeburten führen.
Das Myom kann aber auch so zu Beschwerden führen, oder?
Ja, und sie hängen davon ab, wo das Myom liegt. Wenn es äußerlich der Gebärmutter aufsitzt, kann es auf die Nachbarorgane drücken. Wie etwa auf die Blase, wenn es vorne liegt. Und auf den Darm, wenn es hinten liegt. Oft werden dem Myom unspezifische Beschwerden nachgesagt wie etwa Rückenschmerzen. Doch da bin ich skeptisch, so etwas kommt nach meiner Erfahrung selten vor. Da handelt es sich meistens um eine Art Verlegenheitsdiagnose, weil man sonst keine Erklärung für die Rückenschmerzen hat.
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Wie kommt man zu einer sicheren Diagnose des Myoms?
Durch Ultraschall. Sie brauchen beim Myom kaum eine andere Untersuchungsmethode. Selten kann eine MRT sinnvoll sein.
Gibt es bestimmte Risikofaktoren, die ein Myomwachstum begünstigen?
Wir wissen von ethnischen Unterschieden. So trifft das Myom in Afrika deutlich häufiger auf als bei uns. Familiäre Dispositionen spielen ebenfalls eine Rolle.
Östrogene begünstigen das Wachstum eines Myoms. Bedeutet dies im Umkehrschluss, dass es sich zurückbildet, wenn die Frau in die Wechseljahre kommt?
Ja, natürlich. Wir versuchen häufig, Frauen mit einem Myom, die nur relativ wenige Beschwerden und keinen Kinderwunsch haben, in die Wechseljahre zu „retten“. Dann ist die Sache meistens erledigt.
Viele Frauen haben große Angst vor der Ankündigung des Gynäkologen: Tja, da müssen wir wohl die Gebärmutter entfernen . . .
Die Gebärmutter wird aus meiner Sicht viel zu häufig entfernt. Das ist nur noch notwendig, wenn das Myom so gut wie das gesamte Organ einnimmt und davon nicht mehr zu unterscheiden ist. Man darf nicht vergessen, dass diese Methode – wie jede andere Operation auch – Risiken hat. Wie etwa die Verletzung von Nachbarorganen oder Nachblutungen, Infektionen und Verwachsungen.
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Welche Therapie wäre stattdessen die erste Wahl?
Das hängt vom Grund für die Therapie ab. Nehmen wir als Beispiel eine Frau von 40 Jahren mit bereits erfülltem Kinderwunsch, die unter Blutungsstörungen wegen ihres Myoms leidet. Da kann man auch mit dem Einsetzen einer Hormonspirale die Blutung verhindern. Wenn die Frau 35 ist und noch keine Kinder geboren hat und ein fünf Zentimeter großes Myom, aber keine Symptome hat, dann würde ich ihr empfehlen, das Myom zu entfernen.
Kann man medikamentös behandeln?
Ja. Dadurch wird die Frau in eine den Wechseljahren ähnliche Hormonsituation versetzt. Mit dem Risiko von entsprechenden Nebenwirkungen wie Hitzewallungen, Libidoverlust und Stimmungsschwankungen. Außerdem verliert man durch die medikamentöse Behandlung, gerade wenn es um einen Kinderwunsch geht, relativ viel Zeit.
Was ist mit der Laparoskopie, also das Entfernen im Rahmen einer Bauchspiegelung?
Das ist vermutlich die eleganteste Methode und wirklich minimalinvasiv. Eignet sich vor allem bei Myomen in der Muskulatur sowie an der Außenseite der Gebärmutter.
Ein Bauchschnitt ist nicht notwendig?
Doch, mitunter schon. Wenn es ein größeres Myom ist und das zudem noch ungünstig liegt, kann auch mal ein Bauchschnitt notwendig sein. Aber egal, ob laparoskopisch oder per Schnitt – es geht darum, das Myom, aber eben nicht die Gebärmutter zu entfernen. Und das kommt ja nicht nur infrage, wenn noch ein Kinderwunsch besteht. Wenn eine 49-jährige Frau mit einem großen Myom keine Kinder mehr will, aber trotzdem ihre Gebärmutter behalten möchte, kann ich doch auch ihrem Wunsch entgegenkommen und nur ihr Myom entfernen.
Zur Person
Werdegang
Professor Christof Sohn (60) studierte Medizin in Ulm, 1993 habilitierte er im Fachbereich Gynäkologie und Geburtshilfe über das Thema „Entwicklung der 3-D-Ultraschalltechnologie“. Seit 2004 ist er Direktor der Universitätsfrauenklinik Heidelberg.