Der Beirut-Imbiss in Endingen: Außer montags gibt es hier jeden Tag ab 11 Uhr Schawarma, den libanesischen Döner, und Falafel. Aber halten kann man dort nicht, geschweige denn parken. Foto: Ungureanu

Wie jeden Morgen schließt Alameddine Maher seinen Imbisswagen an der Durchgangsstraße in Endingen auf und bereitet sich auf die Kundschaft vor. Er schneidet saure Gurken, Tomaten und Zwiebeln, steckt den Zehn-Kilo-Fleischklumpen auf den Spieß, schaltet den Dönergrill ein. Seit Mitte Januar macht er das schon, jeden Tag außer montags. "Montag", sagt er, "ist Ruhetag. Aber nur dem Namen nach. Ich habe am Montag immer viel zu tun."

Balingen - Schawarma bietet er in seinem Beirut-Imbiss an. Eine Art Döner, aber, wie er sagt, auf libanesische Art, mit einer anderen Soße, mit Hähnchen- oder Kalbfleisch. Und Falafel, die vegetarische Spezialität aus pürierten Kichererbsen, Kräutern und Gewürzen. Den Kunden schmeckt’s. Aber Alameddine Maher hat ein Problem: Wie lange er seinen Imbiss noch betreiben kann, weiß er nicht.

Sein Steuerberater habe ausgerechnet, dass er mindestens 300 Euro Tagesumsatz machen müsse, um sich halten zu können, sagt Maher. Aber es sind höchstens 120, manchmal auch nur 60 oder 70 Euro, die er am Tag einnimmt. Schuld sei allein der Standort an der viel befahrenen Bundesstraße 27, meint er: Parkmöglichkeiten für Autos gibt es nicht, zudem besteht ein Halteverbot.

Zugegeben: Für die ersten drei Monate habe er für den Platz vor dem Alkor Raha, dem syrischen Zuckerbäcker, keine Platzmiete zahlen müssen. Nur den Strom. Aber künftig müsse er Miete zahlen. "Vielleicht schaffe ich es noch nächsten Monat", sagt er: "Aber dann muss ich zumachen."

Als libanesischer Schwabe bezeichnet sich der 56-Jährige. Seit 40 Jahren lebt er in Balingen, ist verheiratet, hat vier Kinder, ein Enkelkind. Schon lange hat er die deutsche Staatsangehörigkeit, ist gut integriert. In Deutschland, erzählt er, habe er viel gemacht, habe überall gearbeitet, zuletzt als Sozialbetreuer für Flüchtlinge beim Regierungspräsidium Tübingen. Wegen Corona sei er gekündigt worden. Vom deutschen Staat wolle er "keinen Cent geschenkt haben", versichert er. Aber sollte er Pleite gehen, wäre er auf Sozialhilfe angewiesen.

Mit 56 sei er zu alt gewesen, um noch eine Anstellung zu bekommen. So habe er beschlossen, sich selbstständig zu machen. Und weil er schon immer gerne gekocht habe, habe er sich nach einem Imbisswagen umgeschaut. Den habe er in Bayern gekauft, umgebaut, Kühlschrank, Warmwasser-Boiler, Grill und Theke gekauft: "Alles sauber und gut", sagt er. Nur nicht die Außenwand, die man sieht, wenn man aus Richtung Erzingen kommt: Da hat ein Unbekannter das Wort "Gas" aufgesprüht. Er kennt die Bedeutung. "Nazis", vermutet Maher. Aber es sei nicht in Endingen passiert, sondern schon davor. Die Folie, die er über das Graffito kleben will, habe er schon bestellt.

Reste werden verschenkt

Hilfe beim Zubereiten der Speisen bekommt Alameddine Maher von seiner Frau, die aus Marokko stammt. Er hat ihr beigebracht, Falafel zuzubereiten, Fladenteig zu backen: "Sie macht den Teig, ich verkaufe das Essen."

Eigentlich könnte alles gut laufen. Er habe sich überall in Balingen nach einem neuen Standort umgeschaut. Beim Bahnhof, vor den Lebensmittelmärkten, beim Baumarkt, bei den Schulen. Er hofft immer noch, etwas Passendes zu finden. Beim Netto in Dotternhausen sei ihm ein Platz angeboten worden, für 50 Euro am Tag. "Für mich ist das viel Geld", sagt Maher.

Die ersten Kunden schauen herein, es sind Bekannte. Er vertröstet sie. Erst ab 11 Uhr gibt es Essen. Sie wechseln ein paar Worte auf Arabisch. Mit dem syrischen Nachbarn versteht er sich gut: "Wir sprechen die gleiche Sprache, nur einen anderen Dialekt."

Heute erwartet Alameddine Maher eine neue Lebensmittel-Lieferung. Er hat Verträge abgeschlossen, die Lieferungen muss er bezahlen. Aber er hat wenig Hoffnung, die zehn Kilo Fleisch, die am Grillspieß stecken, zu verkaufen. Wenn der Tag zu Ende gehe, bleibe immer noch was übrig: "Das verschenke ich am Abend an die Asylbewerber in der Balinger Beckstraße."