Die Schadstoffsanierung am Gymnasium kann, so die Sichtweise des Gewerbeaufsichtsamts in Rottweil, nicht wie von der Verwaltung angedacht, umgesetzt werden. Das könnte zu erheblichen Mehrkosten führen – nicht nur bei diesem Projekt. Foto: Riesterer

Die Sanierung des Gymnasiums wird mehr und mehr zum Politikum. Das Landratsamt pocht auf ein umfangreiches Vorgehen bei der Schadstoffsanierung, weist eine Dialog-Bitte der Oberbürgermeisterin ab und schafft womöglich einen teuren Präzedenzfall.

Immer wenn man denkt, eine Gemeinderatssitzung ist im Grunde durch – immer dann kommt der Hammer: Unter „Bekanntgaben“ informierte Hochbau-Chef Andreas Krause am Donnerstag über den aktuellen Stand der Gymnasiums-Sanierung – und was die bei diesem Thema ohnehin leidgeprüften Räte hörten, gefiel ihnen nicht.

Grundsätzlich, so erläuterte Krause bereits im März im Gemeinderat, hänge bei der Maßnahme aktuell vieles davon ab, auf welche Art und Weise als nächster Schritt die Schadstoffsanierung umgesetzt werden kann – so natürlich deren Kosten oder auch der Zeitpunkt, wann im Anschluss die „eigentliche“ Sanierung fortgesetzt wird.

Plan: Schadstoffe schrittweise sanieren

Ziel war es, Schritt für Schritt im sogenanntem Bauteilverfahren vorzugehen und so flächendeckende Schwarzbereiche zu vermeiden (nach dem Schwarz-Weiß-Prinzip, also kontaminierte Räume über gewissen Grenzwerten sind „schwarz“ und dürfen nicht genutzt werden, saubere Räume unter dem Grenzwert sind „weiß“ und dürfen genutzt werden). Dieses Vorgehen sei der zuständigen Behörde, dem Gewerbeaufsichtsamt Rottweil, so auch vorgeschlagen worden. Als Datengrundlage diente der Stadt eine Testsanierung in drei Räumen.

Berufsgenossenschaft einbezogen

Vom Landratsamt aus sei zunächst angeregt worden, die Berufsgenossenschaft einzubeziehen – welche eine positive Stellungnahme zu den „Tätigkeiten mit geringer Exposition“ abgab, so Krause. Der Ausbau im Schwarz-Weiß-Bereich betreffe nur einzelne Räume, bei denen Belag und Kleber asbesthaltig eingestuft sind. Das sei dem Gewerbeaufsichtsamt so mitgeteilt worden. Im April hakte Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr beim Landratsamt mit einem Schreiben nach und bat um eine möglichst schnelle Bearbeitung, damit die Schadstoffsanierung sicher in den Sommerferien durchgeführt werden kann.

Ganzes Gebäude im Schwarz-Weiß-Bereich

Leider habe es Verzögerungen gegeben, weil der zuständige Sachbearbeiter länger im Haus war, die Sache werde dann aber schnell angegangen, hieß es. Dessen Rückmeldung dann am 10. Mai habe „nicht wie erhofft“ ausgesehen. Die Vorgabe laute, nicht in einzelnen Bereichen, sondern flächendeckend eine Umsetzung der Gesamtmaßnahme im Schwarz-Weiß-Bereich. Dabei werde alles auf vereinzelt ermittelte Extremwerte bezogen. „Selbst der zugezogene Sachverständige sieht das als völlig überzogen an“, so Krause.

Nahende Verschärfung bei Asbest

An dieser Stelle komme zudem ins Spiel, dass seitens der EU die Bemessungsgrenze für Asbest künftig von 0,1 um das Zehnfache auf 0,01 Massenprozent reduziert werden soll. Wenn die Vorgabe so also stehen bleibt, schloss Krause, müssten kreisweit Gebäude auf ebendieser Basis inklusive der neuen strikteren Asbest-Vorgaben saniert werden. Kostentechnisch keine schönen Aussichten.

Kein Gespräch erwünscht

Die Verwaltung habe das Landratsamt daraufhin – vom Büro der Oberbürgermeisterin aus – um einen Gesprächstermin gebeten, um gemeinsam eine Lösung zu finden – der „einfach abgelehnt“ wurde, wie Eisenlohr sagte. Dafür werde keine Notwendigkeit gesehen. „So treten wir völlig auf der Stelle“, sagte Krause.

Jürgen Kaupp (CDU) fragte, weshalb die Stadt nicht entscheidungsbefugt sei. Krause erklärte, bei Schadstoffthemen sei das Gewerbeaufsichtsamt zuständig. „Die entscheiden – und überwachen auch.“ Handele man zuwider laufe man Gefahr, dass die Baustelle eingestellt wird. „Ohne Zustimmung hat man da keine Chance.“

Auf Ralf Rückerts (Freie Liste) Nachfrage erläuterte Krause, die „schwarzen“ Bereiche würden abgeschottet, saniert, über Lüftungs- und Filteranlagen gereinigt und nach Erreichen des Grenzwerts bei der Faserkonzentration wieder freigegeben. Das habe die Stadt in den Sommerferien in zwei Bauteilen vorgehabt, um dort in die tatsächliche Sanierung einsteigen zu können.

Folgen solcher Regelungen

Den Entscheidungsträgern müsste klar werden, was dies für Folgen und Einschränkungen mit sich ziehe, sagte Thomas Brugger (CDU), zudem Vorsitzender des Schulfördervereins Freundeskreis. Diese seien ihnen in der Theorie wohl manchmal noch nicht klar. Da könne man „richtige Horrorszenarien an die Wand malen“, sprach er von überzogenen Richtlinien, Auswirkungen auf Kosten und dass bezüglich der Asbest-Grenzwerte bei sämtlichen Sanierungen nun wohl Eile geboten sei. „Da muss man doch die Kirche auch mal im Dorf lassen.“ Krause schätzte ad hoc, dass die Vorgabe aus Rottweil eine Verdoppelung der Schadstoffsanierungs-Kosten in den sechsstelligen Bereich hinein mit sich bringen könne.

„Brandbrief“ schreiben

Dorothee Eisenlohr schloss, man wolle nun schnellstmöglich eine Art „Brandbrief“ schreiben mit einer erneuten Gesprächsanfrage durch die Stadt, mit Schulleitung, Elternvertretung, Verein und Sachverständigem sowie der dringenden Bitte, sich kulant zu zeigen.