Engagierte Diskussion (von links): Robin Mesarosch (SPD), Chris Kühn (Die Grünen), Thomas Bareiß (CDU), die beiden Moderatoren Luca Pfeffer und Hanna Braun, Professor Thomas Diez und Sneska Schmoll vom Verein Ukrain BW. Foto: Kost

Es müssen nicht immer die TV-Debatten bei Lanz, Maischberger, Will und Co. sein: Wer wollte, konnte in der Aula des Schulzentrums Haigerloch eine höchst interessante Diskussion zum Thema Ukraine-Krieg und dessen Folgen live erleben.

Haigerloch - Schüler und Schülerinnen der Kursstufe I hatten eine Podiumsdiskussion organisiert und dafür eine hochkarätige Besetzung gewonnen. Mit Robin Mesarosch (SPD), Chris Kühn (Grüne) und Thomas Bareiß (CDU) nahmen gleich drei Bundestagsabgeordnete aus der Region daran teil.

Dazu gesellten sich Thomas Diez, Politikwissenschaftler und Professor für Internationale Beziehungen an der Universität Tübingen. Komplettiert wurde die Runde von Sneska Schmoll vom Verein Ukrain BW, der bereits diverse Hilfsaktionen gestartet hat und aus der Ukraine geflüchteten Menschen hilft, hier Fuß zu fassen.

Was ist die Ursache für den Krieg?

Als Fragesteller und Moderatoren des Abends fungierten Hanna Braun und Luca Pfeffer. Ihre Mitschülerinnen und Mitschülerinnen hatten im Unterricht vier Frageblöcke vorbereitet, zu denen sich die fünf Gäste äußern konnten.

Wie kam es überhaupt zum Krieg? Auf diese Einstiegsfrage gab Professor Diez umfassend Antwort. Er ist der Auffassung, dass die Ursache darin liegt, dass Russland einmal eine Supermacht war und auf der Suche nach einer neuen Rolle wieder eine werden wolle. Dazu kämen geostrategische Interessen, nämlich ein direkter Zugang zum Schwarzen Meer über die Krim und zu Rohstoffen, die es im Osten der Ukraine nun mal gibt.

Ohne den russischen Angriff auf die Ukraine in irgendeiner Weise zu rechtfertigen, sah der Tübinger Professor als Grund für die jetzige Situation Fehler in der Vergangenheit. Diez: "Es ist nicht geglückt, Russland in ein europäisches Sicherheitssystem einzubinden."

Alle für Waffenlieferungen

Einig waren sich der Politikwissenschaftler und die drei Abgeordneten weitgehend in der Einschätzung der aktuellen Lage und den Möglichkeiten der Politik.

Die mit den internationalen Partnern abgestimmten Waffenlieferungen und die Ausbildung ukrainischer Soldaten an modernen Waffensystem hielt Christ Kühn für notwendig und sinnvoll. Thomas Bareiß widersprach ihm da nicht. "Grüne und CDU waren sich da immer näher, während die SPD im Bremserhäuschen saß", so der CDU-Mann aus Meßstetten.

Robin Mesarosch setze sich gegen diesen Vorwurf und die immer wieder kritisierte Zögerlichkeit der Bundesregierung (zu wenig, zu spät) zur Wehr. Mesarosch: "Deutschland ist nach den USA und Großbritannien der drittgrößte Waffenlieferant an die Ukraine." Nur weil die Öffentlichkeit nicht alles mitkriege, heiße es nicht, dass nichts passiere.

Angst vor Atomwaffeneinsatz

Und welche Folgen hat der Krieg für Deutschland? Für Christ Kühn zeigen die derzeit steigenden Preise für Gas und Strom, dass man sich in eine fatale Abhängigkeit vom Rohstofflieferanten Russland begeben habe. Daraus könne man sich seiner Ansicht nach nur lösen, wenn man massiv die erneuerbaren Energien ausbaue.

Ist eine Ende des Ukraine-Konfliktes in Sicht oder droht eher eine Zuspitzung? Das war mit Abstand die am schwierigsten zu beantwortete Frage. Thomas Diez glaubt nicht an den Einsatz von Atomwaffen, aber ausschließen wollte er dieses Szenarion auch nicht. Auch Thomas Bareiß fürchtet die atomare Eskalation, das würde für ihn eine großflächige Ausweitung des Krieges bedeuten. Man müsse irgendwann eine Basis für Verhandlungen mit Russland finden, meinte er.

"Krieg betrifft uns alle"

Sneska Schmoll wünschte sich nichts sehnlicher als einen raschen Frieden, damit die geflohenen Menschen wieder in ihre Heimat zurück können. Dass so ein Krieg im 21. Jahrhundert noch geführt wird, hätte sie nicht für Möglich gehalten. Schmoll: "Hat die Menschheit nichts dazugelernt?"

Ruckzuck waren bei einem so hochspannenden Thema zwei Stunden vergangen und Karin Kriesell, Direktorin des Gymnasiums sprach das Schlusswort. Es ist klar geworden, dass dieser Krieg nicht irgendwo stattfindet, sondern uns alle betrifft."