Das Kepler-Gymnasium in Freudenstadt ist ein echtes Mekka für alle, die nicht viel von G8 halten. Foto: Saile

Auch in Zukunft soll am Kepler-Gymnasium in Freudenstadt das neunjährige Abitur (G9) angeboten werden – zumindest wenn es nach dem Willen des Gemeinderats geht.

Freudenstadt - Man kann über das G8 – das Abitur nach acht Jahren – denken, was man will. Manche halten es für eine gute Idee, andere für Schwachsinn. Doch eines dürfte nach der jüngsten Sitzung des Gemeinderats offensichtlich sein: Beliebt ist das verkürzte Abitur im Landkreis Freudenstadt nicht.

Denn schon seit Einführung des G8 bietet das Kepler-Gymnasium als einziges Gymnasium im Landkreis auch weiterhin das G9 an. Möglich machte das der sogenannte Schulversuch der Landesregierung "Abitur in zwei Geschwindigkeiten".

Nur noch eine G8-Klasse

Seitdem wollen fast alle einen Platz am "Kepler" ergattern. "Die Schüler und Eltern des Landkreises haben mit den Füßen abgestimmt und ein klares Signal gesandt", berichtete Stadtrat Andreas Bombel (CDU) während der Beratung im Gremium.

Und tatsächlich ist der Schulversuch am "Kepler" alles andere als nur ein kleines Experiment. So berichtete Petra Weinbrecht, Leiterin des städtischen Amts für Bildung, Familie und Sport, dass in der Regel pro Jahrgang bis zu vier G9-Klassen zustande kommen und nur eine G8-Klasse. Diese eine G8-Klasse muss angeboten werden für Schüler, die nach Freudenstadt ziehen und bereits mit dem G8 begonnen haben.

Schüler müssen ausgelost werden

Doch selbst für diese eine Klasse scheint es nicht genug Freiwillige zu geben. So berichtete Bärbel Altendorf-Jehle (Bürgeraktion), dass immer wieder auch Schüler für die G8-Klasse ausgelost werden müssen. Weinbrecht konnte das bestätigen.

So beliebt der Schulversuch auch ist – mit dem kommenden Schuljahr könnte er auslaufen. Denn das Modell ist – nach bereits einer Verlängerung – bis zum Schuljahr 2023/24 befristet. Die Stadtverwaltung will daher eine weitere Verlängerung beantragen. Der Gemeinderat stimmte dem geschlossen zu.

Für Oberbürgermeister eine Erfolgsgeschichte

"Ich glaube, es ist eine Erfolgsgeschichte", meinte Oberbürgermeister Julian Osswald. "Es war richtig, das ans Kepler-Gymnasium zu holen, und ich bin gespannt, wie die weitere Entwicklung sein wird." Die meisten Räte sahen das ähnlich.

Doch obwohl sich diesmal alle einig waren, kam es dennoch während der Debatte zu einem kleinen Eklat. Denn mitten in der Beratung meldete sich Dietersweilers Ortsvorsteher Joachim Auer zu Wort. Die Bezeichnung "Schulversuch" sei irreführend. "G8 war der Schulversuch, als ob G9 etwas Neues wäre", spottete Auer.

Überraschend schroffe Reaktion

Damit handelte sich Auer eine schroffe Reaktion des Oberbürgermeisters ein: "Wenden sie sich an die Landesregierung. Hier ist nicht die Plattform für politische Statements, und schon gar nicht für Ortsvorsteher."

Doch auch wenn dann keine weiteren "politischen Statements" mehr folgten, war klar: Auch im Freudenstädter Gemeinderat gibt es kaum noch jemanden, der die G8-Reform für wirklich sinnvoll hält.